Wenn der Lieferservice der Nettersheimer Hubertus Apotheke künftig nicht nur Arzneimittel an die Haustüre bringt, sondern auch bestellte Bücher, dann kann man von einem Umstand sprechen, den man neudeutsch gerne als Innovation bezeichnet. In der Gemeinde Nettersheim jedenfalls ist dieser Tag nicht mehr allzu fern.
»Die Buchhandlung vor Ort«, sagt Martin Schwoll, »ist immer auch ein Stück Dorfkultur. Und mit jedem Klickkauf im Internet legt man die Axt an diese Kultur an.« Der Mann muss es wissen. Schließlich führt er recht erfolgreich die Buchhandlung Backhaus in Aachen und betreibt eine Filiale in Burtscheid. Nun wagt sich der Buchhändler, dessen eigentliche Profession die eines Unternehmsberaters ist, tief in die Eifel und eröffnet am Freitag, 12. August, um 10 Uhr im Nettersheimer Literaturhaus eine neue Buchhandlung.
Synergien
Sehr zur Freude von Bürgermeister Wilfried Pracht, der damit nicht nur die Position von Nettersheim als ein wichtiger Literaturstandort in der Region gefestigt sieht. »Wir haben nicht nur das Literaturhaus, das mit seinem Konzept ziemlich einmalig im Lande ist, sondern bieten auch seit 11 Jahren erfolgreich unsere Reihe Literatour an und sind Standort der Lit.Eifel.« Durch die Ansiedlung der neuen Buchhandlung Backhaus auf einer Fläche von rund 32 Quadratmetern verspricht sich Pracht Synergien mit den anderen wichtigen Bereichen Natur und Kultur. Wie solche Synergien aussehen können, zeigt eine Lösung, die Pracht und Schwoll noch vor der Eröffnung in einem Gespräch austüftelten. »In einem dünnbesiedelten Gebiet wie der Eifel«, hatte der Buchhändler erkannt, »werden sich die Leute in der Regel ihre Bücher durch die bekannten Internetriesen ins Haus liefern lassen.«
Lieferservice
Vor diesem Hintergrund erhielt er von Pracht den Tipp, doch bei der benachbarten Apotheke einmal nachzufragen, ob die nicht Interesse hätte, neben Medikamenten auch bestellte Bücher auszuliefern. Dort zeigte man sich von dem Gedanken durchweg angetan. »Das ist ein Beispiel für die Möglichkeiten, die mich für Nettersheim so interessiert haben«, zeigte sich Schwoll, der die Räumlichkeiten für zehn Jahre gemietet hat, begeistert. Er ist überzeugt, mit seiner Philosophie auch in Nettersheim Erfolg haben zu können. In Aachen habe es seine Buchhandlung immerhin geschafft, im vergangenen Jahr ein zweistelliges Umsatzplus zu erwirtschaften. Er begreift seine Buchhandlungen als eine Agora, einen Marktplatz, auf dem die Kunden sich wohlfühlen sollen. Um diese Agora auch in Nettersheim aufbauen zu können, kann er und seine Frau vor Ort, Brigitte Crump-Schooß, die Räumlichkeiten des Literaturhauses mit nutzen.
Büchergilde
Das Angebot werde sich abseits des Mainstreams bewegen und auch das interessante Angebot der Büchergilde beinhalten. »Ausschlaggebend ist jedoch die Herzlichkeit den Kunden gegenüber«, so Schwoll, der ankündigte, in Nettersheim auch einen Ausbildungsplatz zu schaffen. Den Kontakt zu dem Aachener Bücherhändler stellte übrigens die Bibliothekarin Dr. Kerstin Wolff her. Sie hatte noch unter ihrem Mädchennamen Juchem entscheidend an der Realisierung des Literaturhauses mitgewirkt und war dann in Mutterschutz gegangen. Nach der Geburt von zwei Kindern wird sie am 12. September wieder an ihre alte Wirkungsstätte zurück kehren.