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Künstlerisch anspruchsvolle Keramik aus Ehrang

Premiere im Stadtmuseum Simeonstift: Erstmals widmet sich das Museum mit einer Kabinettausstellung den Ehranger Servais-Werken und damit einem wichtigen Kapitel Trierer Industrie- und Wirtschaftsgeschichte. Zu sehen sind Fliesen, Vasen und Keramikfiguren.

In den vergangenen Jahren konnte das Stadtmuseum Simeonstift im Kunsthandel mehrere Vasen und Karamikfiguren erwerben, die von den Servais-Werken in Trier-Ehrang hergestellt wurden. Diese Stücke stammen überwiegend aus dem frühen 20. Jahrhundert, als das Unternehmen mit aufwendig gestalteten Jugendstilfliesen weltweit große wirtschaftliche Erfolge erzielen konnte und etwa 750 Personen beschäftigte. Während die Fliesen heute begehrte Sammlerstücke sind, gerieten die Vasen und kleinplastischen Werke weitgehend in Vergessenheit. Ab Dienstag, 29. September, zeigt das Stadtmueum eine Kabinettausstellung von Erzeugnissen der Servais-Werke. Die meisten dieser technisch wie künstlerisch anspruchsvollen Gebrauchs- und Dekorationsobjekte, darunter auch Leihgaben, werden hier erstmals öffentlich gezeigt. Sie ermöglichen es, ein Schlaglicht auf diesen weitgehend unbekannten Teil der breiten Produktpalette des Ehranger Werks im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zu werfen. 

Die Servais-Werke in Ehrang

Gegründet wurde das Unternehmen 1878 als "Lamberty, Servais & Cie" von Philipp Lamberty, dem Direktor eines Bodenplattenwerks in Wasserbillig, dem dortigen Betriebsleiter Bernhard Ferring sowie Paul Servais, dem Direktor des Eisenhüttenwerks im luxemburgischen Hollerich. Die Fachkräfte der zunächst etwa 70-köpfigen Belegschaft konnten in Wasserbillig rekrutiert werden.  Bei der Wahl des Standortes zwischen Ehrang und Pfalzel waren nicht nur die günstigen Grundstückspreise ausschlaggebend, sondern vor allem die gute Eisenbahnanbindung. Die 1871 eröffnete Bahnlinie von Saarbrücken nach Köln und die 1878 fertiggestellte Moselstrecke ermöglichten eine kostengünstige Anlieferung der erforderlichen Rohstoffe wie Ton aus der Südeifel und vom Rhein, Kohle aus dem Saarland und Hochofenschlacke aus Luxemburg. 1902 wurde das Unternehmen in "Vereinigte Servais-Werke AG" umbenannt. Ab 1921 wechselte der Firmenname aufgrund von Zusammenschlüssen mit anderen Betrieben und neuer Eigentümer dann noch mehrfach, bevor das Werk 1993 geschlossen wurde.

Eröffnung und Termine

Die Ausstellung ist bis zum 22. November im Stifterkabinett zu sehen. Dr. Bernd Röder, Museumsmitarbeiter und Kurator der Ausstellung, eröffnet die Kabinettschau am 29. September um 19 Uhr mit einer historischen und stilistischen Einordnung: Er beleuchtet die Geschichte der Servais-Werke, ihre Bedeutung für die Region Trier und ihre unverwechselbare Handschrift, die ihre Produkte weltweit zu einer begehrten Ware machten. Berthold Lorig, der letzte Betriebsleiter der Produktionsstätte, erläutert in einem Abendvortrag am Samstag, 31. Oktober, um 18 Uhr die Materialkunde und Verfahrensweise der Keramikherstellung.  Der Trierer Künstler Ulrich Lebenstedt, einst als Produktdesigner am Werk tätig, beschäftigt an zwei Nachmittagen mit Aspekten der Ausstellung: Am 11. Oktober, 15 Uhr, bietet er eine Führung zu Gestaltungsprinzipien in der Keramikherstellung an, am 15. November, 15 Uhr, spricht er über den Wandel der Keramikherstellung bis zur Schließung des Werks im Jahr 1993. Weitere Infos zur Ausstellung gibt es hier.


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