

Damit setzt der König die Tradition fort, die seine Mutter bereits viele Jahrzehnte lang verfolgt hat. Dieser Besuch soll zeigen, dass Großbritannien ein fester, unverrückbarer Teil von Europa ist. König Charles möchte mit seinem Staatsbesuch ganz deutlich zeigen: Frankreich und Deutschland sind, historisch betrachtet, die wichtigsten Verbündeten von Großbritannien - Brexit hin oder her. Darüber hinaus will er auch die gemeinsamen Werte der Länder betonen. Sonst würde er auch keine Rede im Bundestag halten. Er spricht ja Deutsch. Das hat er von seinem Vater, Prinz Philip, gelernt. Er wird im Bundestag auch wieder ein paar deutsche Sätze sprechen. König Charles will auch neue und aktuelle Themen in die Öffentlichkeit bringen. Ihm geht es dabei um Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Klimaschutz. Das sind ganz große Bausteine seiner Regentschaft und da will er sich austauschen. Und das nicht nur mit dem Bundespräsidenten, sondern auch mit deutschen Politikern. Diese Themen sind ihm wichtig, und so wird er unter anderem auch einen Biobauernhof in Brandenburg besuchen. Der britische König ist ein Mann, der nicht nur redet, sondern ein Mann, der sich wirklich auch vor Ort informiert und der die engen Verbindungen zwischen Deutschland und Großbritannien damit ganz deutlich macht.
Die Krönungszeremonie soll ja ein feierliches, religiöses Event werden, das am 6. Mai eine Reflexion der Rolle des Monarchen in der modernen Gesellschaft widerspiegelt. Ein Ereignis also, das verwurzelt ist in einer langjährigen Tradition, mit Blick und Prägung auf das Heute. Klingt spektakulär, aber der neue König will damit sagen: Ich halte an der Tradition fest, aber ich modifiziere sie ein bisschen. Ich bringe die Tradition in die Moderne. So werden es bei seiner Krönung zum Beispiel auch nur 2000 Gäste sein. Bei der Krönung seiner Mutter 1953 in der Westminster Abbey waren es noch 8000 Gäste. Die Krönungszeremonie wird nicht mehr vier Stunden, sondern nur noch etwa 90 Minuten dauern. Er bricht auch mit dem Protokoll, indem König Charles III. sagt, dass ausländische, gekrönte Häupter mit eingeladen werden, was 1953 nicht der Fall war. Es gibt also ganz viele Punkte, bei denen dieser 74-jährige alte Monarch Modernität zeigt. Er sagt, die Monarchie ist nach wie vor zeitgemäß, und das will er bei dieser Krönung auch klarmachen. Er hat Harry eingeladen. Meiner Meinung nach müsste Harry als Herzog von Sussex auch dieser Einladung folgen. Wenn der Herzog von Sussex seinem König nicht die Treue schwört, sollte er seinen royalen Titel abgeben.
Das ist ganz sicher ein Widerspruch in sich, aber Harry sieht für sich keinen anderen Weg, um sich von dieser Familie, von der Vergangenheit zu befreien, als dass er Bücher schreibt und Interviews gibt, kürzlich sogar ein Online-Interview mit einem Psychologen. Er benutzt die Öffentlichkeit als Therapiemittel. Das Absurde an der Geschichte ist, dass er die Medien als Hauptfeind ausmacht. Aber er benutzt natürlich die Medien, um sein Buch und seine Ideen in die Öffentlichkeit zu bringen. Da beißt sich die Katze sozusagen ein bisschen in den royalen Schwanz. Das ist aber typisch Harry. Harry war immer relativ einfach, auch in emotionaler Hinsicht. So lässt er sich die Dinge nicht lange durch den Kopf gehen, sondern sie müssen raus. Ob das immer der richtige Weg ist, wage ich zu bezweifeln. Klar ist aber, er hat ganz heftige Vorwürfe gegen seine Familie, vor allem gegen seinen Vater, seinen Bruder, aber auch gegen Königin Camilla rausgelassen. Da ist natürlich viel, was besprochen werden muss. Harry selbst sagt, er sei kein Opfer, aber er geht damit in die Öffentlichkeit und nimmt billigend in Kauf, dass er dabei Menschen verletzt, indem er intime Details über sie ausplaudert ohne sie um Erlaubnis gefragt zu haben. Das ist eine Möglichkeit, ganz viel Geld zu verdienen. Fast vier Millionen Bücher sind weltweit verkauft worden. Wirtschaftlich war das definitiv ein Erfolg.
Ich war, als ich das Buch gelesen habe, ein wenig schockiert. Ich muss nicht wissen, wie Harrys erstes Mal war, ich glaube, das muss niemand wissen. Aus meiner Sicht war Äußerung mit den Taliban-Kämpfern absolut dumm und unüberlegt, weil er sich und seine Familie damit in den Fokus von irgendwelchen Menschen begibt, die genau diese 25 Taliban-Kämpfer möglicherweise rächen wollen. Also, dieser Sicherheitsaspekt, den er ja immer ganz weit nach vorne stellt, den befolgt er selbst jetzt nicht. Aber er weiß natürlich auch: »Sex sells«. Das gilt auch für Royals. Und wenn er über sein erstes Mal spricht, sprechen wir ja jetzt auch darüber. Das Ganze hat dazu beigetragen, dass sich dieses Buch auch sehr gut verkauft hat.
Ich werde mit meiner tollen Kollegin Frauke Ludowig und dem Mode-Designer Guido Maria Kretschmer in einer sechsstündigen Sondersendung bei RTL live die Bilder aus London kommentieren. Die Sendung wird eingebettet in schöne royale Dokus. Unsere Zuschauer und Zuschauerinnen, unsere User und Userinnen werden hautnah bei diesem Weltereignis dabei sein. Und ich freue mich ganz privat am allermeisten darauf, wenn Charles seine Camilla krönt. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes die Krönung einer Jahrhundertliebe.
Das Interview führte Andrea Fischer
111 Royale Momente für die Ewigkeit
240 Seiten, Softcover
Erschienen im Emons Verlag 2021
ISBN Nr.: 978-3-7408-1223-2
Weitere Informationen: www.michael-begasse.de



