Vor 30 Jahren kam Grubenlicht in die Dunkelheit
Was der Vorsitzende des Heimatvereins Rescheid und Leiter des Besucherbergwerks »Grube Wohlfahrt« damit meint: »Wir haben damals ziemlich blauäugig eine Aufgabe angefangen, von der wir nicht wussten, wie gewaltig die Herausforderungen werden sollten.« Doch die Beharrlichkeit an der Hacke hat sich für die vielen Helfer gelohnt.
»Unglaublich«, sagt Karl Reger, »aber jetzt führen wir schon 30 Jahre lang interessierte Menschen in den unterirdischen Stollen des alten Erzbergwerks.« Tatsächlich wurde das Besucherbergwerk bei Rescheid am 3. Oktober des Jahres 1993 feierlich eröffnet und wurde in den Folgejahren zu einem wahren Publikumsmagneten. Fast 340.000 Gäste brachten die rund 40 ehrenamtlichen Grubenführer bislang unter die Erde - in insgesamt 35.000 Führungen. Die Aktiven des Heimatvereins Rescheid leisteten dabei jährlich rund 6.000 Stunden an ehrenamtlicher Arbeit.
»Ohne die Corona-Pandemie läge die Zahl noch weit höher«, ist sich Karl Reger sicher. Die Nachwirkungen sind heute noch spürbar. Bot man früher drei Führungen an jedem Tag im Jahr an, wurden sie seit Corona auf zwei Führungen um 11 und 14 Uhr reduziert. Gruppen ab acht Personen können separate Führungen zu jeder Tageszeit vereinbaren. Zudem gibt es über das Jahr verteilt Sonderführungen, etwa die »Schatzsuchen« für Kinder. Man sei bei den Besucherzahlen noch nicht auf dem Stand der Vor-Corona-Zeit, aber das Interesse ziehe wieder spürbar an.
Der Bergbau rund um Rescheid
Die älteste urkundliche Erwähnung des Bergbaus rund um Rescheid stammt aus dem Jahre 1543. Die eigentliche Blütezeit erlebte die »Grube Wohlfahrt« jedoch erst 1877, als die englische »Continental Diamond Rock Boring Company, Ltd.« die Grube und mit modernster Technik ausstattete. So gab es beispielsweise eine mit Pressluft betriebene Grubenbahn.
Sie ist wohl auch verantwortlich für die Graffiti von Bergleuten, die es in Rescheid zu bestaunen gibt und die in anderen Gruben eigentlich unbekannt sind. Karl Reger: »Die Einritzungen ins Gestein findet man an der Stelle, an der die Grubenbahn Pressluft tanken musste. Wahrscheinlich haben sich die Kumpel mit den Graffiti die Wartezeit vertrieben.«
Vielen Generationen von Menschen aus der ganzen heutigen Gemeinde Hellenthal bot die Grube Arbeit und Brot, wobei nicht nur Bergleute vom Bergbau lebten. Die Blumenthaler Fuhrunternehmen Spang und Berners (heute Spedition Berners) sowie die Schmiede Müller aus Blumenthal (heute Stahlbau Müller) haben in dieser Zeit ihre Ursprünge.
Zwar erreichte am Ende des 1. Weltkriegs der tiefste Schacht bei Schwalenbach eine Tiefe von 520 Meter, doch der Bergbau wurde zunehmend unrentabel. Die »Grube Wohlfahrt« wurde im Jahre 1940 endgültig geschlossen, in den 1950er und -60er Jahren wurden alle Zugänge Stollen und Schächte hermetisch verschlossen.
Und das wären sie wohl auch geblieben, wenn da Franz-Josef Jansen nicht gewesen wäre. Der hatte die Geschichte des Bergwerks erforscht, besaß viele Unterlagen und war entschlossen: »Da will ich noch einmal rein!« Auf diesen Franz-Josef Jansen stießen im Jahr 1983 Geologen rund um den Professor Werner Kasig von der RWTH Aachen, die sich in Rescheid für den alten Bergbau interessierten. Gemeinsam beschloss man, einen Zugang zum versiegelten Bergwerk zu schaffen. 1985 fand über einen Erkundungsschacht eine erste »Befahrung« des Bergwerks statt, bei der man im brusthohen Wasser landete - und dennoch den Entschluss fasste, ein Besucherbergwerk zu errichten. Zu diesem Zweck wurde am 25. September 1985 der Heimatverein Rescheid gegründet, der die Trägerschaft über das Projekt übernahm. Insgesamt dauerte es mit tatkräftiger Unterstützung von sogenannten ABM-Kräften noch einmal acht Jahre, ehe man über das neue Einstiegsgebäude »op de Weisch« zehn Meter tief ins Bergwerk einfahren konnte.
Das Besondere im Rescheider Bergwerk ist, dass der Besucher immer von Geräuschen durch Wasser umgeben ist. Zudem gibt es einen fossilen Meeresstrand, der im »Tiefen Stollen« auf einer Länge von 1.600 Metern vorhanden und 400 Millionen Jahre alt ist. Vor 300 Millionen Jahren stellte er sich durch die Gebirgsbildung senkrecht auf.
Einen Wunsch für die Zukunft hat Karl Reger: »Es wäre schön, wenn sich Menschen bereit erklären, als Grubenführer tätig zu werden.« Jeder könne sich dabei nach Zeit und Lust einbringen. Ob man drei Führungen pro Woche oder zwei pro Jahr übernehmen wolle, spiele keine Rolle. Alle Aktiven seien gleich wichtig.
Mehr erfährt man unter www.grubewohlfahrt.de