Claudia Neumann

Sind Roboter die künftigen Ärzte?

Trier. Der renommierte Mediziner aus Trier, Prof. Dr. med. Horst-Peter Becker a.D., sprichtüber Chancen und Grenzen roboterassistierter Operationen.
Prof. Dr. med. Horst-Peter Becker ist Chirurg und Gesundheitsökonom. Im Rahmen der Zu-Tech-Trier hat er über die technische Faszination der robotergesteuerten Chirurgie gesprochen.

Prof. Dr. med. Horst-Peter Becker ist Chirurg und Gesundheitsökonom. Im Rahmen der Zu-Tech-Trier hat er über die technische Faszination der robotergesteuerten Chirurgie gesprochen.

Bild: Edith Billigmann

»Ob er sich selbst von Robotern operieren lassen würde?«, fragen wir den renommierten Mediziner, Prof. Dr. med. Horst-Peter Becker a.D., der im Rahmen der Zu-Tech-Trier Einblicke in die Medizintechnik der Zukunft gegeben hat. Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten. »Ja«, sagt er prompt, »aber der Chirurg müsste schon über eine entprechende Erfahrung verfügen.« Überhaupt räumt er mit dem Begriff Roboter auf. »Es handelt sich um ein technikgesteuertes System, das dem Chirurgen eine exakte mechanische Zuarbeit garantiert«, korrigiert er den von Laien oft irrtümlich verwendeten Begriff.

Der Gedanke, von einem Roboter operiert zu werden, ist gewöhnungsbedürftig. Wie müssen wir uns das vorstellen?

Prof. Becker: Zunächst einmal muss man die Begrifflichkeit Roboter klären. Korrekt müsste es Telemanipulator heißen, weil der Chirurg an der Konsole sitzt und das System über ein exzellentes Videosystem bedient. Heißt: Wir werden auch in Zukunft immer noch von Chirurgen operiert. Im Übrigen wird die Technik ja heute schon in vielen Bereichen angewandt.

Wo zum Beispiel?

Prof. Becker: Zum Einsatz kommt die Technik derzeit bevorzugt in der Bauchchirurgie und Urologie, und hier insbesondere bei komplexen Operationen. In der Präzision der Bewegungen und der Genauigkeit ist die Technik dem Arzt überlegen. Sehr gute Erfahrungen hat man bei Darmresektionen und Eingriffen bei Leber, Magen und Bauchspeicheldrüse gemacht. Das Brüderkrankenhaus in Trier bietet seit sechs Monaten derartige OPs in der Bauchchirurgie und in der Urologie an und hat damit sehr gute Erfolge verzeichnet. Sie stehen der Robotik in der Medizin positiv gegenüber.

Welche Chancen sehen Sie?

Prof. Becker: Der eigentliche Fortschritt ist das schonendere Operieren mit einem stark verkleinerten Operationsschnitt, verbunden mit einer anschließenden Schmerzreduktion für den Patienten. Die OP ist insgesamt mit weniger Risiko behaftet, weil das Videosystem eine bessere Sicht ermöglicht. Weniger Risiko, weniger Schmerzen für den Patienten - das sind für mich die ausschlaggebenden Gründe, diese Art der technikaffinen Chirurgie rundum zu befürworten.

Warum zögern viele Kliniken, in die Technik zu investieren?

Prof. Becker: Die Gründe liegen in der Ökonomie. Das technische System ist weitgehend ausgereift, wird aber nicht weit verbreitet angewandt, weil die Anschaffung für die Kliniken schlichtweg zu teuer ist. Denn das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist nicht stimmig: Auf der einen Seite haben wir hohe Investitions- und Betriebskosten mit zufriedenen, weil schmerzfreien Patienten, auf der anderen Seite reicht das Krankenhausbudget nicht aus, weil die Operationen nur in Teilen vergütet werden.

In welchem Rahmen bewegen wir uns hinsichtlich der Investitionskosten?

Prof. Becker: Bei etwa zweieinhalb bis drei Millionen Euro, je nach Ausstattung.

Wie könnte man Abhilfe schaffen?

Prof. Becker: Durch eine konsequente Nutzung der technischen Systeme. Wenn man die Logistikzeiten verkürzt und die Expertise der Operateure steigert, dann wird auch die Frequenz der Eingriffe zunehmen. So könnten auch die Kosten entsprechend gegengerechnet werden. Darüber hinaus lässt sich im Hinblick auf Marketing eine Klinik mit der besten Technik sehr gut bewerben.

Würden Sie sich von einem Roboter operieren lassen?

Prof. Becker: Ja, sofern der behandelnde Chirurg auch über die notwendige Expertise verfügt. Denn auch hier gilt immer noch die bewährte Frage des Patienten an den Arzt: Wie oft haben Sie diese OP bereits durchgeführt?

(Interview: E. Billigmann)

Das Interview entstand im Rahmen der Zu-Tech-Messe in der vergangenen Woche. Über 30 Aussteller aus unterschiedlichsten Branchen haben sich auf der Technikmesse im kreiseigenen Balthasar-Neumann-Technikum (BNT) in Trier vorgestellt und präsentierten innovative Zukunftstechnologien, wie etwa die jüngsten Errungenschaften im Bereich der Robotik und Künstlichen Intelligenz. Neben den Ausstellungen fand außerdem ein vielfältiges Angebot an Fachvorträgen statt. Fotostrecke zur Messe


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