Claudia Neumann

"Tätern keine Bühne geben"

Trier. Soll Till Lindemann, der gerade im Mittelpunkt eines Skandals rund um Machtmissbrauch steht, im November in der Trierer Arena auftreten dürfen?
Rammstein-Frontmann Till Lindemann tritt solo am 20. November in er Trierer Arena auf

Rammstein-Frontmann Till Lindemann tritt solo am 20. November in er Trierer Arena auf

Bild: photomos

Mehrere Frauen werfen Rammstein-Frontmann Till Lindemann übergriffiges Verhalten vor. Es geht um Machtmissbrauch und den mutmaßlichen Einsatz von Betäubungsmitteln.  Nach den Vorwürfen der vergangenen Tage ermittelt nun auch die Berliner Staatsanwaltschaft.

Die Trierer Grünen unterstützen die Position des Frauennotruf Trier und der Feministischen Vernetzung Trier, die eine Absage des Lindemann-Konzerts am 20. November in der Arena Trier fordern.

Die Pressemitteilung der Trierer Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zum Konzert von Till Lindemann im November 2023 in Trier im Wortlaut:

"Tätern keine Bühne geben

In den vergangenen Tagen sind die Forderungen, das Konzert von Till Lindemann am 20. November 2023 in der Arena in Trier abzusagen, immer lauter geworden. Unter anderem haben die Feministi-sche Vernetzung und der Frauennotruf Trier hierzu eine Mailaktion gestartet. Wir als Fraktion Bünd-nis 90/die Grünen unterstützen die darin enthaltenen Forderungen ausdrücklich.

Die zahlreichen Berichte verschiedenster Frauen lassen unserer Ansicht nach keinen anderen Schluss zu, als davon auszugehen, dass Till Lindemann in einem erschreckenden Ausmaß systema-tisch an Frauen und minderjährigen Mädchen sexuelle Gewalt ausgeübt hat und dies von vielen unterstützt und teilweise sogar gefördert wurde. Neben der strafrechtlichen Verurteilung, die noch aussteht, ist diese systematische sexuelle Gewalt bereits jetzt politisch und moralisch zu verurteilen.

Wir begrüßen es, dass nun der Einsatz von Awareness-Teams breiter diskutiert und die Notwendig-keit solcher Teams nun auch in der Musikbranche stärker erkannt wird. Allerdings teilen wir hier die Ansicht der Initiator*innen der Mailaktion, dass ein Awareness-Team nicht dazu da ist, die Besuche-rinnen vor dem auftretenden Künstler zu schützen. Ein Awareness-Konzept kann nur funktionieren, wenn alle Beteiligten der Veranstaltung dahinterstehen - das ist hier offensichtlich nicht der Fall.

Wir sind uns als Stadtratsfraktion natürlich der vertraglichen Zwänge der MVG Trier gegenüber dem Konzertveranstalter Popp Concerts bewusst und appellieren daher an die jeweiligen Organisa-tor*innen, Mittel und Wege zu erörtern, wie auf die Durchführung des Konzerts verzichtet werden kann. Wir als Stadtratsfraktion werden die jeweiligen Organisator*innen hierbei mit all unseren Möglichkeiten unterstützen. Sollte die Durchführung des Konzerts aus vertraglichen Gründen für die MVG Trier und die Stadt nicht verhindert werden können, so sehen wir die Notwendigkeit entsprechender Informationsveranstaltungen im Vorfeld und vor Ort am Veranstaltungstag."

Die Pressemitteiling des Frauennotruf Trier und der Feministischen Vernetzung Trier im Wortlaut:

"Der Frauennotruf Trier und die Feministische Vernetzung Trier fordern die Absage des Lindemann-Konzerts am 20. November in der Arena Trier

In den vergangenen Wochen sind zahlreiche, nachgewiesene Vorwürfe gegen den Sänger Till Lindemann, seine Band Rammstein und sein Tourmanagement wegen organisierter und ritualisierter Sexualisierter Gewalt erhoben worden. Betroffene Frauen berichteten von nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen, den Einsatz von Drogen, um sie gefügig zu machen und systematischer Auswahl der unfreiwilligen Sexualpartnerinnen im Vorfeld der Konzerte, sowie anschließender Machtlosigkeit gegenüber allen Beteiligten.

Nicht nur, dass Lindemann und Rammstein zu den Vorwürfen schweigen - Lindemann tourt in diesem Jahr weiterhin durch Europa und soll auch am 20. November in der Arena Trier auftreten. Das Management der MVG Trier als Betreiberin der Arena sowie Popp Concerts als Veranstalter veröffentlichten nach Bekanntwerden der Vorwürfe ihre Überlegungen zu angedachten Sicherheitsmaßnahmen für dieses Konzert. Unter anderem soll ein "bereits an Fastnacht erprobtes Awarenesskonzept" erneut zum Einsatz kommen.

Da besagtes Awareness-Konzept durch das gemeinsame Projekt "Save the night! - Awareness im Nachtleben von Trier" von Frauennotruf und Feministischer Vernetzung umgesetzt wurde und die Ankündigung betreffender Sicherheitsmaßnahmen durch MVG und Popp Concerts nicht mit den Organisationen abgesprochen wurde, machen diese nun deutlich, dass es kein Awareness-Angebot von "Save the night!" geben und unter diesen Umständen auch eine weitere Zusammenarbeit mit der MVG und Popp Concerts neu verhandelt werden muss.

"Wie soll ein Awarenessangebot, das auf die Unterstützung Betroffener in entsprechenden Schutzräumen angewiesen ist, an einem unsicheren Ort umgesetzt werden?" kritisiert eine Sprecherin des "Save the night!"-Projekts. "Auf einer Veranstaltung zu arbeiten, wo Täter freie Bühne haben, ist mit der feministischen und parteilichen Grundhaltung von Awareness-Arbeit nicht vereinbar" so die Sprecherin weiter.

Auch die Mitarbeiterinnen vom Frauennotruf Trier äußern Kritik am geplanten Auftritt und der Rolle der Veranstaltenden: "Welches Signal sendet die Arena Trier an alle Betroffenen von sexualisierter Gewalt, wenn Lindemann auftreten darf? Richtig: Ihr Schutz ist egal, solange der Täter die Kasse zum Klingeln bringt und ihre Gewalterfahrungen werden nicht ernst genommen!"

Daher fordern der Frauennotruf Trier und die Feministische Vernetzung Trier, dass das Lindemann-Konzert in der Arena am 20. November abgesagt wird und betonen nochmals, dass es bei einer solchen Veranstaltung kein wirksames Awareness-Angebot geben kann!"

Ihre Meinung zum Thema: red-trier@tw-verlag.de


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