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Hand aufs Herz und keine Hemmungen

Jährlich erleiden in Trier mehr als 100 Menschen einen Herzstillstand. Ob zuhause, am Arbeitsplatz oder unterwegs – setzt das Herz aus, gilt es keine Zeit zu verlieren. Deshalb sollten Laien unverzüglich mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen. Ängste nehmen und Hemmungen abbauen will eine Kampagne von Experten des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder Trier. Unter dem Motto "Hand aufs Herz – Trier lebt" wollen sie das Bewusstsein für die Bedeutung der Laienreanimation schärfen.
Oberarzt Dr. Robert Kremers vom Brüderkrankenhaus erklärt Vyara Minkova, worauf sie bei Wiederbelebungsmaßnahmen achten sollte. Foto: Brüderkrankenhaus

Oberarzt Dr. Robert Kremers vom Brüderkrankenhaus erklärt Vyara Minkova, worauf sie bei Wiederbelebungsmaßnahmen achten sollte. Foto: Brüderkrankenhaus

Zehn Jahre liegt Vyara Minkovas erster und bislang letzter Erste-Hilfe-Kurs zurück. "Damals habe ich den Führerschein gemacht", erzählt die junge Frau und berichtet, dass sie schon einiges vergessen habe und vollkommen aus der Übung sei. Gut, dass die 29-Jährige vor kurzem über den Kornmarkt spaziert, sich ein Herz fasst und spontan eine Gelegenheit nutzt, die sich nicht alle Tage bietet: eine kostenfreie Schulung in Sachen Laienreanimation. 

Ziel: Menschen schulen

"Hand aufs Herz – Trier lebt" lautet das Motto einer Aktion von Experten der Abteilungen für Innere Medizin III / Kardiologie sowie Anästhesie und Intensivmedizin am Brüderkrankenhaus. Das erklärte Ziel: Menschen darin schulen, im Ernstfall sofort mit wiederbelebenden Maßnahmen zu beginnen. Unter Pavillons warten die Profis im Rahmen des ersten "Trierer Gesundheitstags" auf Wissbegierige. Die lassen nicht lange auf sich warten, wie das Beispiel Vyara Minkova zeigt. "Mein erster Gedanke war: Wenn ich in so eine Situation geraten würde, bekäme ich erst einmal selbst eine Krise", räumt die gebürtige Bulgarin offen ein. Deshalb sei es ihr wichtig, ihr Wissen aufzufrischen; denn "je öfter man etwas gezeigt bekommt, desto weniger Hemmungen hat man."

"Man kann nichts falsch machen"

Dr. Manfred Schiffer, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes Trier-Saarburg, weiß um die Ängste, welche viele Menschen daran hindern, sofort zu reanimieren. So hätten nicht wenige die Sorge, etwas falsch zu machen. "Ich sage dann: Wenn ein Mensch leblos am Boden liegt, kann man nichts mehr falsch machen. Falsch wäre es aber, gar nicht erst zu versuchen, zu helfen." Ähnlich sieht es Dr. Thomas Gehrig, der Leitende Oberarzt der Kardiologie unterstreicht, wie wichtig der Einsatz von Laien ist: "In den ersten Minuten entscheidet es sich, wie viel wir Ärzte nach dem Eintreffen beim Patienten noch ausrichten können." Unterbleiben zu Beginn Maßnahmen wie Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung, ist die Gefahr bleibender Schäden größer und die Chance auf eine Wiederbelebung geringer. Denn obschon die Rettungskräfte binnen weniger Minuten am Einsatzort sind, ist wertvolle Zeit verstrichen, in der das Gehirn nicht mit Sauerstoff versorgt wurde.

Keine Hilfe ist keine Lösung

Rüdiger Pies, Fachpfleger für Intensivmedizin im Brüderkrankenhaus, stellt die Tendenz fest, es den Menschen so leicht wie möglich zu machen, zu helfen. Pies rät: "Wer eine Mund-zu-Mund-Beatmung scheut, sollte sich auf die Herzdruckmassage konzentrieren!" Keine Hilfe sei aber keine Lösung, wiederholt er das einhellige Credo der Fachleute. 

Große Resonanz

Derart groß war die Resonanz bei der Auftaktveranstaltung, dass Interessierte bisweilen warten mussten, bis sie sich an Übungspuppen und Defibrillatoren versuchen durften. Und es waren viele Kinder darunter, die ihre Eltern dazu animierten, das Angebot zu nutzen. Experten wie Dr. Markus Braun, Oberarzt der Anästhesie und Intensivmedizin, überrascht das nicht. Schließlich zeigen Kinder generell mehr Offenheit und hätten auch weniger Hemmungen. Das ist auch ein Grund, weshalb eine Kooperation der Inneren Medizin III / Kardiologie sowie der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin entstand. Die Initiatoren der Aktion "Hand aufs Herz – Trier rettet Leben" blicken gen Norden: In skandinavischen Ländern ist die Reanimation Teil der Lehrpläne. Die Statistik spricht dafür, dass dieses Beispiel Schule machen sollte: Während hierzulande Laien in nur 15 bis 25 Prozent der Fälle vor Eintreffen des Rettungsdienstes mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen, liegt diese Rate in Schweden und Norwegen bei bis zu 70 Prozent.  Noch steht die Wiederbelebung nicht auf rheinland-pfälzischen Lehrplänen, doch wollen die Initiatoren mit   der Aktion "Hand aufs Herz – Trier rettet Leben"  in Schulen und Betriebe gehen, um dort das Angebot der Wiederbelebungsschulung anzubieten. Denn jeder sollte lernen, Leben zu retten. 


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