

Der Wochenspiegel hat das Thema einmal aus einem ganz besonderen Blickwinkel beleuchtet – und versucht zu zeigen, dass »Heimat« nicht an Ländergrenzen aufhören muss und auch keine Frage der Nationalität ist. Dafür haben wir uns an Sauer und Mosel umgehört und auch die rheinland-pfälzisch-saarländische Grenze im Hochwald ins Visier genommen.
Der in Deutschland aufgewachsene und lebende Journalist Ingo Zwank, das deutsch-luxemburgische Paar Sheila Krummes und Rainer Endres standen uns dabei ebenso Rede und Antwort, wie die Geschichts- und Kulturfreunde Nittel, die jährlich einen Abend für die im Obermoseldorf lebenden Menschen aus 42 Nationen organisiert. Zudem haben wir mit Menschen aus der Grenzregion von Rheinland-Pfalz und dem Saarland gesprochen.
Keine Berührungsängste mit den Menschen jenseits der Landesgrenze
Wie das Statistische Landesamt in Bad Ems mitteilt, kommen immerhin 15.538 Beschäftigte tagtäglich aus dem Saarland nach Rheinland-Pfalz zur Arbeit. 25. 876 »Pälzer« pendeln täglich zu ihrer Arbeitsstelle in das benachbarte Saarland. Eine davon ist Otilie Derigs aus Hermeskeil. Berührungsängste mit dem Nachbarn jenseits der Landesgrenze hatte sie nie. Eher im Gegenteil: »Ich finde die Saarländer super! Ich mag die Mentalität und auch die Sprache«, sagt die Mutter von drei erwachsenen Kindern. Sie fühlt sich im Saarland ebenso heimisch wie in Hermeskeil. Neben dem Saarland als Arbeitsstätte gibt es auch viele Schüler, die im Nachbarbundesland zur Schule gehen. Alisha und Tim gehören ebenfalls zu den »Auspendlern« - so der Fachbegriff - die täglich ins Saarland fahren, um dort ihr Abitur zu machen.
Das Saarländer Platt kommt gut an
An das saarländische Dialekt in ihrer Schule haben sie sich längst gewöhnt. Die Schule und die vielen Saarländer dort finden sie gut. »Schlecht ist nur, dass es keine direkte Busverbindung von uns aus ins Saarland gibt«, bedauern die beiden 16-Jährigen. So müssen sie täglich erst einmal »über die Grenze« gebracht werden, um dann mit dem Bus weiter zu ihrer Schule zu fahren.
Berührungsängste mit dem Nachbarn jenseits der Sauer hatte Ingo Zwank in Bollendorf schon von Kindesbeinen an nicht. »Es waren gerade mal zehn Meter über die Brücke...« Außerdem kam er durch das Judo-Training in Echternach frh mit der Mentalität in Luxemburg in Kontakt. Heute arbeitet er als Redakteur beim »Letzebuerger Journal«.
Die Unterschiede in den Ländern sind gar nicht so groß
Wie sie denken, wie sie fühlen im Großherzogtum, weiß der 42-Jährige also schon lange, hat viele Gemeinsamkeiten ausgemacht – genauso wie Sheila Krummes und Rainer Endres, die ihren Lebensmittelpunkt in Hobscheid unweit der luxemburgisch-belgischen Grenze haben, des Öfteren aber noch in seiner Heimat in Zemmer in der Fidei sind: »Der Unterschied ist gar nicht so groß, weil es vor allem auch sprachlich zwischen keine großen Verständigungsprobleme gibt.« Selbst das luxemburgische Auto-Kennzeichen falle in Deutschland längst nicht mehr auf ...
Endres berichtet aber auch von einigen Schwierigkeiten, als er ins Großherzogtum umzog: »Ob bei Versicherungen, dem Handy- oder dem Internetvertrag: Überall gibt es Fristen einzuhalten und man sollte sich gut informieren, welche Änderungen entstehen beim Umzug ins Ausland.« In Luxemburg fühlt er sich längst heimisch, genauso wie seine Partnerin in Deutschland: »Das ist wirklich kein Ausland für mich. Ich fahre gerne mit Rainer zu seinen Freunden. Ein Wochenende in der Fidei ist für mich meistens wie kleine Ferien zu Hause.«
Sprüche wie "Die reichen Luxemburger" kommen schon mal
Vorbehalte oder Zurückhaltung hat die Luxemburgerin Sheila Krummes, die mit Rainer Endres aus Zemmer zusammen lebt, in Deutschland bislang kaum ausgemacht: »Natürlich muss man sich als Luxemburgerin ein paar Sprüche gefallen lassen. Meistens hat das dann mit dem Geld zu tun – Stichwort: Die reichen Luxemburger.« Aber meistens sei das Ganze nie so ernst gemeint. Auch bei den Fußballern der SG Fidei fühlt sie sich als vollwertiges Mitglied, mittlerweile ist sie dort sogar das Maskottchen. Wenn sie auf einen der größten Unterschiede zwischen beiden Ländern zu sprechen kommt, kann sie sich ein Lachen nicht verkneifen: »Bei uns heißt `Viz` Apfelsaft. Bei meinen ersten Besuchen in der Fidei konnte ich dann nicht verstehen wie man betrunken werden kann von Vi(e)z...«
Heimat ist für Sheila Krummes und rainer Endres » ein Gefühl; Heimat ist, wo wir zusammen sein können und uns wohl fühlen....«
Zuhause ist dort, wo Familie, Freunde und Bekannte leben
Journalist Ingo Zwank wiederum hat als »meine Heimat ohne Zweifel die Eifel« ausgemacht. Aber sie sei eben genau da, wo Familie, Freunde, Bekannte mit dabei sind, wo man sich zuhause, geborgen fühlt. »Daher ist mein Heimatgefühl ziemlich groß, von Prüm , wo ich wohne, über Bollendorf, woher ich stamme, ja bis ins Großherzogtum, wo ich arbeite«.
Ein Dorf ist Heimat für Menschen aus 42 Nationen
Auch der Obermoselort Nittel ist Heimat – und zwar für Menschen aus insgesamt 42 Nationen. Diese kulturelle Vielfalt war für die Geschichts- und Kulturfreunde Nittel Anlass, eine besondere Veranstaltungsreihe ins Leben zu rufen. Einmal im Jahr lädt der Verein zum »Nationenabend« ein. Dabei stellen die Kandidaten sich und ihre Herkunftsländer in lockerer Runde vor – sowohl mit Bildern, Erzählungen und in kulinarischer Hinsicht mit landestypischen Spezialitäten. Seit der ersten Auflage des Nationenabends haben sich unter anderem Mitbürger aus China, Nigeria, Japan, Schweden, Finnland, Lettland, Ungarn und Irland vorgestellt. »Die Abende sind für mich die besten Beispiele für gelungene Integration. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir dabei Christian John aus Irland«, erklärt Christoph Bangert, Vorsitzender Geschichts- und Kulturfreunde Nittel.
»Ein Jahr nach dem Nationenabend berichtete mir Christian John, dass er auf der Kirmes von mehreren Mitbürgern auf seine Präsentation beim Nationenabend angesprochen wurde. So konnte er die Nitteler Kirmes und die Kellertage ganz ungezwungen mit der Dorfgemeinschaft feiern. Das finde ich beispielhaft«, sagt Bangert. Er selbst habe durch die Abende, die Gespräche im Vorfeld und spannende Begegnungen unheimlich viel gelernt. »Ich bin sehr dankbar für diese Erfahrungen«, sagt Bangert.
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Fotos: Arens/Fischer/Scholl