Wenn Kühlschränke Schach spielen
Fumble, Pick Six, O-Line, Hail Mary. Na? Klingelt‘s da bei Ihnen? Wenn nicht, gehören Sie zu einem immer kleiner werdenden Teil der deutschen Bevölkerung. Denn American Football boomt wie seit Jahrzehnten nicht mehr. TV-Sender locken mit den Übertragungen mehr Zuschauer vor den Schirm als mit Handball oder Basketball und selbst altehrwürdige Regionalzeitungen berichten, wenn in der amerikanischen Profiliga NFL (National Football League) der Spielbetrieb beginnt.
"Beim Football findet jeder seine Aufgabe"
Football fasziniert. Und immer mehr Fans wollen nicht mehr nur am Bildschirm zusehen, sondern sich gleich selbst ins Getümmel werfen – so wie Tobias Diemer. Seit rund drei Jahren trainiert er zweimal pro Woche mit den 30 Aktiven der »Celtic Guardians« aus Emmelshausen. Auch sein Interesse am Football würde übers TV geweckt. »Dann wollte ich es selbst ausprobieren und bin dabei geblieben«, sagt Diemer. »Dabei war ich bis dahin eigentlich ein totaler Sportmuffel.«
Doch was macht den Reiz des auf den ersten Blick so martialischen Sports aus? Für Tobias Diemer ist es die Vielseitigkeit. »American Football ist eine Mischung aus Kontaktsport, Ballspiel und Leichtathletik«, erklärt er. Anders als etwa beim Fußball erfordert beim Football jede Position vollkommen unterschiedliche Fertigkeiten. Der Quarterback liest das Spiel und verteilt die Bälle, der Runningback muss sich zuweilen im Stil eines Hürdenläufers durch die Verteidigung wursteln, die Wide Receiver erlaufen sich im Sprint die hohen Pässe, während massivere Naturen versuchen, den ballführenden Spielern die Verteidigung vom Hals zu halten. »In einem Football-Team findet sich für jeden eine Aufgabe«, sagt Diemer. »Egal welche Statur, egal welches Talent.«
Trotz wachsender Beliebtheit ihres Sports haben die »Celtic Guardians« dennoch Probleme, interessierte Gäste für ein dauerhaftes Engagement zu begeistern. Zwar teilen Sie dieses Schicksal mit den meisten anderen Sportvereinen, trotzdem haben die Footballer – nicht nur die aus Emmelshausen – mit sehr speziellen Problemen zu kämpfen: »Oft scheitert es an den Bedenken der Eltern, die ein völlig falsches Bild vom Football haben«, sagt Thomas Augustinowski, als Spieler bis in die Bundesliga aktiv und seit Gründung des Vereins im Jahr 2012 Trainer bei den »Guardians«.
Dabei ist Football bei weitem kein Prügelsport, sondern äußerst anspruchsvoll und taktisch. Selbst in den untersten Ligen wird jeder Spielzug akribisch geplant und einstudiert. Nicht ganz von ungefähr wird der Sport auch als »Rasenschach mit Kühlschränken« bezeichnet. »Klar geht es auch ganz schön zur Sache«, erklärt Coach Augustinowski, »doch die Spieler sind entsprechend geschützt und werden im Training gezielt darauf vorbereitet.« Er habe in seiner mittlerweile mehr als 20-jährigen Football-Karriere nicht mehr oder schwerere Verletzungen erlebt als etwa beim Fußball oder Handball. Für Augustinowski ist es zudem der mannschaftliche Zusammenhalt, der den Football von den meisten anderen Sportarten unterscheidet. »Gerade weil es auch mal wehtun kann, wenn die Abstimmung nicht passt, muss man sich ganz besonders auf seine Mitspieler verlassen können«, erklärt er. Besondere körperliche Voraussetzungen müsse man deshalb gar nicht mitbringen, wenn man ernsthaft Football spielen möchte. »Ob groß, klein, dick oder dünn, das ist völlig egal«, sagt Trainer Augustinowski. »Alles was man braucht, ist der Wille, sich zu verbessern.«
Ausprobieren? "Tryout" am kommenden Sonntag
Auch vom Football-Fieber gepackt? Beim »Tryout« am Sonntag, 9. Oktober, laden die Aktiven der Celtic Guardians dazu ein, zwischen 14 und 17 Uhr auf dem Sportplatz in Liesenfeld in ihren Sport hineinzuschnuppern. Mehr Info: www.facebook.com/celticguardians