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Mit dem Sicherheitsdienst durch das nächtliche Trier

Als der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz im April die Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2015 in Mainz vorstellte, musste er zugeben, dass die Zahl der bandenmäßig betriebenen Wohnungseinbrüche im Vergleich zum Vorjahr um 22,4 Prozent auf insgesamt 7125 Delikte angestiegen ist. Doch auch Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und Behörden sind immer wieder Opfer ungebetener Gäste. Private Dienstleister wie die in Föhren ansässige UTS Sicherheit und Service GmbH füllen hier die Lücke, die die Polizei aufgrund einer dünnen Personaldecke hinterlässt.

Es ist 19.30 Uhr: Dienstbeginn für Bendix Behrens (Fotos), mit dem ich diese Nacht unterwegs sein werde. Der gebürtige Kieler begrüßt mich im besten norddeutschen Dialekt und ich erfahre, dass es in das Revier Trier geht. Neben Föhren und Bitburg eines von drei Einsatzgebieten. Noch befinden wir uns in der 24 Stunden am Tag und an sieben Tage der Woche besetzten Leitstelle. Auf einem halben Dutzend Bildschirme schlagen Alarme auf, werden Kontrollgänge live protokolliert und bestimmte Objekte mittels Kamera überwacht. Eine Wand ziert eine übergroße Deutschlandkarte, auf der die Einsatzgebiete mit ihren Ortsmarken verzeichnet sind. Wird ein Objekt nicht rechtzeitig "bestreift" – hier fällt es sofort auf.

Persönliches

Bendix Behrens (59) ist Vater vierer Kinder und seit drei Jahren bei UTS angestellt. Den Job kennt der studierte Gymnasiallehrer aber schon aus seiner Zeit an der Universität. "Während des Studiums habe ich als Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes auf der Kieler Woche gearbeitet", berichtet er. Im Zuge einer – wie er selbst sagt – Lehrerschwemme" blieb ihm anschließend eine Anstellung als Pädagoge verwehrt. Mehr oder weniger aus der Not heraus professionalisierte er sein bisheriges Hobby, das Rafting ("Wildwasserkanu"), was ihn acht Jahre lang als Organisator von kommerziellen Gruppenreisen auf die Flüsse Österreichs, Nepals oder Perus führte. Nachdem Bendix zeitweise in Südamerika lebte und aus persönlichen Gründen wieder nach Deutschland zurückgekehrt war, unterbreitete ihm sein Chef ein Jobangebot. Ein Nordlicht an der Mosel? "Trier ist doch schön", lautet Bendix' Fazit.

Scanpunkte

Im Auto haben wir Gelegenheit, ein wenig zu plaudern. Was ist so reizvoll, sich als Sicherheitsdienst-Mitarbeiter die Nacht um die Ohren zu schlagen? "Es macht mir unheimlich Spaß", gibt mir Bendix zu verstehen. "Es ist sehr abwechslungsreich. Jeden Tag kommt etwas anderes auf mich zu." Jedes Aufgabenfeld erfordert dabei andere Fähigkeiten. Beim "Revierdienst" ist laufen, aber auch Gewissenhaftigkeit angesagt. Die Tage, an denen man den Job unbeobachtet machen konnte, sind vorbei. Das merke ich bereits beim ersten Objekt des Abends, einem Baustoffhandel, bei dem auf Verschluss kontrolliert wird. "Bei jedem Rundgang muss an festgelegten Stellen gescannt werden", erklärt mir Bendix. "Wenn wir am Objekt sind und uns dort via Scan anmelden, weiß die Leitstelle sofort, wo wir uns befinden und wann wir da waren." Hierfür nutzt er sein Diensttelefon, mit dem er fest angebrachte Chips, etwa in der Größe einer Zwei-Euro-Münze, scannt. Der erste dieser Punkte befindet sich hier beispielsweise neben einer Tür. Den nächsten, wenige Meter weiter, darf ich scannen; das Mobiltelefon quittiert den Vorgang mit Vibration und Signalton.

Offene Türen

Das nächste Ziel ist eine Bundesbehörde. Bendix zieht einen von vier Schlüsselbunden aus seinem Einsatzkoffer. Von außen kontrollieren wir, ob alle Fenster geschlossen sind, was nicht der Fall ist. Es geht in das Gebäude hinein. Jedes Stockwerk muss einzeln abgegangen, Türen und Fenster auf Verschluss geprüft werden. Unregelmäßigkeiten werden an die Leitstelle übermittelt. "Das ist zur eigenen Sicherheit." Zügig geht es weiter von Stockwerk zu Stockwerk; ich gerate ins Schwitzen. Die nächsten Objekte, darunter das Burgunderviertel, Bürogebäude in Heiligkreuz und eine Einkaufspassage werden auf ähnliche Weise überprüft. Bendix erzählt mir dabei Horrorstories, die Kollegen auf ihren Rundgängen erlebt haben. Ich bedanke mich.

Ausgezahlt

Zweimal müssen Alarmanlagen aktiviert werden – im Fachjargon heißt das "scharfschalten". Hier kommt es auf die Minute an. Klappt dies so wie heute nicht beim ersten Mal, folgt umgehend ein Anruf der Leitstelle. Noch einmal geht es nach Trier-Nord, dieses Mal zu einem großen Autohaus. Hier müssen neben der üblichen Routine alle Neu- und Kundenfahrzeuge auf dem Parkplatz kontrolliert werden. Grob geschätzt sind das an diesem Abend 200 PKWs. "Dafür haben wir ungefähr 20 Minuten Zeit", erklärt Bendix. Wir ziehen an den Türgriffen und checken so, ob die Autos verschlossen sind. Es dauert nur wenige Fahrzeuge, bis ich das erste nicht abgeschlossene finde. Professionelle Autoknacker hätten hier leichtes Spiel gehabt und bei einem ausgewiesenen Verkaufswert von rund 100.000 Euro fette Beute gemacht. Doch dabei bleibt es nicht. Weitere zwei Fahrzeuge, darunter ein offensichtlich von einem Kunden zur Reparatur abgegebener PKW sind unverschlossen. Bendix kontaktiert die Leitstelle, gibt die Nummernschilder durch und ich erlebe hautnah, wie dem Unternehmen im schlimmsten Fall ein Schaden von geschätzt 200.000 Euro erspart geblieben ist. Nachdem die offenen Autos verschlossen wurden, geht es zum letzten Objekt und anschließend zurück zur Leitstelle, wo die Nachtschicht normalerweise gegen 6.30 Uhr endet.

Professionelle Ausbildung

Die Tätigkeit im Sicherheitsgewerbe kann heute durch eine Ausbildung zur "Fachkraft für Schutz und Sicherheit" professionalisiert werden. Alternativ ist mindestens ein Schein nach Paragraph 34 A Gewerbeordnung ("Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe") Voraussetzung. UTS bietet zudem interne Schulungen an, darunter Deeskalations- und Interventionstraining sowie Konfliktmanagement. JK


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