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Die Welt ist genug

Keine einfachen Hausaufgaben hatte Präsident Karl Josef Perscheid seinen hilfreichen Geistern vom Weinkonvent Zum Heiligen Goar verordnet, denn zur traditionellen Nikolaus-Rotweinprobe sollte es Weine aus nicht weniger als allen Erdteilen und köstliches Essen geben. Alle erfüllten ihre Pflichten hervorragend.
Die Weinbrüder mit ihren Favoriten vor der Weltkarte.

Die Weinbrüder mit ihren Favoriten vor der Weltkarte.

Während die Weinbrüder Wolfgang Krammes und Hubertus Jacoby mit Linsencurry, mediterranen Tomaten und boudin noir eine idealtypische schmackhafte Synthese von internationalem Flair und bodenständiger Kost geschaffen hatten, brillierte Präsidentengattin Annelore mit einer Auswahl vollendeter Desserts. Spritzgebackene Weihnachtsplätzchen belegten außerdem ihre legendäre Backkunst und unterfütterten manchen Schluck Rotwein mit dem gewissen Etwas. Die vielleicht schwierigste Obliegenheit unter dem vom Präsidenten vorgegebenen Motto „Sieben Kontinente - Eine Weinwelt“ hatte aber Kellermeister Thomas Philipps mit großem Geschick bewältigt. Indem er Amerika in zwei Kontinente aufteilte und als weinrelevant noch die Antarktis hinzufügte, sorgte er für den notwendigen Umfang der Probe. Er setzte an den Beginn einen 2015er Spätburgunder vom Weingut Christmann in der Pfalz und erinnerte an die gute Sitte, den Forschern in der Neumayer Station in der Antarktis jedes Jahr eine Kiste Rheinhessischer und Pfälzer Weine zuzusenden. Dieser vollendete Spätburgunder könne durchaus auch darin gewesen sein und wenn nicht, wäre es umso bedauerlicher für die Wissenschaftler. Als Vertreter Europas erschien ein 2016er Saperavi vom Chateau Mukhrani in Georgien, einer der Wiegen des Weinbaus, der durch kräftigen Geschmack und starke Farbe zu überzeugen wusste. Dann ging es nach Südafrika, von wo der Neethlingshof Estate in Stellenbosch seinen 2017er Pinotage „Owl Post“ geliefert hatte, der durch aromatische Barriquetöne auffiel. Aus Kalifornien gesellte sich ein 2017er Zinfandel vom Weingut Beringer hinzu und die Bodega Irurtia in Uruguay hatte einen schönen 2015er Pinot Noir roble beigesteuert. Ein Cabernet Sauvignon kam aus China vom Weingut Changyu Moser, einem der größten und ältesten Weingüter in dem Land, das sich anschickt, nicht nur mengenmäßig, sondern auch qualitativ in die Spitze der weinproduzierenden Länder vorzudringen. Den Abschluss machte ein 2015er Shiraz vom Chalk Hill in Australien, der guten Anklang fand. Der Kellermeister gab zu allen Weinen und den Weingütern ausführliche Erläuterungen während die Weinschwestern und -brüder sich anhand einer vom Präsidenten beschafften Weltkarte über die Herkunft der Tropfen orientieren konnten. Beschlossen wurde die Weltreise mit einer Abstimmung, die selbstverständlich den Pfälzer Spätburgunder als Favoriten erkor.


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