

Unter dem Motto „Trier um 1800“ erleben die jungen Teilnehmenden eine Zeitreise in eine Epoche, in der Trier Teil Frankreichs war und Napoleon Bonaparte die Stadt besuchte. Trier war zu dieser Zeit eine Stadt im Wandel, die sich langsam von den Folgen früherer Kriege erholte. Trotz einer gewissen Modernisierung spiegelte das Stadtbild noch immer mittelalterliche Strukturen wider. Die Kulisse der beliebten Spielstadt bildet sich aus einer Stadtmauer, Holzhäusern, in denen verschiedene Handwerksbetriebe untergebracht sind, einem Marktplatz, Brunnen und Wirtshaus.
Die Kinder und Jugendlichen werden täglich von rund 20 „alten Stadtbewohnern“ – den Mitarbeitenden des Projekts – und gleichzeitig „Meistern“ der verschiedenen Werkstätten empfangen. In den Handwerksbetrieben werden nützliche Gegenstände hergestellt, mit deren Hilfe die Stadt weiter ausgestaltet und verbessert werden kann.
Der Alltag beginnt um zehn Uhr. Davor stellen sich die Kinder am „Kindertor“ an und wählen eine Werkstatt. Besonders beliebt sind die Bäckerei und die Schreinerei. Dort wird geknetet, gehämmert, gefeilt. In der Wollwerkstatt entstehen Gürtel und Beutel, beim Lederer werden einfache Taschen gefertigt. Die Arbeit wird mit dem Spielstadt-Geld „Assignat“ bezahlt. Ein Kind, beziehungsweise Lehrling, verdient einen Assignat pro Stunde.
Die Werkstätten vertreiben die hergestellten Produkte anschließend in der Krämerei oder freitags auf dem Markt. Die Kinder können dort die selbsthergestellten Gegenstände mit ihrem wohlverdienten Geld kaufen.
Neben den Werkstätten gibt es auch eine Stadtverwaltung. Dort werden Pässe ausgegeben, die Zahl der Teilnehmenden gezählt und Stadtpläne gezeichnet. Wer möchte, hilft beim Aufteilen der Werkstattbereiche oder achtet darauf, dass Regeln eingehalten werden. Eine Polizei gibt es nicht, aber alle wissen, dass man gemeinsam besser durch den Tag kommt.
Immer wieder unterbrechen besondere Ereignisse den Arbeitsrhythmus. Theatergruppen führen Stücke auf, Hochzeiten werden gefeiert, im Wirtshaus wird Suppe gekocht – mal mit Kartoffeln, mal mit Pilzen. Es gibt auch Missverständnisse oder kleine Pannen. Manchmal geht ein Brötchen nicht auf oder ein Brief landet im falschen Stadtviertel. Dann wird improvisiert.
In diesem Sommer und der neuen Zeitepoche haben sich die Regeln geändert: Die Zünfte wurden abgeschafft. Jede Werkstatt muss nun selbst entscheiden, wie sie sich organisiert. Wer produziert was? Wie wird verkauft? Einige Betriebe reagieren flexibel, andere müssen erst herausfinden, wie sie ohne klare Vorgaben zurechtkommen. Diese Veränderungen machen den Alltag unvorhersehbar und lebendig.
Manche Kinder kommen jeden Tag, andere nur einmal. Die meisten finden schnell ihren Platz in der kleinen Stadt. Sie arbeiten allein oder zu zweit, wechseln zwischen Ruhe und Aktivität. Pausen gibt es nach Bedarf. Wer genug hat, verlässt die Spielstadt wieder – das graue Tor bleibt offen.
Die Spielstadt in Trier gehört für viele Kinder fest zu den Sommerferien. Seit mehr als 30 Jahren öffnet sie ihre Tore und gibt einen Einblick in das Leben einer anderen Zeit. Die Kulisse ist historisch, der Ablauf ist offen. Die Vorbereitungen für die Spielstadt beginnen meistens zu Beginn des Jahres bei der Mobilen Spielaktion e.V. Rund 15 Studierende der Uni Trier planen unter Anleitung zweier Mitarbeitenden der Mobilen Spielaktion detailliert die Ausgestaltung der einzelnen Werkstätten und Ereignisse im Rahmen eines Praktikums. Durch die Zusammenarbeit mit Fachleuten aus dem Bereich Geschichte und Handwerk wird eine möglichst authentische Wiedergabe des damaligen Lebens möglich. Das kostenlose Ferienprogramm wird unterstützt von der Stadtjugendpflege, der Nikolaus-Koch-Stiftung und der Kulturstiftung der Sparkasse Trier.
Diese Woche hat auch Oberbürgermeister Wolfram Leibe die Spielstadt besucht. Von der „Bürgermeisterin“ und ihren Gehilfen wurde er durch die einzelnen Gewerke geführt und ließ sich von den kleinen „Lehrlingen“ erklären, woran sie gerade arbeiten.
Die Spielstadt läuft noch bis zum 15. August, montags bis freitags von 10 Uhr bis ca. 16 Uhr und ist ein offenes und kostenloses Angebot für alle Kinder und Jugendlichen der Stadt Trier. Das besondere Ferienprogramm erfreut sich großer Beliebtheit, denn täglich erhoffen sich bis zu 80 Kinder einen Ausbildungsplatz als Lehrling in einem der Handwerksbetriebe. Die Teilhabe an einer Gemeinschaft, die Reise in die Vergangenheit und das Erlernen wirtschaftlicher, historischer und politischer Inhalte erfüllt die jungen Leute mit Freude und was bleibt, ist die Erinnerung an Tage voller eigener Entscheidungen, gemeinsamer Projekte und kleiner Geschichten aus einer Stadt, die nur für kurze Zeit existiert, aber lange im Gedächtnis bleibt.
Quelle: Stadt Trier



