

Birgel. Ein vielfältiges politisches Abendproramm dürfen die etwa 430 Einwohner in Birgel am Samstag, 25. Oktober, erwarten: Zunächst hatte die sogenannte »Alternative für Deutschland« (AfD), ab 19 Uhr, zu einer Bürgersprechstunde eingeladen. Diese soll im Birgeler Hof stattfinden. Dazu wurde die falsche Adresse genannt in der Anzeige im Blättchen »Verbandsgemeinde Gerolstein Aktuell«.
Dann wurde eine Gegendemo angekündigt in Form einer Menschenkette. Sie findet ebenfalls am Samstagabend, allerdings bereits ab 18.30 Uhr, statt. Initiatorin ist die Grünen-Politikerin Dorothea Hafner, die als Privatperson die Demo bei der Kreisverwaltung angemeldet hat.
Jetzt kommt noch eine Gegendemo zur Gegendemo hinzu, ebenfalls um 18.30 Uhr,, gleicher Ort: Gunther Heerwagen, der in Birgel lebt und zum »Grünen Urgestein der Vulkaneifel« zählt, hat sie angemeldet. Wegen »kriegerischer Beteiligung« außerhalb Deutschlands und des »Verlassens der Basisdemokratie« sei er 1994 aus der Partei ausgetreten, lässt er den WochenSpiegel wissen. Warum er zur Gegendemo ruft? »Ich bin kein Anhänger der AfD, aber ein überzeugter Demokrat«, erklärt er. Wenn Bürger durch »aggressive Protestformen« wie Spalierbildung oder Trillerpfeifen, so sei es im Sommer vor dem Dauner Forum gewesen, vom Besuch einer Veranstaltung abgeschreckt würden, dann sei das eine Form von Gewalt. »Demokratie lebt vom offenen Wort, nicht von Einschüchterung«, so Heerwagen. Er erinnert an Rosa Luxemburgs berühmten Satz: »Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.« Diese Haltung müsse, gerade in politisch aufgeheizten Zeiten, verteidigt werden. Und damit alles korrekt sei, so lässt er den WochenSpiegel auch wissen, habe er die AfD auf die falsche Adresse in ihrer Anzeige hingewiesen.
Die Demonstration vor dem Forum hatte ebenfalls Dorothea Hafner anlässlich eines Bürgerdialogs der AfD angemeldet. Was sagt sie dazu, dass ihr jemand offenbar undemokratisches Verhalten vorwirft? »Da hat jemand offensichtlich ein sehr merkwürdiges Verständnis von Demokratie«, sagt Hafner. »Wir hindern niemanden. Wir demonstrieren gegen eine in weiten Teilen rechtsradikale und menschenverachtende Partei. Darauf wollen wir auch die Teilnehmenden einer Veranstaltung dieser Partei hinweisen.« Wer dann zu einer Gegendemonstration aufrufe, verstehe nach ihrer Meinung noch nicht, »wie gefährlich diese Partei für unsere Demokratie ist.«.
Wer hat aus Ihrer Sicht Recht? Diskutieren Sie mit – per Leserbrief an:
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Kommentar von Lydia Schumacher:
Wo endet die Freiheit?
Der berühmteste Satz von Rosa Luxemburg, über die Freiheit der Andersdenkenden, wurde erst Jahre nach ihrem Tod veröffentlicht. Er beruht, wenn man Historikern glauben darf, auf einer handschriftlichen Randnotiz eines uinveröffentlichten Aufsatzes. Ein Bezug zum Text war wohl nicht erkennbar. Daher mutmaßen Interessierte bis heute, wie er von ihr gemeint war. Für mich stellt sich, mehr als 100 Jahre nach ihrem Tod, die Frage, ob die Freiheit so weit geht, dass »Andersdenkende« der Demokratie schaden dürfen.




