Im Trierer Theater kracht es derzeit. Auf einer Pressekonferenz hat der Stadtvorstand gestern Intendant Karl M. Sibelius entmachtet (wir berichteten). Sibelius wird ab ein Verwaltungsdirektor zur Seite gestellt, der alle finanziellen Entscheidungen mit abzeichnen muss.
Nun haben sich auch die Stadtratsfraktionen zu Wort gemeldet.
CDU
"Angesichts der sich dramatisch zuspitzenden desolaten finanziellen Situation des Trierer Theaters hat die CDU-Fraktion ausdrücklich begrüßt, dass der Trierer Oberbürgermeister die Reißleine gezogen und dem Intendanten des Theaters die Finanzverantwortung entzogen hat. Angesichts der aufgezeigten Defizite war dieser Schritt zwingend notwendig. Der OB hat in dieser Frage die volle Unterstützung der CDU-Fraktion.
Der zuständige Dezernent, Thomas Egger, muss spätestens jetzt Verantwortung übernehmen und handeln. Es müssen endlich realistische und auskömmliche Finanzierungspläne auf den Tisch, die das Papier wert sind, auf dem sie stehen. Es sollte – wie bereits von unserer Fraktion gefordert – ein Risikomanagement und ein funktionierendes Controlling eingeführt werden. Angesichts der nunmehr offenkundigen Defizite scheint die Geschäftsleitung des Theaters dies dringend zu brauchen.
Darüber hinaus muss angesichts der Tatsache, dass das Theater derzeit nicht aus den Negativschlagzeilen herausfindet, zeitnah ein umfassendes, zukunftsweisendes und tragfähiges Marketingkonzept entwickelt werden. Der Ruf des Trierer Theaters ist leider zurzeit stark beschädigt. Wenn der Intendant, Karl Sibelius, immer betont hat, dass das 'Theater Trier in aller Munde sein solle', so war unser Verständnis dieser Aussage eine andere. Daher müssen jetzt schnellstmöglich Maßnahmen ergriffen werden, um das Theater wieder in ein positives Licht zu rücken. Da steht auch der zuständige Dezernent in der Verantwortung.
Im Übrigen sollte stärker ins Bewusstsein rücken, dass das Theater für die Menschen da ist. Angesichts der Entwicklung der Besucherzahlen, scheint es zweifelhaft zu sein, ob diesem Gedanken von der Geschäftsleitung immer der notwendige Stellenwert eingeräumt worden ist."
Grüne
"Die Position des Verwaltungsdirektors im Theater wieder zu besetzen ist absolut richtig", erklärt Petra Kewes kulturpolitische Sprecherin. "Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat bereits wiederholt gefordert Herrn Sibelius eine Finanzfachkraft zur Seite zu stellen: Grund für diese Forderung war und ist, dass der neue Intendant eine nicht einfache Gemengelange übernommen hat", so die Grünen. Daher habe die Fraktion auch eine Klärung des Defizits 2015 eingefordert, um zu klären mit welchem Minus im Theaterhaushalt bereits die Spielzeit 2015/2016 von Karl Sibelius begonnen hat. Zudem habe sich die AÖR-Gründung immer weiter verzögert, so dass die angestrebten Strukturen langfristig noch nicht wie angestrebt geschaffen werden können.
Die verhängten Haushaltssperren seien prinzipiell nichts Neues. Auch Alt-OB Jensen habe mit diesem Instrument gearbeitet. Allerdings werden die Dezernate II und IV (Birk und Ludwig) mit 10 Prozent daran beteiligt, ein Defizit aus Dezernat III aufzufangen. Dies lasse vermuten, im zweiten Halbjahr 2016 werde es fast nicht möglich sein das in 2015 und 2016 entstanden Minus einzusparen.
"Abschließend ist klar festzustellen, dass der verantwortliche Dezernent die Zügel viel zu lange hat schleifen lassen, und nötige Entscheidungen nicht getroffen wurden. Die von OB Leibe gezogenen Konsequenzen sind unserer Auffassung nach Vorweggriffe von Entscheidungen die Dezernent Egger hätte treffen müssen", so Kewes weiter. "Nach Leibes Entscheidungen hat Thomas Egger die Chance das Theater nun in ruhige Wasser zu führen."
SPD
"Die neuen Haushaltszahlen des Theaters vom Wochenende sind besorgniserregend. Die Lücke im Budget wächst und zwingen den Stadtvorstand zum entschiedenen Handeln. Es war daher richtig, Maßnahmen zu treffen, die Budgetausdehnungen zu stoppen und ein Vieraugen-Prinzip einzuführen. Die SPD-Stadtratsfraktion unterstützt auch die Forderung des Oberbürgermeisters, eine zweiköpfige Führungsebene im Theater zu installieren. Angesichts der massiven strukturellen und infrastrukturellen Herausforderungen ist eine Arbeitsteilung zwischen Kunst und Verwaltung dringend gefordert. Wir wollen unser Dreisparten-Ensemble-Theater erhalten und mit dieser Korrektur eine zukunftsfähige Organisation erreichen", führt Markus Nöhl, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Stadtratsfraktion, zu den Entscheidungen zum Theater aus.
"In der laufenden Spielzeit haben wir viele gute Impulse in der künstlerischen Arbeit des Hauses erlebt. Produktionen wie 'Sweeney Todd', der 'Zauberberg' oder das Musical 'Rent' zeugen vom künstlerischen Aufbruch. Dieser gute Weg soll weiter fortgesetzt werden, aber auch die strukturellen Probleme eines Stadttheaters weiter angegangen werden. Eine Zweier-Spitze kann sich effektiver den vielfältigen Herausforderungen zuwenden. Wir fordern daher, dass die begonnene Strukturreform des Theaters Trier fortgesetzt wird und zukünftig eine klare Haushaltsberichterstattung für mehr Transparenz und Nachhaltigkeit sorgt", ergänzt Nöhl.
Die LINKE
"Die Aufgabe eines Theaters besteht darin, neue künstlerische Konzepte zu entwickeln und mit Mitteln der Kunst politische und gesellschaftliche Debatten anzustoßen und zu flankieren. Die Finanzierung der Theater durch den Staat sorgt dafür, dass Künstler ohne Blick auf wirtschaftliche Zwänge Kunst gestalten können und Kultur allen offen steht – unabhängig vom Geldbeutel. Da ist es keine Überraschung, dass Theater in der Regel Verluste einfahren. Auch in Trier ist die Situation nicht anders.
Das Theater schreibt nicht erst rote Zahlen, seit der Intendant Karl Sibelius heißt. Es ist daher nicht zielführend, unter Verweis auf das Millionendefizit den Rücktritt des Intendanten zu fordern. Die Linksfraktion fordert mit Blick auf die knappen Kassen der Stadt, dass sich die Landkreise des Umlandes stärker an den Kosten für das Theater beteiligen sollen. Auch müssen das Land und der Bund die Gemeinden finanziell stärken. Einschnitte lehnt die Linksfraktion ab, da diese die künstlerische Arbeit am Theater gefährden.
Vor dem Hintergrund der schwierigen finanziellen Lage des Stadttheaters kritisiert die Linksfraktion jedoch die Verzögerungen bei der Überführung des Theaters in eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR). Eine solche Lösung würde dem Theater mehr Flexibilität verschaffen und den bürokratischen Aufwand verringern – und zudem die Voraussetzung für eine Beteiligung der Landkreise schaffen. Ursprünglich war eine Gründung der Theater-AöR für den Sommer 2015 angepeilt. Das wiederholte Verschleppen der AöR-Gründung ist nicht hinnehmbar."
AfD
"Wir danken unserem Oberbürgermeister, dass er endlich die Reißleine gezogen und das völlig aus dem Ruder gelaufene Experiment mit Generalintendant Sibelius beendet hat. Es ist zu befürchten, dass in Trier jetzt freiwillige städtische Leistungen für Sportvereine, Schwimmbäder, Grünanlagen oder kulturelle Einrichtungen jenseits des Theaters gekürzt werden müssen. Andernfalls droht der Verlust der Teilnahme am Kommunalen Entschuldungsfonds, was für die Stadt noch weitaus größere finanzielle Einbußen zur Folge hätte. Aufgrund des angerichteten immensen Schadens halten wir auch personelle Konsequenzen für unumgänglich. Der Intendant, der für ein solches Desaster verantwortlich ist, sollte sich dieser Verantwortung ohne Wenn und Aber stellen und den Weg für einen Neuanfang am Theater frei machen."