Seit Montag dürfen Einzelhandelsgeschäfte im Kreis Euskirchen wieder Kunden empfangen, meist jedoch mit Termin. Gastronomen dürfen frühestens ab 22. März wieder öffnen, und dann nur den Außenbereich. Wir haben mit Betroffenen gesprochen. Die Reaktionen auf die Lockerungen sind gemischt.
Claudia von Landenberg betreibt seit fast 24 Jahren ein Juweliergeschäft mit Uhrmacherwerkstatt in Bad Münstereifel. Sie darf zwar seit Montag, wie die anderen Einzelhändler auch, mit Termin öffnen, hält die Maßnahme der vorherigen Schließung aber für nicht notwendig. »In einem Juweliergeschäft sind nie Massen von Kunden anzutreffen. Und bei Optikern hat es ja auch funktioniert«. Trotzdem sind sie und andere vom Inzidenzwert abhängig. »Wenn der Wert steigt, ohne unsere Schuld, müssen wir gleich wieder schließen. Wer legt den Wert fest auf welcher Grundlage?« Sie frage sich auch seit drei Monaten, warum die Menschen dicht gedrängt im Bus, in der Bahn, beim Arzt und im Discounter sein dürfen? »Das ist nicht durchdacht, und vernichtet die kleinen und größeren Einzelhändler und auch die Gastronomen«. Von Landenberg ist der Meinung, dass ohne Gastronomie viele Kunden erst gar nicht in die Kurstadt kommen. »Wir brauchen die Gastronomie die Museen und so weiter – und diese brauchen uns. Geisterstädte will niemand«, erklärt Claudia von Landenberg.
Optimistischer äußert sich Christian Lange vom Schuhhaus Lange in Euskirchen. Auch er bietet »Click and Meet« an, das bedeutet, dass die Kunden mit Termin ins Schuhfachgeschäft kommen können. »Das funktioniert wunderbar und wird gut angenommen. Sogar so gut, dass unser Server für die Terminvereinbarung kurzzeitig überlastet war. Man merkt, dass die Menschen kaufen wollen«, sagt Lange. »Natürlich gibt es vereinzelt Bedenken wegen des Datenschutzes, weil man bei unserer Online-Terminreservierung Name, E-Mail und Telefonnummer angeben muss. Diese Daten werden von uns aber nicht dauerhaft gespeichert. Ich habe auch vollstes Verständnis dafür, wenn jemand Angst davor hat, zum gläsernen Kunden zu werden, aber Diese Menschen dürften dann erst recht nicht online einkaufen«, sagt Lange. Er hofft darauf, dass der Inzidenzwert in den nächsten sieben Tagen weiter sinkt, oder zumindest gleich bleibt. »Wir müssen abwarten, wie es sich verhält. Am liebsten würde ich die Kunden natürlich ohne Termin im Geschäft begrüßen können«, sagt der Schuhfachhändler.
Mit Termin und Schnelltest in den Biergarten?
Auch die Gastronomen leiden massiv unter dem Lockdown. Auch sie dürften nach Öffnungsplan frühestens ab dem 22. März öffnen, allerdings nur die Außengastronomie und – bei einem Inzidenzwert zwischen 50 und 100 – nur mit tagesaktuellem, negativem Corona-Schnelltest-Ergebnis und vorheriger Terminvereinbarung. »Ich glaube nicht wirklich dran, dass das funktionieren wird. Das größte Problem sehe ich tatsächlich wenn der Inzidenzwert zwischen 50 und 100 liegt und die Gäste ein negatives Testergebnis vorweisen müssen. Mir ist nicht ganz klar, ob da ein offizieller Test erforderlich ist oder ob ein Selbsttest aus dem Discounter ausreicht«, sagt Ines Schulten von der Gaststätte »Anno Pief« in Zülpich. »Woher weiß ich dann, dass der Selbsttest nicht schon älter ist? Und mal ehrlich, wer unterzieht sich einem Test, und bucht einen Termin um mal ein oder zwei Bier im Biergarten zu trinken? Abgesehen davon wird sich wohl bei den Temperaturen, die Ende März herrschen, kaum jemand zum Essen nach draußen setzten. Ich würde gerne aufmachen, aber es würde sich einfach nicht lohnen. Optimal ist die Regelung nicht. Die weiteren Entwicklungen warte ich gespannt ab«, sagt Schulten.
Perspektive auch für Fitnessstudios
Nicht nur für die Gastronomie, sondern auch für die Fitnessstudios sieht der Fünf-Schritte-Plan eine mögliche Öffnung ab dem 22. März vor, ebenfalls abhängig vom Inzidenzwert. Bei einem Wert von unter 50 soll kontaktloser Sport in Innenräumen möglich sein, liegt der Wert zwischen 50 und 100, geht das nur mit aktuellem Test. Franz-Peter Schäfer, Betreiber der Sportwelt Schäfer in Bad Münstereifel und Kommern erklärt auf Wochenspiegel-Anfrage: »Für mich kommt diese neue Vorgehensweise zwar viel zu spät, trotzdem freue ich mich über den Richtungswechsel der Strategie. Endlich werden die Unternehmen und Menschen wieder mehr mitgenommen. In wie weit dies auch passiert, hängt nun von der Landesregierung in NRW und dem Landkreis Euskirchen ab. Es bedeutet für Unternehmen, wie Mitglieder viel benötigte Flexibilität. Es bedeutet allerdings auch wieder mehr Handlungsfähigkeit.«