"Razamba" zum 60. Geburtstag für den Kinderbuchautor Martin Ebbertz
Auch im idyllischen Istrien, wo der Kinderbuchautor und Verleger derzeit seinen 60. Geburtstag, den er am 6. Juli heuer gefeiert hat, noch etwas nachklingen lässt, ist der weit gereiste - im Eifelstädtchen Prüm aufgewachsene - Martin Ebbertz noch für unsere Interviewanfrage erreichbar. Bekannt wurde der gebürtige Aachener vor zwanzig Jahren mit dem Buch "Der kleine Herr Jaromir". Heute lebt er - nach Stationen in Freiburg, Münster, Metz (Frankreich), Thessaloniki (Griechenland), Boppard am Rhein und Frankfurt - in Offenbach am Main.
In Freiburg und Münster studierte er einst Deutsch, Geschichte und Philosophie und jobbte nebenbei als Flohmarkthändler und Antiquar. Für seine Staatsarbeit forschte er im Archiv eines berühmten Kleinverlages, der Eremiten-Presse in Düsseldorf. Daraus entstand sein erstes Buch, die heute bei Antiquaren und Büchersammlern als "Ebbertz-Reske" zitierte Verlagschronik. Zum Schreiben für Kinder kam Martin Ebbertz durch den Hörfunk. In seiner Zeit als Deutschlehrer in einem französischen Lycée schrieb er eine Reihe Kurzgeschichten und schickte sie an mehrere Radio-Redaktionen. Diese kamen dort gut an und die Texte wurden im Bayerischen Rundfunk als Betthupferl oder in der beliebten SFB-Serie "Ohrenbär" gesendet. Aus einer der Geschichten entstand das erste Kinderbuch, "Josef, der zu den Indianern will", für das der Autor 1992 mit dem Anrich-Verlag einen renommierten Kinderbuchverlag fand…
Ihre Vita liest sich sehr bunt: Welche Station Ihres Lebens hat Ihnen bis dato am meisten gefallen?
In Frankfurt bin ich schnell heimisch geworden, und da bin ich ja auch heute wieder angekommen. Aber eigentlich hatte jeder Ort seinen Reiz, man muss sich darauf einlassen. Die Jahre in Griechenland waren natürlich etwas Besonderes, oder die Zeit in Münster ... da war ich halt jung und war Student…
Wie kommt man als Germanist und Historiker zum Kinderbuchschreiben?
Bei mir kam das durch den Hörfunk. Es gab da eine Sendung mit Kindergeschichten, eine Art "Radio-Sandmännchen". Das hat mich gereizt, ich habe dafür was geschrieben und einfach mal hingeschickt. Die Redakteure waren begeistert und haben fast alles gesendet, was sie von mir bekommen haben. Da habe ich gemerkt, ich hatte etwas gefunden, womit ich Erfolg habe und was mir Spaß macht.
Was motiviert Sie auch heute noch dazu, sich Geschichten für Kinder auszudenken?
Im Herbst erscheint mein Buch "Feuer in der Eiswürfelfabrik" in einer Ausgabe für Kinder, mit Illustrationen von Sabine Kranz. Das waren eigentlich Geschichten für Erwachsene. Ich habe dann gemerkt, wie gut die Geschichten auch bei Kindern ankommen. Kinder sind immer für Überraschungen gut.
Können Sie von Ihrem Autorengehalt leben? Womit verdienen Sie ansonsten noch Ihre "Brötchen"?
Tatsächlich bin ich "Profi", ich lebe von meiner Tätigkeit als Autor. Ein regelmäßiges "Autorengehalt" gibt es nicht, aber alles in allem komme ich gut über die Runden.
Haben Sie ein Wunschthema, das Sie gerne einmal in einem Buch umsetzen möchten, Ihnen fehlte es aber bisher an Zeit, Geld und Mut, das Thema anzupacken?
Da gibt es bestimmt einige. Vielleicht ein großes, dickes Hausbuch mit Geschichten, Gedichten, Rätseln und Bildern für die ganze Familie, für Groß und Klein. Bei vielen Projekten fehlt es vielleicht nicht so sehr an Geld und Mut, sondern vor allem an Zeit.
Was hat Sie dazu bewogen, mit "Razamba" (was bedeutet dieser Name eigentlich?) auch noch einen Verlag zu gründen?
"Razamba" nennt man in Eifel und Hunsrück einen wilden Trommelwirbel, mit dem man auf gute Kinderbücher aufmerksam macht ... Na ja, falls das nicht stimmt, ist es gut erfunden, oder? Und passt auf jeden Fall. Es fing an mit wichtigen Büchern, die es bei anderen Verlagen nicht mehr gab, weil sie ausverkauft waren und nicht mehr nachgedruckt wurden. Später kamen echte Neuerscheinungen dazu.
Arbeiten Sie auch heute noch fürs Radio?
Ja, gelegentlich schon, aber es hat früher sehr viel mehr Kindersendungen gegeben als heute. Leider sparen die Radiosender in dieser Sparte besonders scharf, dabei sind Kinder doch die Radiohörer von morgen.
Was ist das für ein Gefühl, Kinder bei Ihren Lesungen live zu begeistern?
Das ist super, das macht mir wirklich großen Spaß. Die Kinder werden heute überflutet mit multimedialen Reizen, alles findet auf dem Bildschirm statt, Filme, Musik, Spiele ... Und dann komme ich, und ich ziehe diese Kinder in den Bann, ohne Beamer, ohne Power-Point, nur mit Geschichten, mit Gedichten, nur mit Sprache. Das ist ein irres Erlebnis. Für die Kinder, und auch für mich.
Können Sie sich noch an Ihre Kindheit in der Eifel (sprich in Prüm) erinnern? Was hat Ihnen in der Eifel am besten gefallen? Hat Sie an der Eifel auch etwas genervt?
Natürlich kann ich mich erinnern. Als Kinder waren wir viel draußen, es gab Fußballspiele auf dem Bolzplatz, die Nachbarn haben uns einen Eimer Wasser mit einer Schöpfkelle hingestellt. Schon als Jugendlicher habe ich die Landschaft, die Leute und die Dörfer rund um Prüm und ihre Sprache gemocht. Leider wurde in Prüm selbst nicht Platt gesprochen, so dass ich es nie richtig gelernt habe. Heute freue ich mich, wenn ich irgendwo in der Welt jemanden Eifler Platt schwätzen höre, das ist dann ein Gruß aus der alten Heimat. Genervt hat mich, dass so viele Sachen weit weg und nur mit dem Auto zu erreichen waren. Das ist teilweise auch heute noch so.
Wo können Sie am besten schreiben? Gibt es feste Zeiten, an denen Sie am Schreibtisch zu finden sind?
Eher vormittags als in der Nacht. Und theoretisch überall, mein Schreibtisch ist inzwischen mein Laptop.
Fördern Sie auch junge AutorInnen in Ihrem Verlag?
Im Verlag bis jetzt nicht so direkt. Aber ich mache Schreibwerkstätten, in diesem Zusammenhang sind schon drei Bücher mit Texten von Kindern entstanden.
Was halten Sie als Germanist, Autor und Verleger vom Gendern und den ständigen Änderungen der Rechtschreibung in den letzten Jahren? Was nervt Sie dabei am meisten?
Das Gendern in der Rechtschreibung ist meiner Ansicht nach weder grammatisch korrekt noch schön. Aber ich rate zu Gelassenheit. Die deutsche Sprache hat schon einige Irrungen und Wirrungen überstanden, man denke nur an das schwer lesbare Geschwurbel der Barockzeit.
Woher beziehen Sie Ihre kreativen Ideen?
Oft aus der Umgebung, aus dem Alltag. Ich habe fast immer ein Notizbuch dabei. Plötzlich fällt mir etwas ein und ich schreibe es auf. Manchmal landet das dann in einer Geschichte oder in einem Gedicht, aber nicht immer.
Hat auch Ihnen als Autor und Verleger die Coronazeit zugesetzt? Wie haben Sie diese mental und finanziell überstanden?
Finanziell kann ich mich nicht beklagen, es wurde schon einiges kompensiert. Aber ich hatte vorher bis zu 100 Lesungen im Jahr, das ging dann eine Weile quasi auf null, das hat mir sehr gefehlt. Noch immer ist es nicht wie vorher. Es gab aber auch positive Erlebnisse. Ich habe mit Grundschulkindern, die nicht ausreichend Zugang zu Zoom und dergleichen hatten, eine Schreibwerkstatt in Form einer Telefonkonferenz gemacht. Es war ein großes Projekt, über mehrere Monate hinweg. Es hat erstaunlich gut funktioniert und war für alle eine überraschende Erfahrung.
Haben Sie besondere Hobbies? Oder sonst noch irgendwelche Vorzüge, von denen die "Nachwelt" wissen sollte?
Wandern - gerne in Eifel und Hunsrück - Fahrradfahren, Kochen und Essen, ich spiele Boule ... das sind so einige meiner Hobbys. Was die Nachwelt angeht - wenn ich an die Kinder denke, für die ich Geschichten schreibe, dann hoffe ich vor allem, dass wir ihnen eine Welt hinterlassen, in der es sich leben lässt.
Weitere Infos unter: www.ebbertz.de
Interview: Sabine Krösser