

Eine Städtepartnerschaft mit Ternopil? Für die Trierer Arbeitsgemeinschaft Frieden e.V. ein No go. »Denn«, so argumentiert Katharina Dietze für die AG Frieden, »Ternopil ist eine von drei westukainischen Städten, die von einem Bürgermeister der Allukrainischen Vereinigung Swoboda regiert wird. Swoboda wird von Experten und Expertinnen als rechtsextrem, neofaschistisch oder neonazistisch und antisemitisch eingestuft.« Swoboda schließe Bündnisse mit nationalistischen Hassgruppen wie dem Rechten Sektor oder S14. Diese verübte wiederholt Angriffe auf Roma. »Wollen wir ernsthaft eine solche Politik hoffähig machen?«, fragt sie entsetzt. »Eine Städtepartnerschaft mit Ternopil würde den dort regierenden Rechtsextremen politische Aufwertung geben und ggf. auch materielle Unterstützung bedeuten. Trier darf dem keinesfalls Vorschub leisten.« In einem dringenden Appell richtet sich die AG Frieden an die Stadt und die Stadtratsfraktionen, die Option mit Ternopil zu verwerfen und eine andere Stadt zu wählen. Triers Bürgermeister gehören seit 2014 zu den »Mayors for Peace«, die sich gegen die automare Aufrüstung zusammengeschlossen haben. Hier sieht die AGfrieden das größtmögliche Potenzial für eine Städtepartnerschaft: »Auch die Ukraine hat Bürgermeister, die dort vertreten sind. Die von Tschernobyl geprägte Stadt Slawutych oder Dnipro als viertgrößte Stadt der Ukraine wären da sehr gute Optionen.« Der WochenSpiegel hat die Stadtverwaltung sowie die Stadtratsfraktionen angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten. Ebenso haben wir Artur Karas kontaktiert, der mit einem Hilfstransport auf dem Weg in die Ukraine war. Er sei in die politischen Gegebenheiten nicht involviert gewesen, so Karas auf Nachfrage des WochenSpiegel. Das Thema Städtepartnerschaft mit Ternopil habe sich für ihn damit auch erledigt. Eine Aussprache mit der AG Frieden habe bereits stattgefunden. Zu den Zielen der humanitären Fahrt gehöre es auch, weitere Städte in Betracht zu ziehen und sich die Regierungen vor Ort anzuschauen, ob sie demokratisch in »unserem Sinne« gestimmt seien, denn es müsse der Stadt Trier auch entsprechen. Die Diskussion um die Städtepartnerschaft mit Ternopil hatte Artur Karas, seines Zeichens Vorsitzender des Trierer Beirats für Migration und Integration der Stadt Trier und privat für Hilfstransporte in die Ukraine engagiert, ins Rollen gebracht. Dafür hatte er eine Unterschriftenliste, deren Unterzeichner Ternopil als Partnerstadt vorschlagen, an Oberbürgermeister Wolfram Leibe übergeben. Der Stadtrat hatte sich grundsätzlich für eine Partnerschaft mit einer ukrainischen Stadt ausgesprochen. Die Stadtverwaltung soll nun bis Herbst prüfen, welche Möglichkeiten es gibt.
Bei der Suche nach einer geeigneten Städtepartnerschaft könnte der Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) weiterhelfen. Er listet auf seiner Internetseite Partnerschaftsgesuche aus aller Welt auf. In der Ukraine werden derzeit 35 ukrainische Gemeinden, Städte und Regionen gelistet, die starkes Interesse an deutschen Partnerschaften haben. Der RGRE rät Städten, sich bei der Wahl Zeit zu lassen und vorab zu klären, ob man dieselben Ziele und Vorstellungen verfolge. =>www.rgre.de
Swoboda bezeichnet ihre Parteiideologie als »Sozialnationalismus«. Idole der Parteigänger sind der nationalistische Politiker Stepan Bandera, ein Nazi-Kollaborateur, und der Kommandeur der Wehrmachtslegion »Nachtigall«, Roman Schuchewytsch. Swobada schließt Bündnisse mit nationalistischen Hassgruppen. Swoboda fordert die Einführung des Merkmals »ethnische Zugehörigkeit« im Personalausweis sowie ethnische Quoten bei der Besetzung von Stellen in Politik, Verwaltung und Wirtschaft.
Der Trierer Stadtrat hat am 5. Juli in öffentlicher Sitzung auf Antrag der Fraktionen der FDP, der Grünen, der SPD, der CDU, UBT, der Linksfraktion und der Fraktion "Die Fraktion" mit 51 Ja-Stimmen und einer Gegenstimmer beschlossen, dass die Stadt Trier eine Städtepartnerschaft mit einer vergleichbaren Stadt in der Ukraine anstreben soll, eine konkrete Stadt wurde dabei nicht beschlossen. Diese Sitzung und die Diskussion zum genannten Punkt sind transparent für jeden nachzuschauen unter: https://ok54.de/stadtrat-live. Den genauen Wortlaut des Antrages (Vorlage 354/2023) finden Sie öffentlich zugänglich im Allris. Eine Initiative zu einer Städtepartnerschaft mit der Stadt Ternopil bestand und besteht seitens der Stadtverwaltung Trier nicht. Im Vorfeld der genannten Stadtratssitzung hat ein Bürger am selben Tag dem Oberbürgermeister eine durch ihn privat gesammelte Unterschriftenliste mit dem Aufruf zu einer Städtepartnerschaft mit Ternopil überreicht - wir haben darüber berichtet: https://tinyurl.com/e3c7hp2z
Zu diesem Zeitpunkt hatte der Stadtvorstand keinerlei Kenntnis von der politischen Ausrichtung des Bürgermeisters der Stadt Ternopil. Seitens des Stadtvorstandes sind wir nicht auf die Stadt Ternopil zugegangen. Die Stadtverwaltung hat sich im Rahmen der Umsetzung des Stadtratsbeschlusses vielmehr an die ukrainische Botschaft in Berlin gewandt und diese gebeten, mögliche Städte für eine Partnerschaft vorzuschlagen und auch die Erwartungen seitens der Ukraine an eine solche Partnerschaft zu formulieren.
Wir halten es für richtig, eine Partnerschaft mit einer ukrainischen Stadt einzugehen. Ziel davon sollte dann sein, dass die große Hilfsbereitschaft auch in unserer Stadt dann zielgerichtet ankommt. Gerade in der aktuellen Situation in der Ukraine wäre dies zudem ein wichtiges Zeichen. Jedoch müssen wir aufpassen , dass wir die Städtepartnerschaften, die wir haben, auch pflegen und ausbauen. Hier müsste gerade bei den bestehenden Partnerschaften viel mehr passieren. Aus diesem Grund hätten wir jede andere weitere Partnerschaft abgelehnt. Christian Schenk, Fraktionsvorsitzender UBT
Die Fraktion B90 / Die Grünen im Stadtrat Trier nimmt die Stellungnahme der AG Frieden ernst. Für sie sind die darin geäußerten Bedenken nachvollziehbar. Die Fraktion möchte die Stadt, mit der die Stadt Trier eine Partnerschaft eingehen will, genauer kennen lernen. Dabei möchte sie von den Erfahrungen anderer deutscher Städte profitieren. Die Fraktion wird genau beachten, welche Erwartungen von Seiten einer evtl. Partnerstadt auf die Stadt Trier zukommen und ob wir diese erfüllen können. Die Fraktion B90 / Die Grünen im Stadtrat Trier schließt sich vollumfänglich der Stellungnahme der AG Frieden an. Richard Leuckefeld, zweiter stellvertretender Fraktionsvorsitzender
Wir werden keine Städtepartnerschaft mit einer Stadt unterstützen, die rechtsextrem, neofaschistisch oder antisemitisch regiert wird und Bündnisse mit Gruppierungen wie dem Rechten Sektor oder S14 schließt. Wenn wir im Stadtrat darüber diskutieren werden, dann werden wir dies strikt ablehnen. Es gibt viele andere Städte, die für eine Städtepartnerschaft in Frage kämen, und wie bereits richtig argumentiert wurde, sollte es kein Problem sein, eine Alternative zu finden. Dinah Hermanns, Die FRAKTION
Der Trierer Stadtrat hat in seiner vergangenen Sitzung beschlossen, eine Städtepartnerschaft mit einer "vergleichbaren Stadt" anzustreben, und hat die Verwaltung aufgefordert, den politischen Gremien potenzielle ukrainische Städte vorzuschlagen. Diesen Antrag haben wir unterstützt. Es gibt allerdings noch keine Rückmeldung seitens der Verwaltung, welche Städte sie ins Auge gefasst hat; dies wird auch frühestens nach der politischen Sommerpause der Fall sein. Dann werden wir die Vorschläge beraten und können auch erst dann eine Stellungnahme abgeben. Thorsten Wollscheid Parlamentarischer, Geschäftsführer CDU-Stadtratsfraktion
Es ist natürlich klar, dass die Linksfraktion keine Städtepartnerschaft mit Ternopil befürworten kann. Zwar sprechen für Ternopil, dass dort viele jüdische, polnische und deutsche Bewohner*innen leben, aber eine Stadt, die einen Bürgermeister der ultra-rechten Partei Svoboda zum Stadtoberhaupt hat, können wir nicht mittragen. Eine Partei, deren Programm anti-semitisch, neo-faschistisch und neonazistisch ist, darf nicht dadurch normalisiert werden, indem politische Vertreter*innen dieser Partei durch Städtepartnerschaften geadelt werden. Es scheint aber die Strategie von Serhij Nadal (Bürgermeister von Ternopil) zu sein, Städtepartnerschaften mit deutschen Städten aufzubauen. Hier wird das Leid der Menschen in der Ukraine ausgenutzt, um die politische Ideologie der Svoboda zu verdecken. In diesem Jahr ist Ternopil zum Beispiel mit der südlich von Köln gelegenen Kleinstadt Erftstadt eine Städtepartnerschaft eingegangen. Was mich weiterhin sehr irritiert, ist, dass der Vorsitzende des Beirats für Migration und Integration, Artur Karas, mich nach der Stadtratssitzung beiseite nahm und mich bat, Mitglied im Verein zur Gründung einer Städtepartnerschaft zu werden. Ich bin diesem Wunsch sehr gerne nachgekommen. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass Artur Karas schon damals offen über seine Pläne und sein Vorhaben gesprochen hätte. Leider bin ich ein weiteres Mal von Artur Karas hinters Licht geführt worden. Sein Verhalten schafft kein Vertrauen, ist geprägt von seiner persönlichen Agenda vorangetrieben wird. Artur Karas ist leider kein vertrauenswürdiger Partner als Vorsitzender des Beirates für Migration und Integration. Marc-Bernhard Gleißner, Vorsitzender Linksfraktion Trier
Die Frage einer Partnerschaft mit der Stadt Ternopil ist in meinen Augen schon erledigt. Als ich das Schreiben der AG Frieden gelesen habe, war ich schon sehr erstaunt über die Richtung, in die man versucht hat, mich zu drängen, und dass ebenfalls meine regionale Herkunft überhaupt thematisiert wurde. Unmittelbar am nächsten Tag (Freitag) habe ich nach einem persönlichen Kontakt und Dialog mit der AG Frieden gesucht, um eine Klarheit zu schaffen, da ich von ihnen zuvor nie kontaktiert und zu dem Anliegen gefragt wurde. Was ich betonen möchte: Mein sozialgesellschaftliches Engagement besteht bereits seit Jahren und hat mit dem Amt im BeiMI, das ich erst seit knapp einem halben Jahr ausübe, nichts zu tun und es gibt da auch keinerlei Verbindungen. Ich verstehe auch überhaupt nicht, warum man versucht, diese voneinander unabhängigen Tätigkeiten miteinander in Verbindung zu bringen. Gerne sollte man sich die Themen der Sitzungen des BeiMI aus dem Jahr 2023 anschauen und die Themen der Agenda. Zum Beispiel die letzte Sitzung, in der es um das äußerst wichtige Anliegen für die ganze Stadt und unsere Gesellschaft ging, und zwar die Ächtung des N-Wortes. Da bin ich nach wie vor im engen Austausch mit der »Initiative Trier zeigt Haltung« und setze mich politisch sowie persönlich sehr für die Implementierung ein. Zudem ist es nicht mein Vorschlag gewesen. Die Stadt Ternobil hat ein Schreiben an die Stadt Trier gerichtet mit der Bitte um Partnerschaft und Solidarität. Als ich den Aufruf mitbekommen habe, war das sehr erfreulich. Ich kenne Ternopil allerdings nur von einer einzigen Fahrt. Ich engagiere mich schon sehr lange für eine Partnerschaft mit einer ukrainischen Stadt. Im Jahr der Invasion hatten wir mit Freunden und Kollegen und dem Verein »Humanitäre Hilfe Trier« am 27. Februar 2022 das Lager in Konz-Könen eröffnet. Die humanitäre Fahrt jetzt im August hat das Ziel, die Universität in Charkiw zu unterstützen sowie die Mitarbeit im Bereich des Wiederaufbaus der deokuppierten Gebiete zu intensivieren. Dabei nutzen ich und andere Teilnehmer der Fahrt die Gelegenheit, auch in Kontakt mit den jeweiligen Gemeinden zu treten, sie kennenzulernen, insbesondere unter Beachtung des Aspekts einer demokratisch gesinnten Regierung. Zum Beispiel im Juni haben wir in der Ostukraine im Gebiet Charkiw, Isjum und Slowjansk über 2.000 Menschen versorgt, und zwar über die Direkthilfe. Wir sind nicht in Kontakt zu den Regierungen bzw. Parteien, Stadträten vor Ort und haben diesen Kontakt auch gar nicht gebraucht. Für Oktober ist der nächste Hilfstransport geplant. Ganz groß auf der Agenda steht, sich auch dem Wiederaufbau anzuschließen. Ein entsprechendes Treffen mit einer ukrainischen Wiederaufbauorganisation ist bereits geplant. Der Vertreter der Organisation ist ein Parlamentsabgeordneter aus der Ukraine, der der Partei des Präsidenten Selenskyj angehört.
Ich weise jeden Versuch entschlossen zurück, meine demokratische politische Einstellung durch vermeintliche Unterstellungen in Frage zu stellen. Selbstverständlich sind mir die Prinzipien und Werte einer kulturell offenen, internationalen und toleranten Gesellschaft enorm wichtig, wofür ich mich eingesetzt habe und es auch umso mehr zukünftig tun werde. Meine persönliche politische Haltung akzeptiert weder Links- noch Rechtsradikalismus und keine damit verbundene oder daraus resultierende Ideologien. Ebenso bin ich stets offen für einen Dialog, es erscheint mir sinnvoller und effizienter, als absurde Verdächtigungen zu streuen. Artur Karas




