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Krankenhaus-Reform auf Kosten der Mitarbeiter und Patienten

Unter dem Motto "Krankenhaus-Reform? So nicht!" protestierten vergangenen Woche bundesweit tausende Ärzte, Pflegfachkräfte, Therapeuten und Verwaltungsmitarbeiter für eine deutliche Nachbesserung des geplanten Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG), das zum 1. Januar 2016 in Kraft treten soll. Hauptvorwurf der Krankenhausmitarbeiter ist, dass die Reform nicht patientenorientiert sei, die Mitarbeiter noch mehr belaste und kleinere Krankenhäuser in ihrer Existenz bedrohe.
Über 300 Luftballons in der Logofarbe der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) lassen die Krankenhausmitarbeiter steigen. Adressiert  mit der Forderung an den Bundestag, die Krankenhaus-Reform nachzubessern. Foto: Finkenberg

Über 300 Luftballons in der Logofarbe der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) lassen die Krankenhausmitarbeiter steigen. Adressiert mit der Forderung an den Bundestag, die Krankenhaus-Reform nachzubessern. Foto: Finkenberg

Protest auch in der Moselmetropole: Rund 300 Mitarbeiter aus dem Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen, dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier (BKT) und dem Ökumenischen Verbundkrankenhaus versammelten sich auf dem Hauptmarkt in ihrer Berufskleidung zu einer »Aktiven Mittagspause«, um ihren Unmut kundzutun. »Ziel der Aktion war es die Öffentlichkeit mehr für das komplizierte Thema Krankenhaus-Reform zu sensibilisieren«, so Markus Leineweber, Hausoberer des BKT im Gespräch mit dem WochenSpiegel. Weniger Zeit für Patienten "Rund 70 Prozent unserer Kosten sind Personalkosten und davon gehen circa 50 Prozent in die Pflege. Eine weitere Unterfinanzierung von Tarifsteigerungen wirkt sich in der Konsequenz negativ auf die Qualität der Pflege aus. Denn höhere Kosten zwingen auf Dauer zum Personalabbau und führen damit automatisch zu weniger Zeit und Zuwendung für den einzelnen Patienten", so Leineweber.
Mit dem bundesweiten Aktionstag wollen wir die Öffentlichkeit auch darüber informieren, das zentrale Probleme wie lange Wartezeiten oder Personalknappheit ihren Grund in den allgemeinen Rahmenbedingungen haben, die auf politischer Ebene gesetzt werden. Wir suchen so den Schulterschluss mit der Gesellschaft", ergänzt Christian Weisskopf, kaufmännischer Direktor des BKT.
Unbeantwortet in der geplanten Krankenhaus-Reform blieben auch die Fragen, wie der zunehmende Versorgungsbedarf einer älter werdenden Bevölkerung erfüllt werden kann und dem Fachkräftemangel zu begegnen sei, so Weisskopf. Auch die Trierer Bürgermeisterin Angelika Birk unterstützte die Anliegen der Krankenhausmitarbeiter. Kommunen fürchten Kosten "Es kann nicht angehen, dass die Kommunen in Zukunft die Folgen einer sich verschlechternden Pflegesituation in den Krankenhäusern stärker mittragen müssen", so Birk. Wenn vor allem ältere Patienten aus Personalmangel frühzeitig aus der Pflege entlassen würden, bestünde die Gefahr, dass sie dauerhaft auf Unterstützung angewiesen bleiben. Dies widerspreche nicht nur dem Ziel eines möglichst langen selbstbestimmten Lebens jedes Einzelnen, sondern drohe die Kommunen auch auf Grund der demographischen Entwicklung künftig finanziell erheblich zu belasten, sagte die Sozialdezernentin im Gespräch mit dem WochenSpiegel.

Darum geht's

Der am 28. April vom Bundesministerium für Gesundheit vorgelegte Referentenentwurf für ein Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG) wurde am 10. Juni vom Bundeskabinett unverändert verabschiedet. Er wird in den nächsten Wochen im Bundestag und Bundesrat sowie verschiedenen Ausschüssen beraten und soll zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Aus Sicht der Krankenhäuser beinhaltet diese Kabinettsfassung sehr nachteilige Regelungen, die dringende Nachbesserungen erforderlich machen. Die wesentlichen Probleme – wie die mangelhafte Investitionsfinanzierung, das durch die fehlende Gegenfinanzierung von Tarifsteigerungen entstandene Personalkostendilemma und die unterfinanzierte ambulante Notfallversorgung – werden nicht gelöst. Weitere Kritikpunkte an der Krankenhaus-Reform betreffen die neue Form von Qualitätsprüfungen. Dabei fürchten Mediziner und Pflegefachkräfte erhöhte Bürokratie und Dokumentationspflichten - und das bei weniger Personal. Mehr Infos gibt es hier. FIN


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