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Landratswahl 2015: Hans-Werner Ignatowitz im Interview

Viele erinnern sich noch an das Chaos bei der Bahn, die zum Jahreswechsel auf den Eifelstrecken neue Züge eingesetzt hat. Für Hans-Werner Ignatowitz (Grüne) war das der Anlass, ins Rennen um das Landratsamt einzusteigen.

Herr Ignatowitz, Sie haben sich vor einigen Monaten entschieden, für das Amt des Landrats zu kandidieren. Welche Motivation steckt dahinter?   Die Interessen des Kreises Euskirchen bei der Organisation des Schienenverkehrs sind in den zuständigen Gremien nicht angemessen vertreten worden. Anfang 2015 wurde das ganz offensichtlich: Mit dem Einsatz neuer (schlecht geplanter) Fahrzeuge und der Inbetriebnahme neuer Haltepunkte in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis gab und gibt es vielfältige Probleme und die Fahrzeiten für die Fahrgäste aus unserer Region haben sich verlängert. Dann dachte ich: Prima! Es ist ja Landratswahl in diesem Jahr. Sicher werden der Landrat und sein Allgemeiner Vertreter die Probleme zur Chefsache machen und sich mit Nachdruck darum kümmern. Doch das war nicht der Fall. Stattdessen haben sich die Verantwortlichen zunächst gar nicht für die Probleme interessiert. Ja, es gab noch nicht einmal Antworten auf entsprechende Schreiben oder E-Mails. Das fand ich sehr ärgerlich. Als wir dann im Frühjahr im GRÜNEN Kreisverband darüber diskutierten, ob wir einen eigenen Kandidaten zur Landratswahl aufstellen sollen, habe ich mich dafür ausgesprochen und auch erklärt, dass ich zur Kandidatur bereit bin. Die Unterstützung eines SPD-Kandidaten stand für uns nicht zur Debatte. Denn im Kreis führen CDU und SPD eine große Koalition. Die Kreis-SPD ist deshalb für viele Missstände mit verantwortlich.     Als Favoriten gelten Amtsinhaber Günter Rosenke und dessen Allgemeiner Vertreter und Herausforderer Manfred Poth. Was können Sie besser als die beiden?   Der Landrat wirbt damit, „bürgernah“ zu sein, ja er nennt sich selbst sogar „Bürger-Landrat“. Das kann ich in Anbetracht der oben beschriebenen Umstände nur als schlechten Scherz verstehen. Ich möchte mich im Gegensatz dazu nicht nur um Lobbyinteressen, sondern um die wirklichen Sorgen und Probleme der Menschen im Kreis Euskirchen kümmern. Günter Rosenke und Manfred Poth arbeiten in der Kreisverwaltung seit Jahren Hand in Hand. Beide haben die Entwicklungen der letzten Jahre in gleicher Weise zu vertreten. Der Landrat und sein Allgemeiner Vertreter stehen dabei für festgefahrene verkrustete Strukturen. Und wer lange Zeit den gleichen Job erledigt, ist meist „betriebsblind“. Ich verfüge – ebenso wie die beiden Amtsinhaber – über eine jahrzehntelange Erfahrung in der öffentlichen Verwaltung. Aber für den Kreis Euskirchen kann ich neue innovative Ideen einbringen. Die Kreisverwaltung sehe ich dabei als modernen und familienfreundlichen Arbeitgeber. Die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Kollegialität und Miteinander stehen für mich an erster Stelle.     Wenn Sie die Wahl gewinnen: Welche drei Projekte stehen bei Ihnen ganz oben auf der „To-Do-Liste“? Ich möchte das Kreis-Veterinäramt (soweit gegen die „große Koalition“ im Kreis machbar) personell aufstocken und dafür Sorge tragen, dass die Verwaltung Hinweisen zum Tier- und Umweltschutz konsequent nachgeht sowie Anlagen zu Massentierhaltung intensiver und auch unangemeldet kontrolliert.   Der Öffentliche Nahverkehr muss im Kreis Euskirchen einen anderen Stellenwert erhalten. Es kann nicht sein, dass Pendlerinnen und Pendler auf das Auto umsteigen, weil sie ihre Arbeitsstätten mit Bus und Bahn nicht verlässlich erreichen. Dabei müssen wir auch über den Tellerrand hinaus schauen, denn die nördliche Eifel ist das Bindeglied zwischen den Ballungszentren Köln, Bonn und Aachen. Ein guter Öffentlicher Nahverkehr hat maßgeblichen Einfluss auf die Wahl des Arbeitsplatzes und ist damit auch für die Gewinnung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen unserer Region von großer Bedeutung.   Ich möchte Ordnung schaffen rund um die Entwicklungen zur ehemaligen NS-Ordensburg Vogelsang. Die Gründung und das Handeln der Gesellschaft „Vogelsang IP” ist geprägt von Intransparenz und hohen Kosten. Geplant war, die dortigen Baumaßnahmen bis 2014 fertig zu stellen, mittlerweile steht fest, dass auch 2015 die Anlage noch nicht wieder eröffnet werden kann. Aufklärung zum Stand und zu den Zahlen der Baumaßnahmen gibt die Vogelsang IP leider immer erst dann, wenn irgendwelche „Skandale“ in der Öffentlichkeit bekannt werden – und auch dann nur sehr zögerlich und unvollständig. Das legt den Verdacht nahe, dass die Verantwortlichen bewusst Dinge verschleiern. Als Landrat des Kreises Euskirchen möchte ich mich dafür einsetzen, dass die Geschäftsführung der Vogelsang IP stets umfassend und zeitnah über den Stand der Bauarbeiten informiert und zumindest im zuständigen Fachausschuss alle Zahlen unaufgefordert auf den Tisch kommen.     Was würden Sie sagen: Wie hoch ist Ihrer Meinung nach die Wahrscheinlichkeit, dass der Kreis Euskirchen ab Herbst 2015 Grün als Hausfarbe hat und von Ihnen als grünem Landrat geführt wird?   Es gibt ja das Sprichwort „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“. Die beiden schwarzen Bewerber boten sich gegenseitig aus. Die SPD hingegen ist gespalten. Einerseits ist sie der Koalition mit der Kreis-CDU verpflichtet, andererseits hatte die dortige Basis einen eigenen Kandidaten durchgesetzt. Nach all dem Zank und Streit hat der Kreis Euskirchen einen Neuanfang verdient. Mit viel unberührter Natur, dem Nationalpark Eifel und vielen modernen „grünen“ Ideen – von der Spitzenreiterrolle der Stadt Schleiden im Bereich regenerativer Energie, über zahlreiche Bio-Höfe bis hin zu den „Dorfautos“ in Blankenheim und Bad Münstereifel – muss der Kreis nicht schwarz bleiben. Mit einem grünen Landrat an der Spitze kann der Kreis Euskirchen nur gewinnen. Ich stehe bereit dazu.


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