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Tiere im Weihnachtscircus: Emotionen kochen hoch

Vom 22. Dezember bis zum 3. Januar gastiert der Trierer Weihnachtscircus wieder im Messepark in den Moselauen. Mit dabei ist auch Europas größtes und artenreichstes Exoten-Tableau. Bereits vor der Premiere gibt es hitzige Diskussionen über den Einsatz von Tieren im Circus.

Antilopen, Watussirinder, ein schottisches Hochlandrind, Bison, Büffel, Kamele, Lamas, Esel, afrikanische Strauße und andere Tiere werden in der Manege zu sehen sein. Bereits vor der Premiere am 22. Dezember schlagen die Emotionen hoch: Die Grünen haben im Trierer Stadtrat einen Antrag gestellt und möchten die Auftritte von Tieren im Zirkus verbieten lassen. Oliver Häberle, Produktionsleiter des Trierer Weihnachtscircus, hat in einem offenen Brief an die Stadt Stellung zum Antrag der Grünen bezogen.

Antrag der Stadtratsfraktion der Grünen

Der Stadtrat wolle beschließen:  Zirkusse, die Wildtiere halten, wird keine Auftrittserlaubnis auf öffentlichen Flächen der Stadt Trier gestattet. Anträge auf eine Auftrittserlaubnis sind abzulehnen. Bereits bestehende Verträge werden nach Ablauf nicht verlängert.  Zu den genannten Tieren, die in einer Negativliste zusammenzufassen sind, gehören:  -        Menschenaffen und alle weiteren Primaten -        Tümmler -        Delfine -        Greifvögel -        Flamingos -        Pinguine -        Nashörner -        Wölfe -        Giraffen -        Elefanten -        Bären -        Groß- und Kleinkatzen -        Rinder -        Pferde -        Esel -        Zebras -        Kamele -        Andromedas -        Lamas -        Robben -        Schlangen -        Krokodile und Alligatoren -        Vogelstrauße -        Büffel -        Bisons -       Antilopen Begründung:  Das Mitführen, Dressieren und Zurschaustellen von Tieren ist nach heutigen Erkenntnissen für viele Tierarten schädlich. Fehlende Möglichkeiten zum Ausleben des natürlichen Sozialverhaltens, mangelnde Bewegungsmöglichkeiten aufgrund beengter und nicht tiergerechter Unterbringung und quälende Dressurmethoden widersprechen der gesetzlichen Verpflichtung, dass keinem Tier ohne vernünftigen Grund Leid zugefügt werden darf.  Aus diesem Grund gestatten viele europäische und außereuropäische Länder mittlerweile keinerlei Auftritte von Zirkussen mit Wildtieren mehr. Mangels bundesgesetzlicher Regelungen haben in Deutschland bereits viele Kommunen die Initiative ergriffen und gestatten auf Ihren öffentlichen Flächen keine Auftritte solcher Zirkusse mehr, u.a. Baden-Baden, Düsseldorf, Erlangen, Heidelberg, Köln, München, Neustadt an der Weinstraße, Speyer, Stuttgart und Worms. Auch in Idar-Oberstein wurde in diesem Jahr ein solches Verbot beschlossen.  Der Bundesrat hat bereits mehrmals, zuletzt am 25.11.2011 (BR-DRS 565/11), die Bundesregierung aufgefordert, ihm unverzüglich eine Rechtsverordnung gem. § 13 Abs. 3 S. 1 TierSchG zuzuleiten, die das Halten von Tieren bestimmter wild lebender Arten in Zirkusbetrieben verboten wird. Begründet wird dies mit der (im Vergleich zu domestizierten Arten) geringen Anpassungsfähigkeit an die Haltungsbedingungen, mit Belastungen bei Transport, Unterbringung und Dressur. Dem können die Betriebe auch durch strenge Anforderungen nicht gerecht werden.  Urteilen der Verwaltungsgerichte in Darmstadt und Chemnitz, die kommunale Verbote für nicht rechtmäßig erklärten, weil sie eine Einschränkung des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses darstellten und einen Eingriff in die Berufsausübung darstellten, widerspricht der Landesbeauftragte für Tierschutz des Landes Baden-Württemberg.  So könne eine Kommune entscheiden, wie öffentliche Flächen genutzt werden, solange sie sich an das Willkürverbot und das Verhältnismäßigkeitsprinzip halte. Dies ist gegeben, betrachtet man die oben beschriebenen Schäden, die die Tiere bei Auftritten, Transport und Dressur nehmen können. In einer Unterschriftenaktion des Trierer Tierschutzvereins in diesem Jahr forderten 3.000 Mitzeichner ein Auftrittsverbot.  Zudem können Wildtiere, bei festgestellten Verstößen, häufig nicht aus der Obhut des Zirkusbetriebs entnommen und sicher untergebracht werden. Ein Verbot beruht somit auf vernünftigen Gemeinwohlerwägungen, die die Einschränkung für die Zirkusse zweckmäßig und verhältnismäßig erscheinen lassen.  Das Verbot soll gelten für Tierarten, von denen fachkundige Vereinigungen wie die Bundestierärztekammer, die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz und der Deutsche Tierschutzbund festgestellt haben, dass sie unter ständig wechselnden Standortbedingungen nicht im Einklang mit § 2 TierSchG gehalten und gepflegt werden können.  Die vom Bundesrat als eines der obersten Verfassungsorgane genannte Liste und die in den „Leitlinien für die Haltung, Ausbildung, und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ergänzen diese. Mit freundlichen Grüßen
Peter Hoffmann

Stellungnahme Weihnachtscircus

Sehr geehrte Damen und Herren, als Veranstalter des Trierer Weihnachtscircus wären wir von diesem als Wildtierverbot getarnte, fast vollständige Tierverbot direkt von einem solchen Beschluss betroffen. Daher erlauben wir uns, zu diesem Ansinnen Stellung zu beziehen. In den ganzen Jahren wurden seitens des Veterinäramtes keine Verstöße gegen geltendes Tierschutzrecht beim Trierer Weihnachtscircus festgestellt. Daher fragen wir uns, warum man nun Auftritte fast sämtlicher Tierarten verbieten möchte. Es fehlt schlicht und ergreifend ein sachlicher Grund, denn wissenschaftliche Gutachten und Studien (Birmelin, Worhtington http://the-shg.org/Kiley_Worthington/ ) belegen klar, dass Tiere sehr wohl gut und artgerecht im Circus gehalten und dressiert werden können. Einfach dem herbeigeredeten Zeitgeist hinterherzuhecheln ist primitiv und billig. Dass dabei Existenzen zerstört werden, enge Bindungen zwischen Mensch und Tier getrennt werden, scheint niemanden zu interessieren. Die Tiere gehören zur großen Circusfamilie als vollwertige Mitglieder wie jeder Mitarbeiter. Wir wählen unsere Tierdarbietungen in Trier im Vorfeld sorgfältig aus, denn auch uns ist das Wohl der Tiere sehr wichtig. Kommunale Tierverbote sind ein zahnloser Tiger und Deutschland würde damit zu einem Flickenteppich. Welcher Circus kann eine Tournee planen, wenn es in jeder Stadt andere Regelungen gibt? St. Florian soll das Gewissen der Gutmenschen beruhigen, sollen die Tiere doch woanders "gequält" werden, Hauptsache nicht vor meiner Tür! Wenn den Tiere wirklich Schaden zugefügt würde, müssten die Veterinärämter und der Gesetzgeber auf Bundesebene einschreiten. Verstöße gegen das Tierschutzrecht müssen gnadenlos geahndet werden und schwarzen Schafen der Garaus gemacht werden. Eine gesamte Brache unter Generalverdacht zu stellen und die Ausübung des Berufs zu untersagen kommt einem Berufsverbot gleich. Es gab in Deutschland schon einmal den Fall, dass man den Kunden sagte, wo sie nicht einkaufen sollten. Nun ist der Circus an der Reihe: "Geht nicht in den Circus mit Tieren! Gebt ihm keinen Platz zu spielen! Sollen die "Zigeuner" ihr Glück doch woanders versuchen!" Was bewirkt ein Verbot auf städtischen Flächen, wenn theoretisch ein Gastspiel auf einer nicht städtischen Fläche jederzeit möglich wäre? Ein solches Tierverbot ist eine Farce. Tiere gehören von Anbeginn der Geschichte des Circus untrennbar dazu und der Circus leistet einen wertvollen Beitrag zum Artenschutz und –erhalt. Außerdem: Kinder die in den Circus gehen, lernen Empathie mit den Tieren zu entwickeln und sehen, dass ein Tier nicht nur dazu dienen kann, den eigenen Magen zu füllen. Wenn die Tiere nicht mehr auftreten dürfen, was meinen denn die Damen und Herren von der Verbotsfraktion, was mit den Tieren dann passiert? Schlachthof ist die einzig logische Endstation für Tiere, die sonst Millionen von Menschen mit ihren Kunststücken verzaubern könnten, würde man sie denn lassen. Das beste Beispiel dafür ist Mexiko. Dort wurden unzählige Circustiere nach der Einführung eines Tierverbots getötet, weil man nicht wusste, wohin damit. Ist es das, was die Grünen wollen? Lieber ein totes Tier als ein Tier im Circus? Zwischenzeitlich wurde das Verbot in einigen Provinzen dort wieder zurückgenommen, weil man die grausamen Folgen nicht bedacht hatte bei dem
verzweifelten Versuch, diese Welt in ein Paradies zurück zu verwandeln. Wenn man wirklich auf Bundesebene beschließen würde, daß es in Zukunft keine Tiere im Circus mehr geben soll (wozu es nach aktuellem Stand der Wissenschaft keinen plausiblen Grund gibt), dann könnte dieser "Ausstieg" nur über eine Auslaufregelung gelingen, ohne tausendfach Tiere töten zu müssen. Dabei spielen die gut drei Dutzend Elefanten dabei kaum eine Rolle, die es in Deutschland derzeit noch gibt. Seit den 80er Jahren dürfen keine Elefanten mehr in die EU importiert werden. Daher wird sich das Thema "Circuselefant" auf biologischem Wege in den nächsten Jahren eh erledigen,
weil die Tiere ihr maximales Lebensalter erreichen, übrigens im Circus werden diese Tiere viel älter als in der so viel gepriesenen "Freiheit", wo die Tiere von Wilderern verfolgt werden oder ihnen schlicht und ergreifend der Lebensraum durch den Menschen entzogen wird. Wir sind der Meinung, daß die Stadt Trier kein Verbot von was für Tierarten auch immer braucht. Statt dessen Kontrolle im Vorfeld der Gastspiele durch das zuständige Veterinäramt über das Circuszentralregister und die von Amtskollegen dort gemachten Eintragungen oder auch Rücksprache mit denen, welche die Tierhalter schon kontrolliert haben. So könnte sichergestellt werden, daß keine Tierdarbietungen nach Trier kommen, die nicht geltendem Bundesrecht entsprechend gehalten werden. Es wird der ständige Ortswechsel und Stress bei den Tieren als Grund angeführt, Tiere im Circus zu verbieten. Dr. Immanuel Birmelin hat klar nachgewiesen, daß dem eben gerade nicht so ist. Die Forschungsarbeit fügen wir bei. Lassen Sie sich nicht von Ideologie und spontanen Gefühlen in Ihrer Entscheidung leiten, sondern vertrauen Sie wissenschaftlichen Fakten statt Populisten. Lassen Sie sich nicht von Populisten missbrauchen. Intelligente Menschen urteilen nicht ohne profunde Erkenntnisse und berufen sich nicht auf Meinungen sondern auf beweisbare Tatsachen. Es wird auf andere Städte verwiesen, die schon solche Verbote erlassen haben. Wohl keines dieser Verbote ist rechtskräftig, entweder haben die Städte die Verbote wieder zurückgenommen auf gerichtlichen Beschluss oder die Verfahren laufen noch. Statt Verboten würden wir uns eher konstruktive Kritik wünschen im Sinne der Verbesserung der Haltungsbedingungen, sofern diese nötig wären, um den Tieren das Leben im Circus noch angenehmer zu machen. Eine Überarbeitung der Leitlinien mit neuen, strengeren Anforderungen wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Da es sich jedoch um eine ideologische Diskussion handelt, gibt es gar kein Interesse an einer Verbesserung. Verbieten ist der einfachere Weg, wen scheren schlussendlich die
menschlichen und tierischen Schicksale, die am Ende von einer solchen Entscheidung betroffen sind. Stelle man sich vor, man wolle den Verkauf von tierischen Produkten auf Wochenmärkten (öffentliche Flächen) verbieten, Schluss mit Bratwurst auf der Kirmes, um ein ethisch-moralisches Zeichen zu setzen. Unvorstellbar! Mit dem Circus kann man es scheinbar jedoch ohne Skrupel und aus reiner Willkür machen. Jährlich stimmen ca. 25.000 Zuschauer allein in Trier mit den Füßen ab und besuchen den Trierer Weihnachtscircus. Über 600 haben im vergangenen Jahr dafür unterschrieben, dass es auch weiterhin Wildtiere zu sehen geben soll. Dabei handelt es sich nicht um Unterschriften, die über zwei Jahre über das Internet aus der gesamten Republik über fragwürdige Tierrechtsforen generiert wurden, sondern um Menschen aus Trier und der Großregion, darunter auch so prominente wie Thomas Kiessling oder
Jean Pütz, Begründer der Wissenschaftsredaktion des WDR, aus einem Zeitraum von knapp zwei Wochen. Circus ist die älteste Unterhaltungskunst der Menschheit. Helfen Sie mit, diese zu
erhalten. Nimmt man dem Circus die Tiere, nimmt man ihm die Seele. Trierer Weihnachtscircus
Oliver Häberle
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