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Andrea Fischer

Eiche für Wein

Longuich. Eine Wanderung des Forstamtes Trier durch den Longuicher Eichenwald.

Für ihren Wein ist die Moselregion berühmt. Doch was kaum jemand weiß – auch die Eiche hat hier einen idealen Lebensraum. Im Longuicher Gemeindewald wachsen viele Eichen. In Zusammenarbeit mit den Weingütern Hansjosten und Longen-Schlöder nutzte das Forstamt Trier von Landesforsten den „Internationalen Tag des Waldes“ und zeigte mit einer Försterwanderung, wie Eichen hier wachsen und wozu sie genutzt werden. Mit dabei war auch ein Einkäufer einer französischen Fassbinderfirma.

Als Revierförster hat Julian Thiebes alle Hände voll zu tun. Dienstleistend betreut er den Wald der Gemeinden Fell, Riol, Longuich, Kenn und Thomm. Eine Fläche von rund 2000 Hektar, von der 1560 Hektar bewirtschaftet sind. Eichen finden sich vor allem im Longuicher Gemeindewald. Der mineralhaltige Boden begünstigt das Wachstum und verhilft der Gemeinde zu qualitativ sehr hochwertigen Bäumen, die für die holzverarbeitende Industrie von größtem Interesse sind.

Schon seit vielen Jahren ist Frank Deschamps in der gesamten Region unterwegs, seit 2017 auch regelmäßig im Longuicher Wald. Er ist Einkäufer für einen Betrieb in Blois. Dort werden hochwertige Barriquefässer hergestellt. Das sind Eichenfässer, die vor allem zum Ausbau von Wein, aber auch für die Herstellung von Whisky und Bier genutzt werden. Für die Longuicher Winzer aber haben diese Fässer eine besondere Bedeutung, stammt das Holz dafür doch aus ihrem Wald.

Nicht jede Eiche eignet sich für die Fässer, weiß Frank Deschamps: „Das Holz muss feine Jahresringe haben, die sind wichtig für den Sauerstoffaustausch.“ Anders als in Stahltanks kann der Wein so atmen. Doch damit nicht genug: Das Holz sollte keine Äste haben und der Stamm sollte gerade und nicht verdreht gewachsen sein, „denn das macht seine Verarbeitung im Sägewerk problematisch.“ Was dem Franzosen besonders gefällt, ist die helle Farbe des Holzes. Ein optischer Effekt, der der Vermarktung zugutekommt.

Die Eichen, an denen die Gruppe vorbeikommt, haben unterschiedlich dicke Stämme. Der Revierförster klärt auf: „Je mehr Platz die Eiche für ihre Krone hat, umso dicker wird auch der Stamm.“ Was wiederum bei der holzverarbeitenden Industrie auch zu einem gesteigerten Interesse an den Bäumen führt.

In der Region ist Deschamps nicht zuletzt dank der Winzer, die seine Fässer sehr zu schätzen wissen, längst kein Unbekannter mehr. Wenn er jährlich durch den Longuicher Wald geht und sich die Eichen anschaut, wird er von Julian Thiebes und einem Mitglied der „Holzvermarktungs¬organisation Rheinland-Pfalz Südwest“ aus Morbach begleitet. Diese Organisation kümmert sich um die regionale Vermarktung des Gemeindeholzes. „Der Preis richtet sich nicht nach der Länge des Stammes, sondern wird immer pro Festmeter benannt“, erläutert der Förster. Am Beispiel einer gefällten Eiche veranschaulicht er die Dimension: „Bis zu dem markierten Punkt haben wir für den Festmeter 900 Euro ausgehandelt.“ Doch auch am Rest des Baumes besteht Interesse – wenn auch zu günstigeren Konditionen.

Längst nicht jeder Baum im Wald wird gefällt, betont Julian Thiebes. An Beispiel einer 240 Jahre alten Eiche folgt die Erklärung. Im oberen Bereich hat der Baum mehrere Spechtlöcher. Für den Forstmann ein klares Indiz, dass hier ein Pilzbefall vorliegt: „Spechte bauen ihre Nester mit Vorliebe in Bäume mit morschem Holz.“ Folgerichtig trägt die alte Eiche nun eine Markierung, die sie als Biotop ausweist. Da sie an einer Stelle ohne Publikumsverkehr steht, wird sie so lange dort stehen, bis sie selbst zusammenbricht. „Und das können noch einige Jahre sein…“ Und dann kommt die Frage, woran der Fachmann das Alter der Bäume erkennt, bevor sie gefällt werden. Dafür gebe es ein weit zurückreichendes Register, antwortet Thiebes.

Am Ende der Wanderung steht das Produkt Barriquefass im Vordergrund, das auch von vielen Winzern in Longuich genutzt wird. Frank Deschamps erläutert Schritt für Schritt den Herstellungsvorgang und stellt im Dialog mit den anwesenden Winzern die Vorteile eines solchen Fasses in Bezug auf die Weinherstellung heraus. Dass der Theorie schließlich in Form einer Weinverkostung auch die Praxis folgt, rundet eine sehr gelungene Veranstaltung ab.


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