

Trier/ Region. Die beiden großen Parteien CDU und SPD gelten zwar nach wie vor als Hauptkontrahenten beim Kampf um die Wählergunst, doch längst drängen auch kleinere Parteien in die Parlamente. Manche sind dort vorübergehende Erscheinungen wie etwa die Republikaner, andere wie Grüne oder Linke schafften die Entwicklung vom Newcomer zum politischen Dauerbrenner. »Die klassischen Milieus wie das Arbeitermilieu oder das kirchliche Milieu sind schon lange aufgeweicht und mit ihnen die politischen Identifikationen in ‚Lager‘. Im Mittelpunkt stehen heute individuellere und kritischere Werte. Hinzu kommt, dass Wahlentscheidungen kurzfristiger und weniger auf Basis langfristiger Identifikationen mit einer bestimmten Partei getroffen werden«, begründet Simon Jakobs das, was CDU und SPD Sorgen macht. Nicht nur deren Mitgliederzahlen sinken, auch der Wählerzuspruch.
Große Koaltition längst nicht ausgemacht
Während auf Bundesebene auch der Wegfall tiefer programmatischer Gräben zwischen den beiden großen Parteien die Entscheidung erschwere, seien in Rheinland-Pfalz vergleichsweise deutliche Unterschiede erkennbar. »Darum halte ich eine große Koalition längst nicht für ausgemacht«, sagt der Politologe, »auch wenn sie im Moment nach den Prognosen rein rechnerisch als eine nahe liegende Lösung erscheint«.
Im Falle einer »GroKo« erwartet er eine schwierige Regierungsarbeit, weil die Differenzen etwa zu den Themen Asyl und Bildung doch groß seien. »Ein gewisser Teil der Anhängerschaft beider Parteien könnte ihren Parteiführern eine große Koalition sehr übel nehmen.«
Bei Grüne und Afd mehr neue Mitglieder als Austritte
Die einzigen Parteien, die auch jetzt noch mehr Mitglieder gewinnen als Austritte verschmerzen müssen, sind Grüne und AfD, wobei die Grünen in den 1980er Jahren als Protestpartei galten. »Das Phänomen ‚Protestpartei‘ an sich wird bleiben, aber die einzelnen kleinen Parteien riskieren, mit dem Nachlassen der öffentlichen Aufmerksamkeit für ein bestimmtes gesellschaftliches Problem auch selbst zu verschwinden«, ist Jakobs überzeugt.
Versprechen einfacher Lösungen für komplexe Probleme zieht
Seiner Meinung nach hat die AfD mit ihrer Ausrichtung auf eine »ängstliche Mitte«, die ihre Ablehnung der etablierten Parteien kundtun will, größere Chancen auf Bestand als etwa der deutlich rechtsradikalere »III. Weg«, der ebenfalls zur Landtagswahl antritt. »Die AfD hat, wenn man sich das Wahlprogramm anschaut, keine geschlossene Programmatik, sondern wirkt eher stichpunktartig auf einzelne Themen zentriert, was für eine Protestpartei jedoch nicht ungewöhnlich ist.« Das Versprechen vermeintlich einfacher Lösungen für komplexe Probleme stoße auf Resonanz bei der Bevölkerung. »Die etablierten Parteien müssen den Protest der Bürger aufnehmen und reflektieren«, empfiehlt er. »Die rechtskonformen Meinungen, die von AfD-Anhängern vertreten werden, brauchen auch eine Repräsentation im Parlament. Nichts zu suchen haben da allerdings verfassungsfeindliche Inhalte oder Aufrufe zur Gewalt.«
Wahlen sind wichtigste Form der politischen Teilhabe
Der Trierer Politikwissenschaftler hält die parlamentarische Demokratie trotz des Abflauens der Begeisterung für die großen Parteien für unverzichtbar. »Wir kennen mehr als fünfzig verschiedene Arten der politischen Teilhabe, zum Beispiel Demonstrationen, Internetkampagnen oder kritischen Konsum. Doch Wahlen sind die wichtigste und zugleich einfachste Form. Sie sind das einzige Mittel, Macht auf Zeit an legitime Vertreter zu übertragen.«
Studien zufolge sehen sich 75 bis 80 Prozent der Bürger von mindestens einer Partei inhaltlich vertreten. »Von einer Krise der Parteiendemokratie kann also keine Rede sein. Aber die Menschen wollen zunehmend Gehör finden und von den Politikern wahrgenommen werden«, erläutert Simon Jakobs. ako
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Mit ihrer Erststimme können die Bürger einen Kandidaten direkt in den Landtag wählen.
Das sind die Kandidaten im Wahlkreis 21 Bitburg-Prüm:
Nico Steinbach, SPD (MdL)
Michael Billen, CDU (MdL)
Ulrike Höfken-Deipenbrock, Grüne
Jürgen Krämer, FDP
Marco Burbach, Die Linke
Henning Wunderlich, Freie Wähler
Otto Freiherr Hiller von Gaertringen, AfD