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Ein Grund(gesetz) zum Feiern

Am 23. Mai 1949 unterzeichnete Konrad Adenauer das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Seitdem hat es zahlreiche Veränderungen erfahren. Eine Sternstunde erlebte es 1990 im Zuge des deutsch-deutschen Einigungsprozesses.
Feierlichkeiten am Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 auf dem Trierer Hauptmarkt. Musik kam damals vom städtischen Orchester. Foto: Stadtarchiv Trier

Feierlichkeiten am Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 auf dem Trierer Hauptmarkt. Musik kam damals vom städtischen Orchester. Foto: Stadtarchiv Trier

Kaum ein Mitglied des Parlamentarischen Rates glaubte 1949 an die Langlebigkeit des soeben unterzeichneten Grundgesetzes, das als Provisorium ganz bewusst nicht als Verfassung bezeichnet werden sollte (siehe Titelthema der vergangenen WochenSpiegel-Ausgabe). Am 23. Mai 2019 wird das Grundgesetz 70 Jahre alt; aus dem einstigen Übergangsprodukt ist innerhalb weniger Dekaden eine bewährte Konstante geworden. Diese Entwicklung ist nicht zuletzt dem Bundesverfassungsgericht zu verdanken, dessen Rechtsprechung das Grundgesetz in ein ausgelegtes und angewandtes Regelwerk umgeformt hat.

Umstrittene Änderungen

Jene Flexibilität, die notwendig gewordene Anpassungen des Grundgesetzes ermöglicht, hat es so beständig gemacht. Seit 1949 hat der Bundestag rund 60 Verfassungsänderungen beschlossen. Die erste grundsätzliche Umgestaltung geschah 1956 mit der Einführung von Bundeswehr und Wehrpflicht. Dem folgten 1968 die gesellschaftlich heftig umstrittenen Notstandsgesetze, die nicht weniger als 28 Grundgesetzartikel betrafen. Diese sahen unter anderem die Einschränkung von Grundrechten (Brief-/Post-/Fernmeldegeheimnis) sowie im Falle eines "inneren Notstandes" den Einsatz der Bundeswehr im Inland vor. Weitaus stiller ging 1969 die Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Länder vonstatten, die mit ihrer Konsolidierung die letzte größere Lücke des als Provisorium gedachten Grundgesetzes schloss.

Deutsche Einheit

Als 1989 die Mauer fiel und ein Jahr später die Wiedervereinigung nur noch eine Frage der Zeit war, wurde diskutiert, ob sich das wiedervereinigte Deutschland eine neue Verfassung geben (Artikel 146 Grundgesetz) oder die DDR dem Grundgesetz beitreten sollte (Artikel 23 Grundgesetz). Für den Artikel 146 sprach die Mitwirkung des gesamten Volkes in Form eines Volksentscheids. Der Artikel 23 hingegen begünstigte eine zeitnahe Einigung. Zu einem umfassenden Diskurs kam es jedoch nicht mehr, da viele DDR-Bürger die Entscheidung vorwegnahmen, indem sie »mit den Füßen abstimmten« und die DDR verließen. Die zu erwartenden ökonomischen Nachteile für die DDR sowie eindeutige Meinungsumfagen in Ost und West führten letztendlich zum Einigungsvertrag, in dem festgelegt wurde, dass das Grundgesetz mit Vertragsunterzeichnung in den nunmehr ehemaligen DDR-Ländern in Kraft tritt. JK


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