„Auch das Wasserwirtschaftsjahr 2019 war außergewöhnlich warm. Die mit 13 Monaten längste Periode aufeinander folgender überdurchschnittlich warmer Monate endete zwar im Mai dieses Jahres. Aber schon in den folgenden Sommermonaten lag die durchschnittliche Temperatur wieder über dem langjährigen Mittelwert“, so fasste Dr. Uwe Friedl, Verbandsratsvorsitzender des Erftverbandes, das Wasserwirtschaftsjahr vor den rund 180 Gästen des Wasserwirtschaftssilvesters am 31. Oktober in Neuss zusammen.
Anders als das Kalenderjahr endet das Wasserwirtschaftsjahr im Herbst mit dem Ende der Vegetationszeit. Der Erftverband nutzt diese Gelegenheit, um seine Mitglieder und Gäste aus Politik, Wirtschaft und Forschung einmal im Jahr zu einer besonderen Silvesterfeier einzuladen. Als Gastredner sprach Prof. Dr. Stefan Siedentop, wissenschaftlicher Direktor des ILS – Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung, zum Thema „Urbane Infrastruktur schafft Zukunft: Erneuerung, Ausbau und Umbau als integrierte Aufgabe in Städten und Regionen“.
Energie ist ein Schwerpunktthema
Als Umweltverband ist auch der Umgang mit der Ressource Energie ein Schwerpunktthema des Erftverbandes. In diesem Jahr konnte der Verband den Anteil an selbst erzeugtem Strom aus Klärgas für die Abwasserreinigung weiter steigern und gleichzeitig den Energiebedarf der Kläranlagen auf rund 33 Millionen Kilowattstunden senken. „Mehr als ein Drittel dieser Strommenge erzeugen wir mittlerweile selbst aus Klärgas und zu einem geringeren Anteil aus Photovoltaikanlagen“, so Dr. Friedl.
Das bei der Abwasserreinigung anfallende Gas wird auf 16 der 33 Kläranlagen des Erftverbandes in Blockheizkraftwerken in Strom und Wärme umgewandelt sowie direkt auf den Kläranlagen genutzt. Im Mai ist eine weitere Anlage dazu gekommen. Durch die Nachrüstung mit einer Klärschlammbehandlungsanlage mit Faulbehälter und Gasspeicher produziert der Erftverband nun auch auf dem Gruppenklärwerk Kaarst-Nordkanal Klärgas, das direkt in einem hoch effizienten Blockheizkraftwerk in Strom und Wärme umgewandelt wird. Wegen des landes- und bundesweit innovativen Charakters der Kombination von Membranbelebungsanlage mit Klärschlammbehandlung und Klärgasverwertung wurde das Projekt sowohl vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW mit 2,3 Millionen Euro als auch dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit mit 2,7 Millionen Euro gefördert.
Fahzeugflotte wird teils durch E-Autos ersetzt
Zudem ersetzt der Erftverband derzeit einen Teil seiner Fahrzeugflotte durch E-Autos. Sieben neue elektrisch angetriebene Autos ersetzen seit Mitte Oktober die bisher kraftstoffbetriebenen Dienstfahrzeuge der Kläranlagen Euskirchen-Kessenich, Zülpich-Bessenich, Bad Münstereifel-Kirspenich, Mechernich und der Elektrowerkstatt Süd. Um die Fahrzeuge auch nachhaltig zu betreiben und den Strombedarf zu decken, wird der Erftverband auf den fünf Kläranlagen Photovoltaikanlagen installieren. Dadurch wird der gesamte Jahresverbrauch der Dienstfahrzeuge bilanziell zu 100 Prozent aus Sonnenenergie gewonnen.
Der Einsatz der Fahrzeuge ist zunächst für zwei Jahre geplant. In dieser Zeit wird der Erftverband testen, wie wirtschaftlich und praktikabel der Einsatz von E-Fahrzeugen ist, beispielsweise in Bezug auf Ladezeiten, Reichweite und Handhabung. Der Einsatz von Blockheizkraftwerken, Photovoltaik und Elektrofahrzeugen ist nur ein Bestandteil der Energiestrategie des Erftverbandes. Im vergangenen Jahr hat der Verband zusätzlich zu seinem seit 2006 bestehenden Qualitäts-, Umwelt- und Technischem Sicherheitsmanagement auch ein Energiemanagementsystem eingeführt. Um den Anforderungen des Systems nachzukommen, erstellt der Erftverband jährlich energetische Bewertungen seiner Anlagen. Diese Daten bilden die Grundlage für Maßnahmen, um den Gesamtenergieverbrauch des Verbandes auch in Zukunft weiter zu senken.
Auch die Spurenstoffthematik bestimmt weiterhin die Arbeit des Erftverbandes. Im vergangenen Jahr veröffentlichte der Verband die Ergebnisse der Studie zur Spurenstoffbelastung der Erft und ihrer Nebengewässer. Eine vielversprechende Methode zur Elimination von Spurenstoffen stellt der Retentionsbodenfilter Rheinbach dar, der Mitte September in Betrieb ging. Das Besondere des Rheinbacher Bodenfilters besteht im Aufbau der Filterschicht, die aus einem Gemisch aus Filtersand und granulierter Aktivkohle besteht. Dadurch erhöht sich die Filterleistung des Beckens deutlich. Die Versuchsergebnisse an einem auf der Kläranlage Rheinbach aufgebauten Modellbodenfilter zeigen, dass das vom Erftverband maßgeblich entwickelte Verfahren Spurenschadstoffe zu mehr als 80 Prozent aus dem gereinigten Abwasser entfernt.
„Der Betrieb des Rheinbacher Retentionsbodenfilters als 4. Reinigungsstufe der Kläranlage Rheinbach wird zeigen, ob das Verfahren dauerhaft zur Elimination von Spurenstoffen geeignet ist und damit auch eine wirtschaftliche Alternative zur Nachrüstung von Kläranlagen darstellt“, so der Verbandsratsvorsitzende.