Thomas Förster

»Wie wäre es mir ergangen?«

Vogelsang. Neue Sonderausstellung »Auch Du gehörst dem Führer!?« auf Vogelsang regt Schüler zum Nachdenken an und ist wichtige Bildungsarbeit.

Vogelsang (Fö). Die ehemalige »Ordensburg« Vogelsang im Nationalpark Eifel war ein Schulungsort, an dem die zukünftige Elite des nationalsozialistischen Staates geformt werden sollte. Insgesamt betrafen die Schulungsprogramme an der »Ordensburg« aber nur eine Minderheit der Bevölkerung. Mit der neuen Sonderausstellung »Auch Du gehörst dem Führer!? Kinder und Jugendliche in der Region 1918-1945« wird ein breiterer Blick auf das Thema Schulung und Erziehung im Nationalsozialismus geworfen.

In zahlreichen Filmen, Dokumentationen, Büchern und Zeitschriften werden Hitlerjugend und der Bund-Deutscher-Mädel gezeigt. Oft sieht man Jungen und Mädchen, die diszipliniert in Reih und Glied stehen, die marschieren, Sport treiben und in Lagern geschult werden. In vielen dieser Bilder spiegelt sich die nationalsozialistische Propaganda wider. Wie erlebten Kinder und Jugendliche in der Region die Zeit des Nationalsozialismus? Inwiefern veränderte sich der Alltag von Kindern und Jugendlichen im Vergleich zur Weimarer Republik? Welche Inhalte kamen im Schulunterricht hinzu oder verschwanden? War die Hitlerjugend ein spannendes Freizeitvergnügen oder eine lästige Pflicht? Was passierte mit Kindern und Jugendlichen, als im Krieg aus militärischem Drill bitterer Ernst wurde?

Diese und weitere Fragen stehen im Zentrum der Sonderausstellung, die in Vogelsang IP zu sehen ist. Die Besucher erfahren, welche Aufgaben Euskirchener Abiturienten Mitte der 1930er Jahre gestellt wurden und womit sich Schüler an den Volksschulen auseinandersetzen mussten. Die Besucher lernen den Alltag von Kindern und Jugendlichen in »Hitler-Jugend« (HJ) und »Bund deutscher Mädel« (BDM) kennen, der für viele mit Sport, Schulungen, Fahrten und Lagern begann und in der Endphase des Zweiten Weltkrieges beim Ausheben von Panzergräben endete.

Bildungslandschaft in NRW fördern

Die durch die Landeszentrale für politische Bildung NRW geförderte Ausstellung ist in enger Zusammenarbeit mit Franz Albert Heinen, Reinhold Weitz und Christoph Brüll entstanden, die Experten für die Geschichte des Nationalsozialismus in der Region sind. Anhand von zahlreichen Infotexten, Bildern und Exponaten zeigt die Ausstellung einen wichtigen Teil der Geschichte unserer Region. »Die Breite der Bildungslandschaft in NRW ist ein wichtiger Schatz, den wir gerne unterstützen«, erklären die Staatssekretärin im NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft, Gonca Türkeli-Dehnert bei der Ausstellungseröffnung. »Statt die Individualität zu brechen müssen wir die Jugend ernst nehmen in einer pluaren Gesellschaft.«

Auch Euskirchens Landrat Markus Ramers mahnte, dass Bildung ein kritisches Selbstbestimmen der heranwachsenenden Generationen zum Ziel haben müsse.

Ausstellungskurator Marc Meyer zeigte auf, dass Kinder und Jugendliche zu fanatischen Parteisoldaten herangezogen werden sollten. Rassenkunde als Teil des Schulunterrichts und die wichtige Frage, wer dazu gehört und wer nicht, seien da nur einige Beispiele. In HJ und BDM sollte das neue Weltbild nicht zu erlernt, sondern auch erlebt werden. »Und wenn dann eine Leiterin des BDM in Monschau Teil des Mordkommandos am Aachener Oberbürgermeister Franz Oppenhoff wird, zeigt sich, wie radikal in diesen Organisationen gedacht wurde«, so Meyer.

Begleitprogramm zur Sonderausstellung

Begleitend zur Ausstellung gibt es ein vertiefendes Rahmenprogramm, das am Donnerstag, 12. Oktober, mit einem Vortrag von Franz Albert Heinen startet. Er ist einer der Kuratoren und referiert über »Tod an der Mordkaul. Zur Erschießung eines Jugendlichen in Gemünd 1944«.

Am Mittwoch, 8. November, folgt der Vortrag »Adolf-Hitler-Schulen 1937–1945. Suggestion eines Elitebewusstseins« von Regionalhistoriker Rainer Hülsheger.

Die Filmvorführung »Napola - Elite für den Führer« am Sonntag, 26. November, ist ebenfalls Teil des von NRWeltoffen unterstützten und kostenlosen Begleitprogramms, für das eine Anmeldung erforderlich ist.

Vor den Vorträgen und der Filmvorführung können alle Teilnehmenden jeweils an einer Kurzführung durch die Sonderausstellung teilnehmen. Für Schulklassen und Jugendgruppen gibt es passend zum Ausstellungsthema einen Studientag für die Sekundarstufe II.

Die Sonderausstellung ist täglich von 10 bis 17 Uhr im Besucherzentrum von Vogelsang IP zu sehen. Der Eintritt ist frei.

www.vogelsang-ip.de


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