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Was ist bloß mit Papa los?

Damit Kinder psychisch kranker Eltern nicht alleingelassen werden, gibt es Auryn. In der Fachstelle in Trier finden junge Betroffene Hilfe.

Lange Zeit hat Tim nicht verstanden, warum sein Papa so häufig auf dem Sofa liegt und sehr traurig wirkt. Manchmal war der 17-Jährige sogar sehr wütend auf den Vater. Auch seine Mutter wurde zusehends unglücklicher. Tim hat viele Aufgaben im Haushalt übernommen und ihr oft zugehört, obwohl er lieber Fußball gespielt oder für die Schule gelernt hätte. Tims Vater ist depressiv und er hat bemerkt, dass es seinem Sohn immer schlechter ging. Er hat ihn zu Auryn geschickt. Zum Glück.

Sich den Kummer von der Seele reden können

Seit gut einem Jahr geht Tim regelmäßig zu Auryn in der Walramsneustraße 8 in Trier und redet sich von der Seele, was ihn beschäftigt. Auryn ist eine Anlaufstelle für Kinder psychisch kranker Eltern.
Gabriele Apel ist Diplom-Sozialarbeiterin und Gestalttherapeutin und hat Auryn 2001 ins Leben gerufen. Auch 17 Jahre später sagt sie: "Psychische Erkrankungen sind nach wie vor ein Tabuthema." Wenn ein Elternteil mit Depression, Angstzuständen oder einer Psychose kämpfe, litten auch die Kinder.

Einfach auch mal Spaß haben

Kinder und Jugendliche können sich bei Auryn in Einzelgesprächen Luft verschaffen und mehr über die Krankheiten erfahren. Auch in verschiedenen Gruppen – Fünf- bis Sieben-, Acht- bis Elf- und Elf- bis Vierzehnjährige – haben die Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit, unter fachlicher Anleitung zu reden, zu malen oder einfach mal Spaß zu haben. Einige Kinder gehen zu einer Reittherapie.
Was bedeutet die Gruppe für die Kinder? "Die Gruppe gibt in erster Linie Sicherheit und die Kinder werden als Kinder wahrgenommen", sagt Apel. Denn in Familien mit psychisch kranken Eltern übernähmen die Kinder oftmals viel Verantwortung. Viel mehr als sie schultern könnten. So wie Tim. Er hat seine Mutter gestärkt und den Vater geschont. Psychologen nennen diese Rollenumkehr Parentifizierung.

Die gesamte Familie im Blick haben

Gabriele Apel betont: "Bei unserer Arbeit haben wir immer die gesamte Familie im Blick." Auch die Eltern haben die Möglichkeit, sich mit ihren Ängsten und Sorgen etwa um die gesunde Entwicklung der Kinder an die Fachstelle zu wenden. Apel weiß von den inneren Kämpfen der Eltern. Sie wollen das Beste geben, stoßen aber häufig aufgrund ihrer Erkrankung an Grenzen, sind überfordert. Die Folge: Die Kinder fühlen sich alleingelassen und von dem Zuviel an Aufgaben stark belastet.  Auch Tims Eltern waren schon bei Auryn. Die Gespräche haben allen Familienmitgliedern gut getan. "Tim hat sich sehr gut entwickelt", sagt Apel. Im nächsten Jahr macht er sein Abitur, er ist viel selbstbewusster geworden, hat eine Freundin. Gegenüber der Mutter sagt er ohne schlechtes Gewissen nein, wenn ihm Aufgaben zu viel werden. Und die Erkrankung des Vaters wird in der Familie nicht mehr totgeschwiegen, um nur einige der positiven Veränderungen zu nennen.    Die Fachleute von Auryn wissen, wie sich psychische Erkrankungen auf junge Menschen auswirken können und setzen sich dafür ein, dass die Kinder in ihrer Not gesehen und gehört werden. Apel ist davon überzeugt: "Je jünger die Kinder sind, wenn sie Hilfe bekommen, umso besser." Dadurch steige auch die Chance, dass sie selbst gesund bleiben würden.

Hintergrund

Auryn ist seit 2001 die einzige Anlaufstelle für Kinder psychisch kranker Eltern im Großraum Trier. Die wichtige Arbeit des Vereins finanziert sich zu 90 Prozent aus Spenden. Seit wenigen Monaten hat die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Anke Krenn die Schirmherrschaft übernommen. Der Name Auryn leitet sich übrigens aus "Die unendliche Geschichte" von Michael Ende ab. Er bezeichnet ein Amulett, das seinem Träger Kraft, Mut, Schutz und Orientierung gibt. All das, was die bei Auryn betreuten Kinder brauchen und die Fachleute ihnen dort geben. Weitere Infos gibt es hier.

Tanzmäuse tanzen für Auryn

Sonja Storz ist die Trainerin der Schweicher Tanzmäuse mit aktuell 16 Mädchen im Alter von fünf bis zehn Jahren. Vor drei Jahren hat sie die Aktion "Kinder für Kinder" ins Leben gerufen. "Wir haben uns das Ziel gesetzt, einmal im Jahr einen bunten Nachmittag zu gestalten, um mit den Einnahmen benachteiligte oder bedürftige Kinder zu unterstützen", erklärt Sonja Storz ihre Motivation. Am Freitag, 4. Mai, gestalten die Tanzmäuse einen bunten Nachmittag  an und im Bürgerzentrum zugunnsten vom Verein "Auryn". Neben Tanzdarbietungen gibt es ab 15 Uhr bei Kaffee und Kuchen jede Menge Spiele, eine Hüpfburg und eine Zaubershow. KAT


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