Kehrtwende: Kantinen für Besser-Esser

Das Ministerium für Ernährung in Mainz möchte die Eifel zur Pilotregion machen, in der bei jungen Menschen ein neues Bewusstsein für Lebensmittel entsteht.
Setzen sich für Bio und Regionales in Schulküchen der Region ein (v.l.): Markus Pfeifer von der Regionalmarke Eifel, Lena und Guido Schmitz von der Fleischerei Schmitz, Ernährungsministerin Ulrike Höfken und Uwe Fusenig, Küchenchef am Euro BBW. Foto: S. Schönhofen

Setzen sich für Bio und Regionales in Schulküchen der Region ein (v.l.): Markus Pfeifer von der Regionalmarke Eifel, Lena und Guido Schmitz von der Fleischerei Schmitz, Ernährungsministerin Ulrike Höfken und Uwe Fusenig, Küchenchef am Euro BBW. Foto: S. Schönhofen

Wie sich Menschen in Deutschland ernähren, hat sich stark verändert. Nicht zum Guten. Die Wertschätzung für Lebensmittel sinkt. An ihnen spart der Kunde lieber als an Sprit, Internet oder Reisen. Das stellte Ministerin Ulrike Höfken, verantwortlich für Umwelt und Ernährung, am Montag bei einem runden Tisch im Euro BBW in Bitburg nochmal in aller Deutlichkeit heraus. Es sei höchste Zeit das Ruder herumzureißen. Weg von Fastfood und Fertiggerichten hin zu Bio und regional erzeugten Lebensmitteln. Denn die ernährungsbedingten Stoffwechselerkrankungen nehmen zu - auffallend häufig sind bereits junge Menschen betroffen - und kosten das Gesundheitssystem und die Lebensqualität einen hohen Preis. Kitas und Schulen stehen im Mittelpunkt der Überlegungen. In Modellregionen sollen Pilotprogramme mit dem Ziel starten, die Mittagsverpflegung in den Gemeinschaftseinrichtungen zu 50 Prozent aus Bio- und regionalen Erzeugnissen frisch zuzubereiten.

Neue Strukturen schaffenfür mehr Qualität

Die große Frage ist nun, wie man es schafft, mehr regionale und Bioprodukte auf den Speiseplan zu bekommen. Um das zu klären, hat das Ministerium die Regionalmarke Eifel mit ins Boot geholt. Nach Interviews in Kitas und Schulen hat Geschäftsführer Markus Pfeifer einen Vorschlag entwickelt: "Es geht darum, die Verantwortlichen zu überzeugen und sie in ein kreisweites System einzubinden", so Pfeifer. Strukturen müssten geschaffen werden. Das A und O sei es, die Logistik auf die Beine zu stellen. Dazu brauche es ein System mit einem standardisierten Speiseplan für die Kitas und Schulen. Die Lebensmittel würden nach Pfeifers Idee zentral für alle bestellt.

Knackpunkt: Lieferung der Lebensmittel

Ein Knackpunkt ist, die Lieferung der Lebensmittel zu organisieren. Eine Möglichkeit sehen Höfken und Pfeifer darin, die Firma Heiko damit zu beauftragen, weil sie bereits viele Schulen mit Obst und Milch beliefert. Zentrallager, Fahrer und Fahrzeuge sind also vorhanden. Die Koordinierung des Gesamtvorhabens würde die Regionalmarke Eifel übernehmen. Damit das Modell funktionieren könnte, bräuchte es nicht nur Lieferanten, die die Lebensmittel in die Einrichtungen bringen und Küchen mit Personal. Eltern müssten auch bereit sein, mehr Geld für das Mittagessen ihrer Kinder auszugeben. "Das System würde erstmal bei kleineren Schulen und Kitas starten, die selbst kochen. Im nächsten Schritt könnten größere Einrichtungen einbezogen werden. Das Schwierigste wäre, wie man Caterer dazu bringt mitzumachen", wirft Pfeifer einen Blick auf das Was-Wäre-Wenn. Denn erstmal müsste die Grundvoraussetzung geschaffen sein, also der Eifelkreis Bitburg-Prüm mit seinen 59 Kindertagesstätten und 46 Schulen, die in der Hand von 49 Trägern sind, überhaupt Pilotregion werden. Das Ministerium ist dafür. "Es bietet sich an, weil die Dachmarke Eifel hier ist", begründet Höfken. Dadurch sei viel Vorarbeit geleistet.

Euro BBW macht den Praxistest

Aber die lokalen Akteure wie Schüler, Eltern, Schulleiter, Hauswirtschafterinnen, Landrat und Bürgermeister müssten mitziehen. Das Euro BBW in Bitburg ist bereits von der Idee überzeugt und hat begonnen, die Küche auf Bio und Regionales umzustellen. "Wir haben den Vorteil, dass wir Lehrküche sind", erläutert Schulleiterin Anita Sonndag. Um die Inhalte der Berufsausbildung zu vermitteln, müssten hier sowieso höhere Standards gelten. Fleisch- und Wurstwaren sowie Kartoffeln kauft die Schule mittlerweile nicht mehr bei Großlieferanten, sondern von regionalen Erzeugern, nämlich der Landmetzgerei Schmitz und Philipp Landvogt. Obst und Gemüse sollen folgen. Es hat sich gelohnt: "Die Qualität ist besser", stellt der Küchenchef Uwe Fusenig fest. Von Montag bis Freitag werden hier täglich 250 bis 270 Mittagessen ausgegeben. Dabei merkt Küchenchef Fusenig häufig, wie wenig Kinder darüber wissen, was sie essen. Manche hielten Kohlrabi für Brokkoli - nur ein Beispiel. Das soll sich ändern, wenn es nach Höfken geht. Das Land würde die Einrichtungen in ihren Bemühungen, zu einer besseren Ernährung zu erziehen, unterstützen, versichert die Ministerin, indem es beispielsweise Personal schult und Schulträger berät. "Wir hoffen, dass wir Pilotregion werden, um unsere Idee eines Systems in die Praxis umzusetzen. Erst dann wissen wir, ob es funktioniert", resümiert Pfeifer.


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