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Daniela Wiesner

Weisser Ring: "Idealismus, gepaart mit Wut"

Der Weisse Ring hilft Menschen, die Opfer von Verbrechen wurden und kümmert sich um deren Angehörige. Neben der unmittelbaren Opferbetreuung und dem öffentlichen Eintreten für Opferinteressen unterstützt die Organisation den Vorbeugungsgedanken sowie Projekte des Täter-Opfer-Ausgleichs und der Schadenswiedergutmachung. Seit seiner Gründung im Jahr 1976 hat der Weisse Ring mit Hauptsitz in Mainz bundesweit ein flächendeckendes Hilfsnetz aufgebaut. Rund 3.000 ehrenamtliche Helfer in bundesweit 420 Außenstellen stehen den Geschädigten mit Rat und Tat zur Seite. Eine davon ist Waltraud Krämer (Foto, l.), die seit vier Jahren die 1989 gegründete Außenstelle Trier/Trier-Saarburg leitet.

Das erste Mal kam Waltraud Krämer 2002 mit dem Weissen Ring in Kontakt, seitdem engagiert sie sich für die Organisation. Als persönliche Motive nennt sie "Idealismus, gepaart mit Wut", denn es könne nicht sein, dass jemand Opfer einer Straftat werde und dann auch noch mit bürokratischen Hürden zu kämpfen habe. Unterstützt von sechs Mitarbeitern (im Foto: Ernst Krämer, M., Charlotte Wortmann, r.), stellt sie Rechtsberatungsschecks für die Erstberatung beim Anwalt aus, hilft beim Ausfüllen von Anträgen zum Opferentschädigungsgesetz (OEG) oder begleitet Opfer zu Gerichtsterminen. In besonderen Härtefällen gewährt sie über den Weissen Ring auch finanzielle Hilfen. Kooperationsvereinbarungen mit mehreren Landesministerien, die enge Zusammenarbeit mit Einrichtungen wie der Trauma-Ambulanz im Trierer Brüderkrankenhaus und die Unterstützung durch Institutionen wie etwa Polizeipräsidium oder Staatsanwaltschaft böten den Opfern umfassende Hilfen und erleichterten die Arbeit, sagt Waltraud Krämer: "Wenn wir selbst nicht weiterwissen, haben wir immer einen Ansprechpartner." Seit sie ihr Büro im Haus des Jugendrechts in Trier-West habe, so Krämer, funktionierten Dinge auch mal auf dem kleinen Dienstweg. Thema Nummer eins: Gewalt in sozialen Beziehungen Zwischen 95 und 115 Hilfesuchende meldeten sich jedes Jahr bei ihr, berichtet Waltraud Krämer. Am häufigsten gehe es um Gewalt in engen sozialen Beziehungen oder um Einbrüche. Meist komme der Kontakt über Polizei oder Staatsanwaltschaft zustande, viele nutzten auch das sogenannte Opfer-Telefon über die bundesweit einheitliche Rufnummer 116006 oder suchten sie persönlich auf. Manchmal gingen Jahre ins Land, bevor jemand den Kontakt zum Weissen Ring suche. "Anträge nach dem OEG können zum Beispiel auch gestellt werden, wenn das Opfer durch eine Therapie herausfindet, dass in seiner Kindheit ein sexueller Missbrauch stattgefunden hat und eine sogenannte posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wurde", weiß Krämer und betont: "Wer unsere Hilfe in Anspruch nehmen möchte, muss keinen Seelenstriptease hinlegen." Straftat, -ort und Tatzeit genügten als Angaben. Nicht alles kann Krämer hinter sich lassen Mindestens 40 Stunden pro Monat investiert Waltraud Krämer in ihr Ehrenamt. Sie rufe auch am Wochenende zurück oder besuche ein Opfer zu Hause, wenn es nicht anders geht, berichtet die Hausfrau und Mutter. "Normalerweise lasse ich das meiste hinter mir, wenn ich die Bürotür schließe", so Krämer. Nur wenn es um Tötungsdelikte gehe, könne auch sie nicht einfach abschalten. Das bisher Schlimmste sei ein Mordfall innerhalb einer Familie gewesen, erinnert sie sich. "Da saßen die zwei kleinen Kinder des Opfers mit im Büro und der Jüngste hat immer wieder nach seiner Mutter gefragt. Das sind dann schon Momente, in denen man denkt: 'Sch? Job'." Auf den Rückhalt ihrer Familie könne sie sich jedoch stets verlassen. "Ich bin in der glücklichen Lage, dass mein Mann ebenfalls für den Weissen Ring arbeitet und mich unterstützt", freut sich Krämer. "Wenn ich Gesprächsbedarf habe, ist immer jemand da. Sonst wäre es mir, glaube ich, unmöglich, diese Arbeit zu machen." Schönster Lohn ist für sie die Dankbarkeit derer, denen sie helfen konnte. "Ich bekomme viele Weihnachtskarten", erzählt Krämer lächelnd. "Darüber freue ich mich natürlich sehr." Weitere Infos unter www.weisser-ring.de dw/Foto: Wiesner


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