Noch erscheint ein rotes Fähnchen im südwestlichen Teil der Deutschlandkarte auf der offiziellen Internetpräsenz der Gesellschaft Jesu (jesuiten.org) unter dem Menüpunkt "Wo wir sind". Doch das wird sich bald ändern: Ende des Jahres werden die Jesuiten Trier verlassen – und das nicht zum ersten Mal. Mit einem Gottesdienst am Freitag, 7. Dezember, wird Bischof Dr. Stephan Ackermann den Orden aus der Stadt und aus dem Bistum verabschieden.
Die Geschichte der Jesuiten in Trier ist eine lange und ereignisreiche – und hat unzählige Spuren in der Stadt sowie im ganzen Bistum hinterlassen. Manchmal sind sie offensichtlich: etwa in den Namen der Jesuitenkirche. Häufiger braucht es einen zweiten Blick, um die Überreste jesuitischen Einflusses im heutigen Trier zu entdecken.
Ihr Wirken vor Ort begann im Jahre 1560, als der Trierer Erzbischof die Jesuiten "zur Festigung der Religion" nach Trier rief. Die folgenden Jahre bis zur Zeit der Aufklärung zeichneten sich durch vorwiegend stabile Beziehungen zwischen der Ordensgemeinschaft und den Trierer Kurfürsten aus. Überliefert ist für diese Zeitspanne lediglich ein einziger Zwist: Während des Dreißigjährigen Krieges, im März 1635, sind die spanischen Truppen im Begriff, in Trier einzumarschieren. Deshalb weist der damalige Erzbischof die Jesuiten an, ihre Bildungsanstalten zu schließen. Die Ordensleute jedoch weigern sich, dem Befehl Folge zu leisten. Als Orden "päpstlichen Rechts" konnten sie sich das herausnehmen.
Erziehung und Bildung als Hauptaufgabe
Die Erziehung und Bildung junger Menschen war von Beginn an eine der Hauptaufgaben und -anliegen des Ordens. Der Historiker Bertram Resmini stellt pointiert fest, dass "die Geschichte des höheren Schulwesens in Kurtrier bis 1773 weitgehend identisch mit der Geschichte der Jesuitenniederlassung in der Diözese ist".
"Miez" gegründet
Denn im Laufe der Zeit gründeten die Jesuiten in Trier mehrere Schulen sowie die erste Universität und setzten darüber hinaus ein damals völlig innovatives Konzept in die Tat um: Kurze Zeit, nachdem sie in Trier Fuß gefasst hatten, gründeten sie die Marianische Jünglings-Congregation (MJC) – den Trierer Kindern, Jugendlichen und Studierenden wohl besser bekannt als "die Miez" – lange in der Dietrichstraße, seit den siebziger Jahren im Mergener Hof in der Rindertanzstraße. Die MJC führte damals schon mit ihrem Jugendzentrum Jugendliche aus allen gesellschaftlichen Schichten zusammen. Heute orientiert sich der Verein an einem Leitbild, das kurz vor der Jahrtausendwende verabschiedet wurde. Er beruft sich bis heute ausdrücklich auf die ursprüngliche Verbindung von Bildung und christlicher Orientierung, wie die Jesuiten sie angestrebt hatten. Erst Anfang der 1990er Jahre schieden die Trierer Jesuiten aus der Jugendarbeit aus. Ihre Idee eines Begegnungsortes für junge Menschen in Trier, an dem die Herkunft keine Rolle spielt, lebt aber weiter und wird tagtäglich neu in die Tat umgesetzt.
Dass auch die "Marianische Bürgersodalität" noch heute besteht und inzwischen in der Welschnonnenkirche zu Hause ist, sei wenigstens am Rande erwähnt. Die Jesuiten hatten sie schon 1610 gegründet.
Herbe Rückschläge
Zwischenzeitlich musste der Orden herbe Rückschläge erleiden. 1773 hob Papst Clemens XIV den Orden auf, woraufhin das gesamte Vermögen der Trierer Niederlassungen inventarisiert und ihre Häuser aufgelöst wurden. Bemerkenswerterweise sollten aber vorerst weder die Lehrtätigkeit noch die Gottesdienste behindert werden. Im Gegensatz zu anderen Niederlassungen in der näheren Umgebung – wie etwa Koblenz – verblieben die meisten der damals 35 Patres und 18 Laien-Brüder im Schuldienst, einige waren noch mehrere Jahre im Priesterseminar und an der Universität tätig.
Etwa eine Generation später, im Jahr 1814, wurde der Orden durch Papst Pius VII wiederhergestellt; knapp 40 Jahre danach siedelten sich auch in Trier wieder drei Patres und ein Bruder an. Zwei Jahre lang bewohnten sie eine kleine Wohnung in der Krahnenstraße, bis sie von ihrem Provinzial (Leiter einer Ordensprovinz) wieder abberufen wurden. Vertreten waren die Jesuiten aber weiterhin im Bistum, nämlich seit 1855 in Koblenz und seit 1863 in Maria Laach.
"Blütezeit für Weltmission" und "Jesuitengesetz"
Es folgte eine "Blütezeit für Weltmission", die durch inneres wie äußeres Wachstum gekennzeichnet war. Diese auch für die "Societas Jesu" segensreiche Zeit nahm aber bereits im Jahre 1872 ein jähes Ende. Im Zuge des Kulturkampfes verhängte Bismarck das sogenannte "Jesuitengesetz"; es erklärte die Mitglieder des Ordens zu Reichsfeinden, die das Land verlassen mussten. Ausgerechnet während des Ersten Weltkriegs wurde dieses Gesetz endgültig aufgehoben. Von nun an wuchs die Mitgliederzahl auch in Deutschland schnell wieder an. Teil dieses Wachstums waren die Neugründung der Trierer Jesuitenniederlassung und der Bezug des Ignatiushauses in der Dietrichstraße im Jahre 1919.
Ignatiushaus durch Bombenangriffe beschädigt
Doch bereits 16 Jahre später, im April 1935, erging der Geheimbefehl der Gestapo, die Predigten der Jesuiten besonders sorgfältig zu verfolgen. Das generelle Verbot katholischer Jugendvereine vom November 1937 traf auch die Marianische Schülerkongregation MJC, die vier Jahre zuvor erst wieder aufgeblüht war. Während des Zweiten Weltkrieges blieben die Jesuitenhäuser im Bistum Trier zwar verschont von Räumungen durch die Gestapo. Das Ignatiushaus wurde aber 1944 durch Bombenangriffe so stark beschädigt, dass die Brüder es kurz vor Weihnachten verlassen mussten. Nur ein Pater blieb in der zerbombten Stadt zurück, um die Barmherzigen Brüder zu unterstützen. Nachdem die amerikanischen Truppen Trier eingenommen hatten, kehrten sie jedoch nach und nach zurück und feierten die Neubelebung der Schülerkongregation, die Präses Pater Peus SJ während der vergangenen Jahre trotz Verbotes heimlich weiterbetreut hatte. Neben der Jugendarbeit kümmerten sich die Patres seit den 50er Jahren vorwiegend um die Beicht- und Krankenhausseelsorge sowie um die Volksmissionen und waren als Spirituale (geistlicher Begleiter, geistlicher "Coach") im Priesterseminar tätig.
Nur noch drei Jesuiten übrig geblieben
Übrig geblieben sind nach dem Tod von Superior Pater Siegmund Pawlicki im April dieses Jahres nur noch drei Jesuiten. Nach Koblenz (2003) und Saarlouis (2007) schließt jetzt auch das Trierer Ignatiushaus in der Dietrichstraße seine Pforte – und das nur ein Jahr vor seinem 100-jährigen Jubiläum und 458 Jahre nach der ersten Ansiedlung der Gesellschaft Jesu in der "Sancta Treviris".
RED