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Geisteswissenschaften - und was kommt dann?
Am 11. April beginnen an der Uni Trier wieder die Vorlesungen. Obwohl man hier auch Informatik, Jura und BWL studieren kann, gilt die Trierer Universtität im Allgemeinen als geisteswissenschaftlich geprägt. Gerne wird behauptet, Geisteswissenschaftler hätten es schwerer auf dem Arbeitsmarkt, als Absolventen anderer Fächer. Der WochenSpiegel hat nachgefragt.
Bilder
Unnützes Wissen? Foto: Pees
Sabine Friedrich hat Germanistik und Geschichte an der Uni Trier studiert. Seit über einem Jahr hat sie ihren Magister-Abschluss in der Tasche. Obwohl sie einen Einserschnitt hat, findet sie keine Arbeit. Über 50 Bewerbungen hat sie mittlerweile geschrieben und bislang nur Absagen erhalten. "Es ist extrem demotivierend. Man hat ein bisschen das Gefühl, dass man das Falsche studiert hat. Man will sich ja eine Existenz aufbauen, aber es geht derzeit einfach nicht", sagt die 27-Jährige. Derzeit hält sie sich mit Nebenjobs über Wasser. So wie Sabine Friedrich geht es vielen, die einen Abschluss in geisteswissenschaftlichen Fächern gemacht haben.
Arbeitslose Akademiker
Rund 14.000 Studenten sind derzeit an der Uni Trier eingeschrieben. 1.679 von ihnen studieren Germanistik - das mit Abstand beliebteste geisteswissenschaftliche Fach an der Uni. Auf Platz 2 folg die Anglistik mit 1.231 Studierenden vor dem Fach Geschichte (1.156 Studenten). Doch welche Chancen haben sie später auf dem Arbeitsmarkt? Laut der Bundesagentur für Arbeit hat sich die Zahl der arbeitslosen Akamemiker im Jahr 2014 erhöht. Grund: Es gibt mehr Absolventen. Gleichzeitig ist aber auch die Zahl erwerbstätiger Akademiker kräftig gestiegen. Die Arbeitslosenquote ist deshalb weiterhin im Vergleich zu anderen Berufsgruppen äußerst niedrig. Allerdings muss man auch hier differenzieren: Ärzte, Informatiker und Ingenieure – also Berufsgruppen, bei denen über Fachkräftemangel geklagt wird- sind extrem selten arbeitslos. Im Gegensatz dazu ist die Arbeitslosenquote in den Bereichen Journalismus, Biologie, Geschichte sowie Marketing und Werbung vergleichsmäßig hoch.
Wirtschaft hat Interesse
Der Arbeitsmarkt für Geisteswissenschaftler ist davon geprägt, dass es wegen der großen Konkurrenz nur einem Teil der Absolventein gelingt, einen Arbeitsplatz in einem studienadäquaten Tätigkeitsfeld zu finden. Allerdings werden Geisteswissenschaftler in den unterschiedlichsten Wirtschaftsbereichen zunehmend geschätzt - verfügen sie doch in der Regel über ausgeprägte Kompetenzen im Bereich des Wissensmanagements.
Der Anglist im Personalmanagment
In der Region Trier sind aktuell 823 der 12.102 arbeitslos gemeldeten Menschen Akademiker. Von ihnen sind 260 direkt im Bereich der Geistes-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften angestellt. Weitaus mehr arbeiten zum Beispiel in der Unternehmensführung, der Verwaltung, im kaufmännischen Bereich oder im Gesundheits- und Sozialwesen, teilt die Agentur für Arbeit in Trier auf WochenSpiegel-Nachfrage mit. Gerade für Geisteswissenschaftler sei es typisch, dass sie nicht direkt Stellen antreten würden, die als "Politologe", "Germanist" oder "Anglist" bezeichnet werden, so Edeltraut Nikodemius, operative Geschäftsführerin Arbeitsagentur. Eher würden sie verwandte Aufgabenbereiche übernehmen: etwa im Personalmanagement, in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, im Journalismus, in der Markt- und Sozialforschung oder dem öffentlichen Dienst.
Schon früh Schwerpunkte setzen
"Geistes- und Gesellschaftswissenschaftler sind umfangreich und breit gefächert ausgebildet. Das bringt Vor- und Nachteil. Es kommen zahlreiche Einsatzgebiete in unterschiedlichen Branchen in Frage. Vielen Jungakademikern, aber auch manch einem Unternehmen, fällt es allerdings schwer, diese Aufgabenfelder zu erkennen und zu entscheiden, wie die im Studium erworbenen Kompetenzen sinnvoll in der Praxis eingesetzt werden können", so Edeltraud Nikodemus. "Viele Geisteswissenschaftler sind jedoch nach dem Studium - gerade im Vergleich zu den Naturwissenschaftlern oder Ingenieuren - lange auf Jobsuche, machen zunächst Praktika oder finden eine Stelle, die nicht ihrer beruflichen Qualifikation entspricht." Gerade für Geisteswissenschaftler sei es wichtig, sich schon im Studium auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten und zu überlegen, welche Aufgabenbereiche zukünftig für sie in Frage kommen. "Die Erfahrung unserer Arbeitsvermittler, die speziell akademische Arbeitsuchende beraten, zeigt, dass Geisterwissenschaftler dann bessere Jobchancen haben, wenn sie sich bereits während des Studiums durch Schwerpunktsetzungen und Praktika fit für den Arbeitsmarkt gemacht haben und bereit sind, sich bundesweit zu bewerben." Das weiß auch Sabine Friedrich. Geholfen hat ihr das bislang allerdings nicht. Derzeit macht sie ein zusätzliches Praktikum, um sich weiter zu qualifizieren. Bereut hat sie die Entscheidung Geisteswissenschaften zu studieren trotzdem nicht. "Mir ist es wichtig, dass ich in einem Job arbeiten kann, der mir Spaß macht – auch, wenn ich dafür länger suchen muss", sagt sie.
Spezielle Beratung
Die Agentur für Arbeit bietet seit einigen Jahren eine spezielle Beratung und Arbeitsvermittlung für Akademiker an. Im Hochschulteam werden nicht nur die Absolventen der Trierer Hochschulen, sondern auch Akademiker mit Berufserfahrung bei der Jobsuche unterstützt. Dabei kann die Jobvermittlung in die Region Trier aber auch bundesweit und international stattfinden. Regionale Firmen auf der anderen Seite werden vom Arbeitgeber-Service zur Einstellung von Akademikern beraten. "Ziel ist es, Akademiker, wenn möglich, in der Region zu halten und Firmen Möglichkeiten aufzuzeigen, ihren Personalbedarf, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels, zu decken", erklärt Edeltraud Nikodemus. Weitere Infos gibt es hier.
Was sind Geisteswissenschaften?
Der Duden versteht unter Geisteswissenschaften die "Gesamtheit der Wissenschaften, die die verschiedenen Gebiete der Kultur und des geistigen Lebens zum Gegenstand haben". Welche Wissenschaften hierzu zählen, ist allerdings umstritten. So gibt es beispielsweise Zuordnungen, die die Mathematik zu den Geisteswissenschaften zählen. Wie viele geisteswissenschaftliche Fächer es an der Uni Trier gibt, ist abhängig von der Definition. Der Artikel beschränkt sich auf die Fächer Germanistik, Romanistik, Anglistik, Politikwissenschaft und Kunstgeschichte.
Wie Geisteswissenschaftler ihre Situation einschätzen, lesen Sie hier.