Andrea Fischer

Ist King Charles III. nur ein Übergangskönig?

Region. Exklusiv-Interview mit dem Adelsexperten Michael Begasse zu den neuen Aufgaben des britischen Thonfolgerpaares.

Neue Aufgaben für König Charles III. und seine Gemahlin Camilla. Foto: Wikipedia

Neue Aufgaben für König Charles III. und seine Gemahlin Camilla. Foto: Wikipedia

Bild: Wikipedia

Der Tod von Queen Elizabeth II., der mit einem nie da gewesenen Staatsakt betrauert wurde, besiegelte das Ende des 20. Jahrhunderts und in England wird nichts mehr so sein, wie es einmal war. Ihre 70 Jahre und 214 Tage währende Herrschaft war eine der längsten der Geschichte. Doch die Zweifel sind groß, dass ausgerechnet Elizabeths 73-jähriger Sohn König Charles III. die Monarchie in der Moderne des 21. Jahrhunderts verankern kann. Zumal Charles den Thron in denkbar schwierigen Zeiten übernimmt. Wir haben wieder mit Adelsexperten und Buchautor Michael Begasse aus Trier gesprochen, wie er den Thronwechsel und die Entwicklung der britischen Monarchie einschätzt.

Welche Bedeutung hat das britische Königshaus eigentlich für Sie und Ihre Karriere?

Diese Frage wurde mir in fast 30 Jahren noch nie gestellt! Klar ist aber: Auch für mich war immer die Rede von Elisabeth II, wenn wir von „der Queen“ gesprochen haben. Auch für mich gibt es keine Monarchie mit so viel Geschichte und Tradition aber auch kein Königshaus, das über Jahrzehnte hinweg so sehr auch in den Boulevardmedien „zelebriert“ wird, wie die britische Royal Family.

Überall, wo Königs sind, sind auch Sie. Woher erhalten Sie eigentlich Ihre Informationen? Haben Sie die „Royals“ einmal persönlich getroffen?

Ich bin ja immer vor Ort, wenn es große royale Events gibt, berichte für die Mediengruppe RTL von allen Hochzeiten, Beisetzungen, Inthronisierungen u.s.w. Natürlich habe ich den ein oder die andere royale Person schon persönlich getroffen, wie z.B. Prinz William, den neuen Prince of Wales vor ein paar Jahren in Düsseldorf. Mit Königin Máxima der Niederlande gibt es inzwischen sogar Handshakes!

Regelmäßig teilen Sie „Royale Momente“ beim Royal Dinner im Excelsior Hotel Ernst in Köln. Was ist Ihre schönste und was Ihre schrägste Geschichte zu König Charles III.?

Ich habe König Charles III zum allerersten Mal 1999 hautnah erleben dürfen, als sein jüngster Bruder, Prinz Edward in Windsor geheiratet hat. Damals hatte ich keine offizielle Akkreditierung und bin als „normaler“ Mensch ins Schloss – mit einer kleinen Kamera ausgerüstet. Da bin ich heute noch froh, nicht erwischt worden zu sein. Ich mag am neuen König vor allem seine Geradlinigkeit, seine Liebe zu Camilla und sein lautes Lachen, das Besucher durchaus erschrecken kann!

Charles hatte 70 Jahre Zeit gehabt, sich auf die Aufgabe der Thronfolge einzustellen. Glauben Sie, dass mit ihm neuer politischer Wind weht im Buckingham Palace?

Es muss ein neuer Wind wehen, denn die Herausforderungen für den neuen König, die Monarchie zu bewahren und irgendwann einmal seinem Sohn William zu übergeben, sind riesig. Dabei gilt es, genau wie seine Mutter, für die Menschen ein moralischer und emotionaler Kompass zu sein. Aber klar ist auch, dass Charles III alleine schon wegen seines Alters, nur ein Übergangskönig sein kann. Es gilt also für den 73-Jährigen sofort anzufangen!

Der ein oder andere prophezeit, dass mit König Charles III. der Niedergang der britischen Monarchie bevorsteht. Wie sehen Sie das?

Wenn im das gelingt, was ich gerade skizziert habe, dann sehe ich keine Gefahr. Es wird aber sehr spannend zu sehen sein, wie er vor allem die junge Bevölkerung begeistern will und wie er Unabhängigkeits- und Ablösungstendenzen von der Krone, wie in Schottland oder im fernen Australien und Neuseeland, pariert und beantwortet.

Im Gegensatz zu seiner Mutter, die sich aus der Politik herausgehalten hat, wurde Charles in den vergangenen Jahrzehnten häufig vorgeworfen, dass er sich zu oft in die Politik eingemischt habe. In seiner ersten Rede nach der Thronbesteigung hatte er noch verkündet, dass er den Rest seines Lebens dem Dienst der Krone widmen werde. Wie passt das zusammen?

Charles war und ist ein politischer Mensch – immer gewesen! Und damit wird er nicht aufhören, nur weil er jetzt König ist. Premierministerin Liz Truss wird garantiert noch viel Spaß mit dem königlichen Royal haben, der ihr Staatsoberhaupt ist!

Umfragen zufolge wünschen sich die meisten Briten eher Charles‘ Sohn William auf dem Thron. Glauben Sie, dass sich das Bild noch ändern wird oder eher, dass Charles nur für kurze Zeit eine Art „Übergangskönig“ wird?

Ein Übergangskönig zu sein, ist ja nicht unbedingt ein Makel. Ich bin gespannt auf die neue Tandem-Lösung von König und Thronfolger, von Vater und Sohn aber auch von Sohn und Enkel im Auftrag der verstorbenen Queen.

Charles großes Engagement gilt den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Seine Bioprodukte stehen in den Regalen großer Supermarktketten. Am Rande des Weltklimagipfels in Glasgow äußerte er seine Sorge, dass die Menschheit nicht begriffen habe, wie sehr sie von der Natur abhänge und sie deshalb immer weiter ausbeute. Für mehr als 400 Organisationen hat der Thronfolger Spenden gesammelt, seine Stiftungen für Jugendliche haben bisher hunderttausende junge Menschen auf einen stabilen Lebensweg gebracht. Hat ihm das Sympathien eingebracht?

Ich weiß noch, dass er hämisch belächelt wurde vor 30 Jahren, als er diese Themen in die Öffentlichkeit brachte. Der Öko-Prinz der mit Bäumen spricht, wurde er damals verspottet. Und heute sehen wir: König Charles III ist durchaus auch ein Visionär!

Viele Jahre hatte Camilla bei den britischen Royals und dem Volk keinen guten Stand. Camilla war sie doch »nur« Charles‘ Geliebte. Inzwischen hat sich ihr Image stark verbessert. Wie hat sie das geschafft?

Mit Liebe und Fleiß, mit Liebe und noch mehr Fleiß und mit noch mehr Liebe und noch einer Schippe Fleiß! Auch wenn es viele Diana-Anhänger:innen mir oft übelnehmen: Ich finde, Camilla ist genau der Fels in der Brandung, als den die verstorbene Queen ihren Mann Prinz Philip bezeichnet hat. Und Camilla war vor Diana da, während Diana da und ist immer noch da! Und heute für Charles wichtiger, denn je!

Nach dem Tod der Queen kommen neue Pflichten auf die Königsgemahlin zu. Welche sind das und bleibt sie immer nur Königsgemahlin, die bei Staatsanlässen zwei Meter hinter ihrem Mann gehen muss?

Camilla ist so selbstbewusst, dass das für sie kein Problem ist und noch nie war. Sie wird alles tun, um ihrem Mann zu unterstützen. Und zwar nicht als kleines Weibchen an der Seite, sondern als eine treue Gefährtin auf kompletter Augenhöhe auf der Basis einer ehrlichen Liebe.

Was passiert mit den Kronjuwelen, dem Schmuck und den Kleidern und Taschen der Queen? Wer erbt das alles?

Ich nicht, denn da bin ich raus! Die Queen konnte nur ihren tatsächlichen Privatbesitz vererben. Also weder Buckingham Palace, denn der gehört dem Staat, oder die Kronjuwelen, denn die gehören, wie der Name schon sagt, der Krone. Wer was bekommt, werden wir aber nie erfahren. Und wenn das Testament der Verstorbenen einmal geöffnet wurde, verschwindet es für fast ein Jahrhundert in den royalen Archiven!

Meine letzte Frage gilt der königlichen Krone. Wird Charles die jetzt genau so weitertragen oder wird die neu angepasst oder verändert?

Die wurde zur Krönung von Elisabeth II 1953 angepasst und wird jetzt auch dem Kopf des neuen Königs angepasst. Das Ding ist so schwer und so unbequem, dass man dem Monarchen damit auch einen großen Gefallen tut!

Interview: Andrea Fischer


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