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Claudia Neumann

Michelin will Trierer Werk schließen - Gewerkschaft kündigt Widerstand an

Trier. Michelin hat heute seine 88 Mitarbeitenden am Standort Trier darüber informiert, die Wulstkernfertigung schrittweise bis Ende 2024 zu schließen.
Michelin-Werk Trier

Michelin-Werk Trier

Bild: Stefan F. Sämmer

Der Standort Trier ist spezialisiert auf die Produktion von sogenannten Wulstkernen für andere Michelin Pkw-Reifenwerke. Der Wulstkern ist ein metallisches Vorprodukt, das den Sitz des Reifens auf der Felge sicherstellt.

In den vergangenen Jahren habe sich der europäische Reifenmarkt deutlich in Richtung importierter Budgetreifen verschoben. Diese Entwicklung führe zu einem Rückgang des Premium-Segments und somit zu einem Rückgang der Nachfrage von Wulstkernen in der Pkw-Reifenherstellung. Die Marktverlagerung hin zu preisgünstigeren Budgetreifen führe zu einer strukturellen Überkapazität und einer Unterauslastung des Standorts Trier. Die Wulstkernfertigung werde schrittweise bis Ende 2024 eingestellt.

Daneben wird Michelin auch die Produktion am Standorten Karlsruhe sowie die Lkw-Neureifen- und Halbfabrikatfertigung in Homburg schrittweise einstellen. 1.410 Mitarbeitende sind insgesamt davon betroffen.

Außerdem soll das Kundenkontaktzentrum mit über 100 Mitarbeitern von Karlsruhe nach Polen verlagert werden

Was bedeutet die Entscheidung für die Mitarbeiter?

"In einem verantwortungsvollen Austausch mit den Sozialpartnern wird Michelin nun mit den betroffenen Mitarbeitenden deren weiteren beruflichen Weg besprechen und ein umfassendes Maßnahmenpaket anbieten. Zu diesem können die Dienste einer Transfergesellschaft ebenso gehören wie Weiterbildungsangebote und das Prüfen interner Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Gespräche mit den Betriebsräten und der Gewerkschaft IGBCE über die Umsetzung der betrieblichen Änderungen sowie mögliche Alternativen für die künftige Nutzung des Standorts werden nun fortgesetzt", teilt Michelin mit.

Industriegewerkschaft IGBCE kritisiert geplante Werksschließungen bei Michelin scharf

"Wir werden die Stellenstreichungen und Werkschließungen nicht so einfach akzeptieren", so Matthias Hille, Konzernbetreuer und Leiter des IGBCE-Bezirks Mainz, zu den heute bekannt gewordenen Schließungs- und Verlagerungsplänen des Reifenherstellers Michelin. Die Beschäftigten seien völlig unter Schock, so Hille.

"Der geplante Kahlschlag ist falsch. Michelin will allein den Profit maximieren und lässt dafür hochengagierte und hochqualifizierte Beschäftigte fallen", kritisiert Hille. "Anstatt in einer Hauruck-Aktion die Werke dicht zu machen, braucht es kluge Strategien, um auf die veränderten Rahmenbedingungen zu reagieren." Er betont: "Wir geben die Standorte nicht auf und werden weiter an Alternativkonzepten arbeiten." Er erwarte, dass sich das Unternehmen an sein Versprechen halte und in den kommenden Wochen und Monaten umsetze, was es angekündigt habe: "den Mensch in den Mittelpunkt stellen und im Dialog mit uns bleiben."

Michelin ist nicht einzige Reifenhersteller, der zurzeit Werkschließungen plant: Auch Goodyear will sein Werk in Fulda komplett schließen und den Standort Fürstenwalde weitgehend abwickeln. Bereits 2025 soll in Fulda Schluss sein. Rund 1050 Menschen verlieren dann ihre Arbeit. In Fürstenwalde sollen schrittweise 700 der insgesamt rund 1000 Stellen bis 2027 wegfallen, die komplette Reifenproduktion. Bereits 2020 hatte der Autozulieferer Conti angekündigt, sein Reifenwerk in Aachen zu schließen. 1800 Menschen waren am Standort beschäftigt, nur einige hundert arbeiten dort zurzeit noch bis Ende 2023, um das Werk abzuwickeln.

In Deutschland gibt es aktuell noch zwölf Reifenwerke. Durch die Pläne von Goodyear und Michelin könnte ein Drittel davon wegfallen - und damit tausende Arbeitsplätze. Begründet haben die Reifenhersteller diese Schritte mit steigendem Wettbewerbsdruck, steigenden Energieosten und Überkapazitäten am Markt.

Für IGBCE-Vorstandsmitglied Francesco Grioli, zuständig für Branchen und Betriebspolitik, sind das keine stichhaltigen Argumente: "Wir erwarten gerade von diesen traditionsreichen Unternehmen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein klares Bekenntnis zu den deutschen Standorten und mehr Einsatz für die Beschäftigten, die oft schon in zweiter oder dritter Generation in den Reifenwerken arbeiten." Er kündigt Widerstand an: "Wir werden um jeden einzelnen Arbeitsplatz kämpfen."


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