Seitenlogo
SP

Zwei Millionen Miese im Theater: Das sagen die Fraktionen

Die finanzielle Situation des Stadttheaters ist weit dramatischer als bislang angenommen. Zu dem bereits Mitte des Jahres ermittelten Fehlbetrag von 1,3 Millionen Euro für 2016 kommen aktuell weitere 977.000 Euro hinzu. Das Sagen die Stadtratsfraktionen zum Debakel.

Stellungnahme der CDU-Stadtratsfraktion

"Der Stadtvorstand hat in seiner turnusgemäßen Pressekonferenz die Öffentlichkeit und wenig später die Spitzen der Stadtratsfraktionen darüber informiert, dass die Überprüfungen der Theaterfinanzen weit höhere Budgetüberschreitungen als bisher angenommen zutage gefördert haben. Im laufenden Haushaltsjahr summieren sich zu dem bisher bekannten Fehlbetrag von 1,3 Millionen Euro weitere 977.000 Euro. Diese 2,3 Mio. Euro an unerwarteten Mehrkosten werden im freiwilligen Leistungsbereich bilanziert, dessen Gesamtvolumen für den Verbleib im kommunalen Entschuldungsfond (KEF) maßgeblich ist. Dies wird einen weiteren – nun vierten – Nachtragshaushalt zur Folge haben und konterkariert die ohnehin schwierigen Konsolidierungsbemühungen der Stadt Trier. Der SPD-Dezernent Thomas Egger wird mit den Worten zitiert, dass seine Geduldsfäden gerissen seien. Dieser Einschätzung kann sich die CDU-Fraktion in Bezug auf seine Person anschließen. Die Liste der Fehlschläge in dem von ihm zu verantwortenden Geschäftsbereich – angefangen von der NeroHero-Absage, die der Stadt Trier zweifelhafte Berühmtheit im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler eingebracht hat, über die noch ergebnislose Standortsuche für eine dringend notwendige neue Hauptfeuerwache, bis zur finanziellen Schieflage der Trier Tourismus und Marketing GmbH (ttm) – ist lang. Vor allem jedoch kam er als zuständiger Dezernent seiner Kernverantwortung, der finanziellen Kontrolle des Stadttheaters, nicht nach. Insbesondere oblag ihm, seit der im Juli notwendig gewordenen Einführung des Vier-Augen-Prinzips, kommissarisch die kaufmännische Leitung. Ungeachtet dessen wuchs das Defizit von Monat zu Monat. Für die gesamte finanzielle Entwicklung am Stadttheater trägt der Dezernent naturgemäß die Verantwortung. Über die laufenden Fehlentwicklungen hat Thomas Egger (SPD) Ausschuss, Rat und Öffentlichkeit mehrfach falsch oder gar nicht informiert. Trotzdem hat er es bis heute nicht für notwendig befunden, auch persönliche Fehler einzuräumen und stattdessen Verantwortung weit von sich gewiesen. Für den erforderlichen Neustart bedarf es einer personellen Veränderung an der Spitze des Kulturdezernats. Diesen muss Thomas Egger mit seinem Rücktritt ermöglichen."

Statement der AfD-Stadtratsfraktion

"Was sich hier abspielt, ist ein Skandal ersten Ranges. Nach und nach werden wir mit ständig neuen Defiziten konfrontiert, die die Finanzierungslücke für den Theaterbetrieb allein in den ersten zehn Monaten des Jahres 2016 auf nunmehr 2,3 Millionen Euro anwachsen lassen. Hier hat nicht nur der für die wirtschaftlichen Belange zuständige Intendant vollständig versagt, sondern auch das Controlling der Stadt ist seinen elementarsten Pflichten nicht gerecht geworden. Während überall in Trier gespart werden musste, um überhaupt noch einen halbwegs seriösen Haushalt hinzubekommen, wurden am Theater unter den Augen von Dezernent Thomas Egger Millionen Steuergelder in den Sand gesetzt. In Folge des offenkundigen Desasters fordern wir Herrn Sibelius erneut zum sofortigen Rücktritt auf. Unabhängig davon ist die Möglichkeit einer fristlosen Entlassung – selbstverständlich ohne Fortzahlung der Bezüge – umgehend zu prüfen und gegebenenfalls umzusetzen. Auch Herr Egger sollte sich seiner Verantwortung stellen und persönliche Konsequenzen ziehen. Mit Schuldzuweisungen an andere ist es nicht getan, denn als Dezernent hat er seine Aufsichtspflicht in gravierender Weise verletzt. Zudem war er aufgrund des ab Sommer geltenden 'Vier-Augen-Prinzips' selbst für das Theater-Budget verantwortlich und muss sich daher die seitdem entstandenen Fehlplanungen und Defizite unmittelbar zuschreiben lassen. Dass die SPD ihre Haltung in der causa Sibelius-Egger jetzt bestätigt sieht, ist an Heuchelei kaum zu überbieten. Gemeinsam mit den anderen Ratsfraktionen haben die Sozialdemokraten nicht nur Herrn Sibelius mit großen Vorschusslorbeeren ins Amt gehoben, sondern ihm auch dann noch den Rücken gestärkt, als die Fehlentwicklungen bereits absehbar waren. Noch im Juni haben sämtliche Ratsfraktionen bis auf FDP und AfD allen Warnzeichen zum Trotz den Vertrag des Intendanten um vier Jahre verlängert. Sich jetzt aus der Verantwortung zu stehlen und den Menschen weiß machen zu wollen, man habe von Anfang an die richtigen Entscheidungen getroffen, ist angesichts eines vermeidbaren Millionendefizits in einer hoch verschuldeten Stadt ein beispielloser Affront gegenüber den Bürgern. SPD, CDU, FWG, Grüne und Linke sollten endlich ihr eigenes Versagen eingestehen, anstatt an peinlichen Legenden zu stricken."

Stellungnahme der Links-Fraktion

"Auch wir sind über das neuerlich angewachsene Defizit am Theater schockiert. Offenbar war der Intendant mit der Haushaltsführung und -kontrolle vollkommen überfordert. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass daraus schon längst Konsequenzen gezogen wurden und Herr Sibelius nicht mehr für die Finanzen des Theaters zuständig ist", so Katrin Werner, Vorsitzende der LinkenTrier, Stellung. Statt wilder Rücktritts- und Kündigungsforderungen in alle möglichen Richtungen, die nur den Ruf des Theaters und seiner Angestellten weiter beschädigen, sollte der Stadtrat nun mit kühlem Kopf entscheiden und die strukturellen Ursachen angehen. "Es verwundert doch sehr, dass am Theater scheinbar keine ordentliche Buch- und Haushaltsführung existiert und auch nicht die Instrumente hierfür vorhanden sind. Dieses Problem existiert nicht erst seit Sibelius Intendant ist. Auch wenn es natürlich seine Aufgabe gewesen wäre, nach Amtsantritt hierauf aufmerksam zu machen und auf Abhilfe zu dringen, so scheinen die Probleme doch vor allem struktureller Natur zu sein", kommentiert Matthias Koster, kulturpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Stadtrat. "Wir brauchen jetzt eine rückhaltlose und schonungslose Aufklärung der Zustände am Theater, um eine informierte Entscheidung treffen zu können. Diejenigen, die dabei vorschnell nach der Schließung des Theaters rufen, sollten ehrlicherweise dazu sagen, dass weder zu sanierten Schulen oder auch nur besseren Straßen führen würde. Angesichts des Schuldenstands der Stadt von über 700 Millionen Euro und des durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) auferlegten Sparzwangs sollte man hier keine falschen Hoffnungen wecken", so Katrin Werner abschließend.


Meistgelesen