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Andrea Fischer

Tim Kohley: "Mein Anspruch ist es besser zu sein"

Bei der aktuellen Wahl ist Tim Kohley der jüngste Bewerber für das Amt des Landrates, doch an politischer Erfahrung mangelt es ihm keinesfalls. Der Kriminalhauptkommissar und Diplom-Verwaltungswirt ist bereits im achten Jahr Ortsbürgermeister seines Heimatorts Mandern und Beigeordneter der VG Saarburg-Kell. Wir haben ihn zum Interview getroffen.
Tim Kohley will auch ohne Parteibuch Landrat werden. Foto: privat

Tim Kohley will auch ohne Parteibuch Landrat werden. Foto: privat

Was sind Ihre politischen Ziele und in wie weit wollen Sie die Bürger in die Umsetzung einbinden?

Oberstes Ziel meines politischen Handelns ist, dass die Region und vor allem die Menschen, die hier leben, bei allen Entscheidungen im Vordergrund stehen. Ich setze mich dafür ein, dass Politik für die Menschen wieder verständlich, transparent und nachvollziehbar wird. Politische Entscheidungen müssen von unten nach oben transportiert werden und nicht umgekehrt. Leitthema meiner politischen Arbeit ist das Ziel, den Landkreis Trier-Saarburg zum familienfreundlichsten Landkreis in Rheinland-Pfalz zu machen. Unter dem Begriff der Familienfreundlichkeit kann man im Grunde alle Maßnahmen zusammenfassen, die den Kreis Trier-Saarburg zu einem lebens- und liebenswerten Landkreis machen.
Mir ist es dabei nicht genug, den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen. Mein Anspruch ist es, besser zu sein! Ich strebe eine bürgernahe Verwaltung, die durch den Ausbau des Servicegedankens und der Weiterentwicklung des E-Governments, den Bürgern tatsächlich mehr Service bietet.

Klimaschutz ist ein grundlegendes Thema in allen gesellschaftlichen Bereichen. Dabei spielen auch in unserem Kreis alternative Formen der Energiegewinnung eine Schlüsselrolle. Ein bedeutender Aspekt dabei ist sicherlich, dass im Vorfeld die notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Neben der Energiegewinnung ist immer auch ein Augenmerk auf die Schaffung von bezahlbaren Lösungen im Bereich der alternativen Energienutzung zu richten. Der Ausbau regenerativer Energien sollte forciert werden, aber nicht um jeden Preis. Außerdem ist es für mich enorm wichtig, die ärztliche Versorgung auf dem Land zu verbessern und kleine Krankenhäuser zu erhalten.
Um die Region verkehrstechnisch nicht in einen Kollaps zu führen, halte ich den Ausbau wichtiger Straßenbauprojekte, wie z. B. den Moselaufstieg und die Ortsumgehung Ayl für dringlich. Auch der Ausbau des ÖPNVs, insbesondere in den Dörfern unseres Landkreises muss dringend weiterentwickelt und vorangetrieben werden.Ich setze mich für eine bessere Finanzausstattung und die Entlastung der Kommunen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs ein.
Unsere Region liegt im Herzen Europas, daher möchte ich den Ausbau der Beziehungen zu unseren Nachbarländern durch gemeinsame Projekte zur Weiterentwicklung des Kultur-, Urlaubs- und Wirtschaftsraum fördern und ausbauen. Die Großregion muss stärker in den Fokus gestellt werden.
Wir brauchen dringend einen Bürokratieabbau für das Ehrenamt und Vereine. Das Ehrenamt muss eine ehrliche Wertschätzung erfahren. Ich habe ein neues Konzept für eine konkrete Ehrenamtsförderung entwickelt und möchte dies schnellstmöglich im Kreis etablieren. Ich setze mich aktiv für die Schaffung eines Kulturförderungsgesetzes zur Stärkung aller Kulturschaffenden ein. Ich habe zur Weiterentwicklung des ländlichen Raumes bereits innovative Konzepte mit Bürgerbeteiligung entwickelt und umgesetzt. Hierbei hat sich für mich klar herausgestellt, dass die Projekte, bei denen die Bürger frühzeitig an den Planungen beteiligt werden, letztlich die erfolgreichsten Projekte mit der größten Akzeptanz in der Öffentlichkeit sind. Ich möchte auch zukünftig die Bürger bei wichtigen Entscheidungen - beispielsweise durch Workshops - einbinden und an den Entscheidungen teilhaben lassen.

Wie wollen Sie verhindern, dass die Dörfer im eher ländlich geprägten Kreis Trier-Saarburg aussterben oder dass die Bürger wegziehen?


Die zu erwartende demographische Entwicklung unseres Landkreises macht die Familienfreundlichkeit zu einer zentralen Aufgabe der kommunalen Entwicklung. Um unsere Lebensräume zukunftssicher und für alle Generationen attraktiv zu gestalten, ist es für mich wichtig, die Politik und das Verwaltungshandeln an den Bedürfnissen aller Menschen, besonders aber dem der jungen Familien und Senioren auszurichten. Durch die Umsetzung meiner zielorientierten Handlungsstrategien können wir es schaffen, mit nachhaltiger Politik positive Lebensbedingungen für alle Menschen und auch für zukünftigen Generationen zu schaffen.
Ich möchte den ländlichen Raum durch innovative Konzepte mit Bürgerbeteiligung, beispielsweise zur Lösung des Problems einer unzureichenden Nahversorgung, wieder attraktiver machen. Der Ausbau eines kostengünstigen ÖPNVs, der auch tatsächlich zu den relevanten Uhrzeiten die wichtigen Strecken in die Mittelzentren wie Saarburg, Konz, Hermeskeil, Schweich, aber auch die Stadt Trier und Luxemburg abdeckt, sehe ich als vorrangige Aufgabe, um das Leben auf dem Land attraktiver zu gestalten. Wichtig ist für mich, hier auch eine zufriedenstellende ärztliche Versorgung und der Erhalt kleinerer Krankenhäuser, wie das Krankenhaus Hermeskeil und das Kreiskrankenhaus Saarburg. Auch die Attraktivität für Hausärzte, sich auf dem Land niederzulassen, muss erhöht werden, um hier dem Ärztemangel rechtzeitig entgegenzuwirken.

Das Wort "Digitalisierung" ist für viele Menschen ein großes Thema. Wie stehen Sie dazu und was sind hier Ihre konkreten Vorschläge für den Kreis?

Damit die Entwicklung in unserem Kreis erfolgreich werden kann, ist der zügige Glasfaserausbau unbedingt notwendig. Die Pandemie zeigte deutlich, dass die Hausaufgaben in diesem Bereich nur unzureichend gemacht wurden. Im Vergleich zu anderen Ländern haben wir noch viel Nachholbedarf, der nun endlich aufgeholt werden muss. Bei den Planungen sollten wir dabei nicht den aktuellen Stand der Technik zugrunde legen, sondern visionär in die Zukunft denken. Die Digitalisierung muss in allen Bereichen priorisiert vorangetrieben werden.

Die öffentlichen Haushalte werden immer mehr belastet. Wo wollen Sie etwas einsparen, damit der Kreis weiterhin handlungsfähig bleibt?

Durch konsequente energetische Sanierungen aller kreiseigenen Schulen und Kindertagesstätten sowie weiterer Gebäude im Kreiseigentum, sehe ich mittelfristig ein erhebliches Einsparpotential bei den Energiekosten und komme damit gleichzeitig den Bemühungen beim Klimaschutz entgegen.  

Die Menschen werden immer älter. Seniorenresidenzen sprießen wie Pilze aus dem Boden. Warum sollten gerade ältere Menschen Sie wählen?

Ich setze mich schon seit längerem mit möglichen Maßnahmen zur Verbesserung der Daseinsvorsorge im Alter auseinander. Deshalb müssen in den Kommunen bezahlbare Wohnprojekte für Senioren und Seniorinnen sowie für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen entstehen, in denen die Bewohner ein Höchstmaß an Individualität und Eigenständigkeit behalten können, dabei muss aber je nach Bedarf auch die nötige Fürsorge und Pflege direkt vor Ort gewährleistet werden. Hier dürfen keine „Verwahranstalten für Senioren“ entstehen, bei denen es nur um den Profit der Betreiber geht. Unsere Generation trägt jetzt die Verantwortung dafür, Möglichkeiten zu schaffen, dass unsere Senioren ein menschenwürdiges Leben führen, das sie auch verdient haben. Schließlich haben unsere Eltern und Großeltern dafür gesorgt, dass wir heute in einem Land mit einem so hohen Lebensstandard leben dürfen. Deshalb fühle ich mich dafür verantwortlich ihnen die Zeit im Alter so schön wie möglich zu gestalten. Wir müssen es schaffen, unsere Senioren in unseren Gemeinden zu halten. Niemand sollte im Alter sein Zuhause aufgeben müssen.

Mit welchen Maßnahmen wollen Sie berufstätige Eltern bei der Betreuung ihrer Kinder unterstützen?

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für Eltern zentrales Thema und entscheidend für die Umsetzung und Zufriedenheit in diesem Spagat zwischen Kindern, Familie und Beruf. Der Ausbau einer qualitativ hochwertigen und zuverlässigen Kinder- und Schülerbetreuung ist für mich eine der wichtigsten Aufgaben, um das Ziel familienfreundlichster Kreis in Rheinland- Pfalz zu werden, überhaupt erreichen zu können. Wir brauchen unbedingt mehr Tagesbetreuungsangebote für Kinder ab einem Jahr in Krippen und wertige Tagesbetreuungen für Kinder und Jugendliche allen alters.

Warum sollten junge Familien ausgerechnet Sie zum Landrat wählen?

Ich setze mich aktiv für wohnortnahe Schulstandorte ein, wie ich es in meiner Ortsgemeinde bereits erfolgreich getan habe. Um Kindern und Jugendlichen eine sinnvolle Freizeitgestaltung - auch im öffentlichen Raum – zu ermöglichen, brauchen wir attraktive Spielplätze mit ausreichend Begegnungsflächen sowie gut ausgestattete kommunale Jugendräume, um so eine sinnvolle Freizeitgestaltung zu ermöglichen. Die Anzahl der Jugendpfleger muss dringend erhöht werden, um Veranstaltungen beispielsweise in Jugendräumen auch sinnvoll pädagogisch zu begleiten. Ein flächendeckendes Mobilfunknetz und schnelles Internet sollten für jeden Haushalt  inzwischen eine Selbstverständlichkeit sein. Hier müssen wir mit Hochdruck nacharbeiten, um endlich auf einen Stand zu kommen, der dem 21. Jahrhundert auch gerecht wird. Ich werde die Modernisierung aller Schulen in Kreisträgerschaft vorantreiben, um im Kreis eine hochwertige Bildungslandschaft zu etablieren.
Der Ausbau eines kostengünstigen ÖPNVs, insbesondere in den Dörfern unseres Landkreises, ist für mich ein Thema, was im Hinblick auf die Attraktivität noch viel Luft nach oben hat. Insbesondere der Transport von Schülern und Auszubildenden ist stark verbesserungswürdig. Es muss ein Sitzplatz für jeden Schüler gewährleistet werden.

Der Traum vom Eigenheim rückt für viele Menschen immer mehr in weite Ferne. Was würden Sie als Landrat gegen diese Preisexplosion im Hausbau unternehmen?


Das Desaster explodierender Kosten für Wohnraum nimmt in der Regel bereits bei den hohen Grundstückskosten seinen leidigen Anfang. Deshalb brauchen wir dringend mehr bezahlbaren Wohnraum in unserem Landkreis, um diesen für alle Menschen attraktiv zu halten. Um Wohnraum bezahlbar machen zu können, würde ich Kommunen dabei unterstützen,  selbst als Eigentümer, beispielsweise in Form eines Zweckverbandes oder als Genossenschaft, zu agieren. Die Kommunen hätten dadurch über verschiedene Wohnförderprogramme und/oder zinsgünstige Kredite die Möglichkeit, Wohnraum günstig anzubieten. Auch eine kreiseigene Struktur zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum halte ich für sinnvoll. Ebenfalls würde ich eine Unterstützung gerader junger Familien durch die Schaffung neuer Fördertöpfe auf Bundes- und Landesebene unterstützen. Eine kreiseigene Förderkulisse wäre ebenfalls ein gutes Instrument, um hier entgegenzusteuern. Eine Einflussnahme auf die gestiegenen Materialkosten sehe ich - mit Ausnahme beim Bauholz – derzeit als nicht realistisch an. Bei der Holzvermarktung sehe ich Chancen durch eine stärker regional geprägte Verarbeitung, um so eine schnellere Rückführung in den regionalen Markt zu gewährleisten.

Seit diesem Jahr müssen Landräte und Oberbürgermeister ihre Nebeneinkünfte offenlegen. Wie stehen Sie dazu?

Ich sehe die Position des Landrates als Bindeglied zwischen Menschen, Kommune und Land. Der Landrat muss die Interessen aller, aber vor allem die Interessen der Menschen, die im Landkreis leben vertreten. Ein transparenter Umgang mit politischen Themen, aber auch Offenheit bei Fragen der Nebentätigkeiten und Nebeneinkünfte sollten selbstverständlich sein und zwar nicht erst dann, wenn es per Gesetz gefordert ist.
Interview: Andrea Fischer


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