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"Motor angesprungen": Regionale Wirtschaft auf Erholungskurs

Der flächendeckende Lockdown im März diesen Jahres hat auch die regionale Wirtschaft hart getroffen. Der von der Industrie- und Handelskammer Trier (IHK) erhobene Konjunkturklimaindex fiel bei der letzten Befragung regionaler Unternehmen Ende Mai von 113 auf 82 Punkte. Jetzt stellte die IHK die Wirtschaftszahlen für den Zeitraum Frühsommer bis Herbst vor. Demnach erholte sich der Index um 20 auf 102 Punkte, liegt damit aber immer noch rund 20 Punkte unterhalb des Durchschnittswertes der vergangenen zehn Jahre. An der Befragung hatten vom 7. September bis 1. Oktober 173 Unternehmen mit insgesamt 17.000 Beschäftigten teilgenommen.
Dr. Jan Glockauer (links) und Dr. Matthias Schmitt bei der Vorstellung des IHK-Konjunkturindikators. Im Hintergrund der Verlauf des Indikators bis zur letzten Erhebung. Foto: Kreller

Dr. Jan Glockauer (links) und Dr. Matthias Schmitt bei der Vorstellung des IHK-Konjunkturindikators. Im Hintergrund der Verlauf des Indikators bis zur letzten Erhebung. Foto: Kreller

"Der Motor ist wieder angesprungen, aber wir müssen darauf achten, dass er nicht wieder abstirbt", warnte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Jan Glockauer anlässlich der Vorstellung der IHK-Wirtschaftsdaten am Donnerstag. Glockauer plädiert für "sinnvolle Maßnahmen"  bei der Abwägung von wirtschaftlichen Interessen und dem Gesundheitsschutz. Statt eines flächendeckenden Lockdowns solle zukünftig lokal und regional auf steigende Infektionszahlen reagiert werden. "Eine Wiederholung wäre für die Wirtschaft nicht auszuhalten", unterstrich IHK-Chefvolkswirt Matthias Schmitt. Besonders begrüßt die IHK die Regelungen mit dem derzeit als Risikogebiet eingestuften Luxemburg, deren Staatsbürger sich ohne Nachweis eines negativen Coronatests 24 Stunden in Deutschland aufhalten dürfen. Kritisch sieht die IHK die bereits beschlossenen Binnenbegrenzungen, die vor allem in der regionalen Tourismusbranche angesichts bevorstehender Herbstferien für Verunsicherung sorgen. Hier müsse täglich Risikoeinschätzungen neu getroffen und bei guter Entwicklung Einschränkungen zurückgenommen werden.

Unsicherheiten bleiben

Viele Unternehmen verzeichneten krisenbedingt weniger Geschäftstätigkeit. Von den befragten Firmen sehen sich nun 31 Prozent wieder auf oder über Vorkrisenniveau, 22 Prozent erwarten die Rückkehr erst wieder im zweiten Halbjahr 2021. Immerhin 14 Prozent der Unternehmen erwarten eine entsprechende Erholung erst für die Zeit nach 2021. Mit 19 Prozentpunkten auffallend hoch sind die Betriebe, die im Befragungszeitraum keine Einschätzung hinsichtlich der Entwicklung ihrer Geschäftstätigkeit abgeben können. Insgesamt meldete die Wirtschaft bessere Erwartungen zurück als noch im Frühjahr: 36 Prozent der Unternehmen verzeichneten gute Geschäfte, 43 Prozent befriedigende und 21 Prozent schlechte. Lag der Saldo aus Positiv- und Negativmeldungen im ersten Quartal noch bei -5, so ergibt sich nun ein Wert von +15 Prozentpunkten. "Die Geschäftslage der Unternehmen hat sich seit dem Frühjahr deutlich verbessert", so Glockauer. "Aber es bleibt wegen Corona Unsicherheit bei den Betrieben hinsichtlich konjunktureller Perspektiven bestehen."

Industrie vor Handel

 Am schlechtesten sei derzeit das Konjunkturklima im Handel. "Das hängt insbesondere mit den negativen Geschäftserwartungen zusammen: Vier von zehn Kaufleuten sind für die kommenden zwölf Monate pessimistisch gestimmt", so Schmitt. Besonders dramatisch sieht es im Einzelhandel bei den Bekleidungsgeschäften aus, die einen deutlichen Rückgang im zweistelligen Prozentbereich zu verkraften haben. Durch den Lockdown und den danach zunächst eher verhaltenen Konsum mussten viele Geschäfte ihre Frühjahrskollektionen abschreiben, berichtet Glockauer. Große Hoffnungen setze der Handel auf das Weihnachtsgeschäft. Positiver gestaltet sich die Situation im Industriebereich. Im verarbeitenden Gewerbe bewege sich die Kapazitätsauslastung wieder im saisonalen Durchschnitt. Spitzenreiter sei hier die Baubranche. Auch sei der Auftragseingang wieder stabil. "Achillesverse des verarbeitenden Gewerbes bleibt die Außenwirtschaft. Die Auslandsaufträge haben im Sommer weiter abgenommen und die Exporterwartungen für die kommenden zwölf Monate sind mit einem dicken Minuszeichen versehen", kommentiert Schmitt. Die entscheidende Botschaft sei, so Glockauer, dass es der regionalen Wirtschaft verglichen mit allen vorherigen Prognosen nicht schlecht geht. Aus den aktuell erhobenen Daten lässt sich eine V-Förmige und damit posititve Entwicklung ablesen. Ob sich dieses "V" weiterentwickelt oder zu einer "Wurzel" oder "W" tendiert, wird die nächste Erhebung zeigen, deren Vorstellung für Januar 2021 geplant ist. (JK)


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