Jan Kreller

Rettung für einen "magischen Ort" in Konz?

In Konz-Berendsborn wehrt sich eine Bürgerinitiative gegen die Pläne der Stadt Konz, im Ortsteil ein neues Baugebiet auszuweisen.

Machen deutlich, was Ihnen wichtig ist, v.l.: Peter Hansen, Martina Wehrheim, Natalie Luckner, Ulf Rosche und Tanja Molter von der BI Berendsborn.

Machen deutlich, was Ihnen wichtig ist, v.l.: Peter Hansen, Martina Wehrheim, Natalie Luckner, Ulf Rosche und Tanja Molter von der BI Berendsborn.

Bild: Robert Herschler

Wer in diesen Sommertagen das im Süden der Stadt Konz gelegene Wohngebiet Berendsborn südlich Richtung Filzer Kupp verlässt, der wird sich, sofern er diesen Ort nicht kennt, die Augen reiben: Dort grast für einige Wochen im Jahr in direkter Nähe zu den Wohnhäusern eine große Herde Schafe auf einer weiten Wiesenfläche, die im Kontrast zu der gerade verlassenden urbanen Landschaft den idyllischen Eindruck fast völlig unberührter Natur macht. Diese »Wiese«, wie sie von den Menschen der Bürgerinitiative Berendsborn genannt wird, soll nach den Plänen der Stadt Konz in einigen Jahren einem Neubaugebiet weichen, denn »die Nachfrage nach Bauland ist aktuell sehr groß«, wie Susanne Nenno, Pressesprecherin der Stadt Konz auf Nachfrage erklärte. Deshalb habe »die Stadt die Flächen (rund neun Hektar) im Bereich Berendsborn gekauft.« Ziel sei es »dort ein Neubaugebiet zu entwickeln, um jungen Familien den Wunsch nach einem Eigenheim zu ermöglichen.« Konkreter seien die Pläne noch nicht. Alles Weitere – zum Beispiel die Art der Bebauung und ein Konzept für die die Verkehrsführung – wären erst die nächsten Schritte. Der Rat habe derzeit noch keinen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst.

 

»Wohnraum nicht nur für Reiche schaffen«

 

Für Peter Hansen, Martina Wehrheim, Anja und Ulf Rosche, die Mitte 2021 die Bürgerinitiative gründeten, war diese Planungslage der Stadt kein Grund die Hände in den Schoß zu legen. Sie wollten früh genug etwas dagegen unternehmen und fanden schnell tatkräftige Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die aus verschiedensten Gründen das Neubaugebiet komplett oder in einer bestimmten Form verhindern wollen. So ist Ulf Rosche, Mitglied der Partei der Linken und des Stadtrates, grundsätzlich einverstanden damit, dass Wohnraum für junge Familien entsteht. »Hier wird jedoch keiner für Bedürftige geschaffen, sondern die Möglichkeit für die, die es sich leisten können, ihren Wohnraum zu verbessern. Das ist kein ausreichender Grund, um einen Naturraum zu zerstören«, sagt Rosche. Er plädiert stattdessen für die Einführung eines Leerstandsregisters und die Förderung von Wohnraumverdichtung in den bestehenden Wohngebieten, wo er und andere aus seiner Gruppe »viel Kapazität durch Leerstand« festgestellt habe. Tanja Molter, die zu der rund zehnköpfigen Planungsgruppe der Bürgerinitiative gehört, und mit ihrer Familie »sehr nahe an der Wiese« wohnt, berichtet hingegen von den jetzt schon bestehenden infrastrukturellen Problemen, die sich allmorgendlich im stockenden Berufsverkehr Richtung Konz-Innenstadt ausdrücken. Sie befürchtet einen kompletten Verkehrs-Kollaps, wenn so viele neue Menschen in den Berendsborn zögen. »Und wo sollen die ganzen Kinder untergebracht werden? Wir haben hier jetzt schon Probleme mit den bestehenden Kitas«, sagt sie. Einen ersten Erfolg können sie schon jetzt vorweisen: Das nötige Quorum von 833 Stimmen habe die Bürgerinitiative erreicht.

 

Weidewiese für 800 Schafe

 

Die Perspektive der Kinder ist auch für Natalie Luckner, ausgebildete Natur- und Erlebnispädagogin, wichtig: »Ich lebe mit meinem Mann und unseren beiden Kindern seit 2013 im Berendsborn. Wir haben wie viel andere Familien hier ein altes Haus gekauft und saniert und gehören damit zu einer Generation jüngerer und umweltbewusster Menschen, die lieber auf den Erhalt und die nachhaltige Modernisierung bestehender Gebäude setzen, weil wir angesichts des bedrohlichen Klimawandels an die Zukunft unserer Kinder denken.« Und wenn sie die »Wiese« sieht, wird die naturverbundene Neu-Konzerin kämpferisch: »Wenn ich erlebe, wie sehr sich meine Kinder schon in jungen Jahren sorgenvoll mit dem Klimawandel und anderen menschengemachten Krisen beschäftigen, dann möchte ich alles dafür tun, dass ihnen wenigstens vor der Haustür die Möglichkeit erhalten bleibt, sich mit der Natur zu verbinden. Ich will meine Kinder stärken und dabei hilft dieser magische Ort.« Martina Wehrheim von den Grünen nennt noch Punkte, die aus ihrer Sicht für den Erhalt der »Wiese« sprechen wie beispielsweise die Warnung vor Flächenversiegelung oder das Wahren von Arten- und Naturschutz. Ein ganz spezielles Anliegen hat Wanderschäferin Lisa Vesely. Denn seit rund 25 Jahren kommt sie mit ihrer Mutter und den rund 800 Mutterschafen zwei- bis dreimal im Jahr für einige Wochen hierhin, damit ihre Tiere ausreichend zu fressen haben. Auf die Frage, was sie von den Plänen der Stadt hält, antwortet die gelernte Schäfermeistern freimütig: »Wir arbeiten seit Beginn an sehr einvernehmlich mit der Stadt zusammen. Diese Leute sind immer sehr nett zu uns. Aber in ganz Deutschland gehen jedes Jahr immer mehr Weideflächen verloren und dabei wird vergessen wie wichtig Schafe für das gesamte Ökosystem sind.« Die Stadt Konz hat angekündigt, das Anliegen der Bürgerinitiative »formell und inhaltlich zu bewerten und in den politischen Abwägungsprozess zur Erweiterung der Siedlungsfläche einfließen zu lassen.«

(rh)


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