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Neue Ausstellung: "Kitsch für Anfänger und Fortgeschrittene"

Mit der Ausstellung "Kitsch für Anfänger und Fortgeschrittene" des Künstlers Christoph Napp-Zinn beginnt der Ausstellungsreigen im neuen Jahr in der Galerie Palais Walderdorff. Die Ausstellung wird am 6. Januar um 19.30Uhr eröffnet, anschließend findet der traditionelle Neujahrsempfang der Gesellschaft im Foyer vor der Galerie statt.
Foto: FF

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Christoph Napp-Zinn (geb. 1955 in Stuttgart) fotografiert vertraute, alltägliche Dinge wie Räume, Gebrauchsgegenstände, Schmuck, Pflanzen und Lebensmitte mit der Absicht, durch die Wahl der Perspektive, der Anordnung und der Komposition eine Aussage zu spezifischen formalen und farblichen Eigenschaften der Objekte zu treffen. Die Dominanz dieser Eigenschaften ist beabsichtigt, da es ihm weniger um die Motive selbst als um unsere Wahrnehmung und Identifizierung ihrer Erscheinung geht. Napp-Zinn versteht sich als Kunstvermittler und betont daher gerne, dass sein Hauptberuf der des Kunsterziehers ist. Aber auch als Künstler vertritt er bevorzugt die Rolle des Vermittlers.

"Betreutes Sehen"

Im Zusammenhang mit seinem neuen Projekt zitiert Napp-Zinn gerne den Begriff des 'betreuten Sehens'. "Auf Grund der Bilderflut, der wir heutzutage ununterbrochen ausgesetzt sind, haben wir verlernt, genauer hinzuschauen. Die Umstände zwingen uns, in kürzester Zeit Dinge zu deuten und zu verarbeiten, ohne uns bewusst zu werden, welche Eigenschaften oder Details es sind, die uns helfen, unsere Umgebung optisch zu identifizieren." Anstatt aber durch seine Arbeiten Ruhepole zu bieten, treibt Napp-Zinn durch Achsenspiegelungen, Drehungen und Wiederholungen von Ausschnitten seiner Motive die Wahrnehmungsbelastbarkeit des Betrachters an ihre Grenzen: Formale und farbliche Elemente des Motivs treten derartig in den Vordergrund, dass Inhalt und ursprüngliche Bedeutung beinahe oder völlig verloren gehen. Es entstehen – abgesehen von ihrem objekthaften Ursprungs – ungegenständliche Gebilde aus neuen Form- und Farbzusammenhängen.

"Kitsch hoch drei"

Napp-Zinn hat sie in seinem Bildband schlicht als "Kitsch hoch drei" tituliert, nicht im Sinne von etwas "dümmlich Tröstendes" (Adorno), sondern im Sinne der Gestaltungstheorie, wenn eine übertrieben aufwendige Gestaltung nicht mehr mit dem Inhalt ihrer Form übereinstimmt. "Mein tatsächlicher Adressat ist daher der 'Fortgeschrittene'. Dieser begnügt sich nicht mit der ästhetisierten Oberfläche und beginnt stattdessen, in den Formen nach deren Ursprüngen zu suchen. Er entwickelt ein Bedürfnis, das Konstrukt zu entflechten, um nach Möglichkeit den Ausgangspunkt zu rekonstruieren und entdeckt dabei im klassischen Sinne die Charakteristika des dargestellten Objekts: Form, Farbe, Licht, Proportion…"

"Das große Einmaleins"

In einer weiteren Arbeitsreihe mit dem Titel "Das große Einmaleins" beschäftigt sich Napp-Zinn mit dem Gedanken, ob in der Abbildung eines Motivs die gleichen Gesetze zutreffen wie in den Naturwissenschaften: ergibt sich aus der Addition zweier identischer Hälften eines Bildes ein Ganzes und, wenn ja, entspricht es dem Ursprungsbild? Dazu teilt er alltägliche Dinge vertikal in zwei Hälften und setzt sie achsensymmetrisch gespiegelt wieder zusammen. Die Ergebnisse werde anschließend auf gleiche Weise noch einmal horizontal geteilt und zusammengefügt, so dass neben dem Original insgesamt acht neue Ansichten entstehen, die sich in der Regel auffallend voneinander unterscheiden und veranschaulichen, dass in der Kunst andere Regeln gelten als in der Mathematik. So sieht man auf einer Arbeit neun verschiedene Formen, die sich aus der Verarbeitung einer Birne ergeben haben und liest darunter den Titel "eine ganze Birne plus vier mal zwei Hälften plus vier mal vier Viertel sind neun Birnen.älften plus Hä".


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