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Jochen Schweizer zu Gast in Simmern

Derzeit kann man ihn jeden Dienstag im Fernsehen beim Sender VOX sehen, aber ihn live in einem Vortrag zu erleben, hat schon einen besonderen Touch. Jochen Schweizer zog beim 14. Wirtschaftsforum Rhein-Hunsrück seine gut 300 Zuhörer in den Bann eines Unternehmers, der alle Höhen und Tiefen des Geschäfts in Extremen selber erlebt hat.

von Arno Boes Das Autohaus Scherer in Simmern war diesmal der Veranstaltungsort, die Wirtschaftsjunioren Rhein-Hunsrück (WJ) hatten die Auswahl des Referenten vorgenommen und gemeinsam u.a. mit der IHK Simmern und dem Regionalrat der Wirtschaft (RW) die organisatorischen Vorbereitungen getroffen. Nach der Begrüßung durch Heiko Englert als Sprecher der Wirtschaftsjunioren und Geschäftsführer Werner Heck als Hausherrn betrat Jochen Schweizer die Bühne. Eingeleitet durch einen Film mit beeindruckenden Aufnahmen des früheren Wildwasser-Kajakfahrers und Stuntmans erzählte Schweizer zunächst von einer Situation, in der er einen Telefonanruf erhielt, der sein Leben verändern sollte, ohne dabei den Inhalt des Telefonats zu erwähnen. Daran an schloss sich eine Rückblende auf Erlebnissen im heute noch ausgeübten Kajaksport, einem schweren Unfall, den er nur durch eisernen Willen und mit gesundheitlichen Folgen überlebte, und von ersten Erfahrungen mit dem Bungee-Springen, aus dem er zusammen mit guten Freunden und Partnern schnell eine Geschäftsidee entwickelte. Höher, spektakulärer, erfolgreicher Die Welt des Films eröffnete sich ihm durch die Zusammenarbeit mit Willi Bogner, das Springen aus immer größeren Höhen machte ihn zu einem gefragten Partner bei Action- Aufnahmen für die Werbung und Show. Höhepunkt dabei war ein 1000-Meter-Bungee-Sprung, der ihm aber auch die Grenzen des Machbaren aufzeigte und vor allem in Fragen der Verantwortung für seine Familie zu einem Umdenken brachte. Den Sprung aus einem Kilometer Höhe wagte er und fasste danach seine Gefühle so zusammen: „Es gibt Dinge im Leben, die kann man nicht beschreiben, die muss man machen!“ Zu diesem Zeitpunkt florierte längst sein Geschäft mit den Sprunganlagen in ganz Deutschland, die erste und bekannteste davon im Münchner Norden an der Olympiaregattastrecke und auch am Fernsehturm in Dortmund. „Ich hatte alles, was sich ein erfolgreicher Unternehmer heute als Statussymbole vorstellt: Haus, Autos, eine funktionierende Familie, tolle Reisen und Events nach Belieben.“, schilderte Schweizer die damalige Zeit. Der Absturz Dann kam der 22. Juli 2003 und der Anruf, den Jochen Schweizer zu Beginn seines Vortrages erwähnt hatte. Es war einer seiner Mitarbeiter aus Dortmund und begann mit dem Satz “Wir haben einen Toten.“ Beim Sprung von der Plattform des Turms im Florianpark war das Seil aus ungeklärter Ursache gerissen, der 31-jährige Springer in den Tod gestürzt. Sofort ließ der Unternehmer aus Unterhaching alle seine Anlagen schließen, was folgte war der Alptraum eines jeden Unternehmers. Zusammenbruch des Geschäftes, Bruch der Familie, Kündigung der Kredite durch die Banken und Verlust jeder Reputation auf dem Markt. Vom Gipfel des Lebens stürzte er innerhalb weniger Monate auf den Nullpunkt. Doch Schweizer gab nicht auf. Alle rieten ihm, die Insolvenz für seine Firma anzumelden. Doch Schweizer verkaufte lieber sein privates Hab und Gut und befriedigte mit den Erlösen die Forderungen der Bank. Ideen hatte er noch genug, um wieder auf die Beine zu kommen, doch Versuche, u.a. in New York Investoren zu finden, scheiterten kläglich. Mit einigen wenigen freiwilligen Mitarbeitern, die zunächst auf ihr Einkommen verzichteten, mietete er eine heruntergekommene Industriehalle an, bastelte eine eher dürftige Internetseite, auf der er „Erlebnispakete“ zum Kauf anbot. Waren es vorher vor allem die spektakulären Bungee-Sprünge, so fanden sich nun Baggerfahrten, Quad-Touren, Städtetrips und auch Candle-Light-Dinner auf dem Programm. Und entgegen aller Zweifel sprangen die Kunden darauf an. Inzwischen kann man auch wieder Bungee- und Fallschirmsprünge bei Schweizer buchen, sein Jahresumsatz mit allen Angeboten beträgt nach eigenen Angaben heute um die 70. Mio. Euro. Nur Fehler und Niederlagen führen zur Belohnung Was nun konnte Schweizer seien Zuhörern aus der Rhein-Hunsrück-Wirtschaft vermitteln? Er fasste es in einigen prägnanten Sätzen zusammen. „Geben Sie auch bei Niederlagen nicht auf. Sie werden nicht belohnt für das Anfangen, sondern für das Durchhalten!“, war einer davon. Sein Lebensweg als Extremsportler, Stuntman und Unternehmer ist sicher ein Beispiel dafür. „Lassen Sie Fehler zu, nur aus ihnen können sie lernen. Bereuen Sie nichts, was Sie gemacht haben und nicht zum Erfolg geführt hat. Schauen Sie nach vorne.“ In einer Welt, in der Manager und Verantwortliche gerne „Schuldige“ suchen, statt sich im die weitere Entwicklung ihres Unternehmens zu kümmern, sicher auch eine gute Empfehlung. Und aus der aktuellen Fernsehsendung hat er als Mentor junger Unternehmer eines gelernt: „Investieren Sie nicht in Produkte, Marketing, Werbung oder Businesspläne. Investieren Sie in die Menschen, wenn Sie eine Idee interessant finden. Ebnen sie ihnen den Weg, damit sie ihre Erfahrungen machen können.“ Erfahrungen hat Jochen Schweizer in seinem bisherigen 58-jährigen Leben viele gemacht, auch solche, die weit über die Grenzen des Üblichen hinausgingen. Seine Schilderungen in Simmern hatten etwas Fasszierendes und Motivierendes, auch wenn man sich die Extreme eher ersparen sollte. Ein lang anhaltender Applaus der Zuhörer, die den Abend mit einem Imbiss und vielen Gesprächsrunden ausklingen ließen, war die Bestätigung, dass dieses 14. Wirtschafts-Forum den Nerv der Besucher getroffen hatte. Die Auswahl des Referenten durch die Wirtschaftsjunioren, das Ambiente im großen Verkaufsraum des Autohauses und die lockere Atmosphäre des gesamten Abends machten ihn zu einem der Höhepunkte in der Geschichte dieser Veranstaltungen.


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