Lydia Schumacher

Schulbau nur noch aus eigenen Mitteln

Michael Simonis führt den Verein "Solidaritätskreis Westafrika e.V." seit mehr als zehn Jahren, den sein Vater im Jahr 1991 gegründet hat.

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Der Verein »Solidaritätskreis Westafrika e.V.« konnte pro Schulbauprogramm in Burkina Faso mit gut einer Million Euro vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit rechnen. Das ist vorbei: Jetzt müssen die eigenen Spendengelder ausreichen.  
Hillesheim. Schon seit dem Jahr 1991 engagiert sich der »Solidaritätskreis Westafrika e.V.« aus Hillesheim in Burkina Faso. Angefangen hat Charly Simonis, der Vater des jetzigen Vereinsvorsitzenden: »Damals wurde ein Studienfreund meines Vaters Botschafter in Burkina Faso. Er besuchte seinen Freund dort und erkannte den Hilfebedarf in diesem Land. So hat das alles   angefangen«, berichtet Michael Simonis. Der Vater habe begonnen Gelder zu sammeln und Schulen zu bauen. Das Projekt setzt Sohn Michael fort, der vor zehn Jahren Vereinsvorsitzender wurde. 
Inklusive der Projekte, die bis Ende 2026 abzuwickeln sind, wurden immerhin 274 Collèges mit 1.789 Klassenrimmern und 200 Grundschulen mit 806 Klassenräumen errichtet. Hinzu kommen diverse Brunnen, damit die Kinder sauberes Wasser trinken können. Das Besondere: Das Geld ging zu fast 99 Prozent in die Projekte vor Ort: Die Jahresabschlüsse belegen, dass etwa 1,6 Prozent der Summen für Verwaltung und Abrechnung notwendig waren.  Dabei hat der Verein pro Jahr zuletzt 350.000 Euro Spenden gesammelt. Hinzu kam etwa eine Million Euro vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Bonn. 
»Vorgaben des BMZ sind 
fern jeder Realität«


In diesem Jahr hat der Verein erstmals keine Gelder beim BMZ beantragt. Die Hürden seien für einen solch kleinen Verein zu hoch geworden, sagt Simonis. Dem bürokratischen Aufwand sei man nicht gewachsen. »Die Förderrichtlinien wurden verändert und es wird strenger auf Einhaltung geachtet. Wir haben uns aus Überzeugung nicht streng an diese Richtlinien gehalten, die zum Beispiel vorsehen, dass die Gelder direkt an die Bevölkerung fließen.« Das berge eine hohe Gefahr, dass die Gelder versickern würden, sagt Simonis. Dem Solidaritätskreis Westafrika sei es  lieber, die Auftragnehmer bei einem Bauvorhaben direkt und je nach Baufortschritt zu bezahlen. »Das wurde immer stillschweigend geduldet. Die neue Handhabung ist aus unserer Sicht fern jeder Realität in diesem Land.« 
Auch die Antragsstellung sei mit mehr Aufwand verbunden, Früher habe etwa als Begründung für einen Brunnenbau ausgereicht, dass die Kinder mit sauberem Trinkwasser seltener krank würden und häufiger zur Schule kämen. Jetzt würden Nachweise der Krankentage vorund nach dem Brunnenbau verlangt. Auch habe das BMZ früher Aufklärungsunterricht finanziert. Simonis: »Jetzt sollten wir den Wissenszuwachs der Kinder nachweisen. Das heißt: Wir sind zuerst in die Schulen gegangen und haben einen Test geschrieben, um den Wissensstand zu dokumentieren. Und dann gab es den Vergleichstest, nachdem der Aufklärungsunterricht stattfand.« Die beiden Tests gelte es noch auszuwerten. Diesen Aufwand habe sein Verein mit den wenigen Ehrenamtlern gar nicht mehr stemmen können. 
»Zudem droht das Risiko 
einer Rückzahlung«

Deshalb wurden zwei von drei Aufklärungsteams eingespart. Hinzu komme, dass neuerdings Projekte in diesen Ländern analog zu EU-Vorgaben ausgeschrieben und am Ende evaluiert werden müssten. Das alles berge auch ein finanzielles Risiko: »Förderungen sind ja auch immer an Verträge mit dem BMZ geknüpft. Und in diesen steht, dass man den Betrag zurückzahlen muss, wenn man am Ende irgendwelche Bedingungen nicht erfüllt. Das Risiko wollten wir nicht eingehen«, so Simonis. 
Er habe mit Unterstützzung des Bundestagsabgeordneten und jetzigen Bundesverkehrsministers, Patrick Schnieder, beim BMZ für die Beibehaltung der bisherigen Regeln geworben. Das sei aber nicht gelungen. 
Der Verband Entwicklungspolitik und Humnanitäre Hilfe (VENRO) ist der Dachverband der entwicklungspolitischen und humanitären Nichtregierungsorganisationen (NRO) in Deutschland. Ihm gehören rund 140 Organisationen an, darunter auch der Solidaritätskreis Westafrika. Hier fragt der WochenSpiegel nach, ob die bürokratischen Hürden tatsächlich derart hoch geworden sind, dass möglicherweise  Hilfe verhindert wird. Ein Sprecher lässt wissen: »Die bürokratischen Hürden sind höher geworden. Gerade für kleinere Vereine sind Evaluierungen mittlerweile sicherlich aufwendiger in der Durchführung.« Er bestätigt auch, dass es das  Rückzahlungsrisiko nicht nur in der Theorie gibt: Nach vertieften Prüfungen sei  es kürzlich tatsächlich durch von Beleglisten sei es jüngst zu einigen Rückzahlungen gekommen. Man sei zu diesen Themen mit der zuständigen Organisation des BMZ (Bengo) im Austausch, auch um den Bürokratieabbau voranzutreiben.
 Simonis und sein Verein haben sich darauf verständigt, dass sie ihre Aktivitäten auf eigene Spenden beschränken: »Jetzt können wir in Burkina Faso nur noch Feuer löschen.  Und wir sind umso mehr auf Spendengelder angewiesen.« 
Kontakt und Information:
Solidaritätskreis Westafrika e.V.
 

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