Andrea Fischer

Herzöffner, Ohrenöffner, Verbindung – die Mosel zeigt, wie Grenzenlosigkeit gelingt

Nittel. Der 16. Mosel-Kongress zeigt, wie Europa im Kleinen funktioniert

„Mosel grenzenlos – Zukunft gestalten im Herzen Europas“ – unter diesem Leitgedanken stand der 16. Mosel-Kongress der Regionalinitiative „Faszination Mosel“ am 29. Oktober 2025 im Bürgerhaus Nittel. Rund 200 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Tourismus und Weinwirtschaft erlebten einen Abend voller Emotionen, eindrucksvoller Impulse und lebendiger Beispiele gelebter europäischer Zusammenarbeit.

Zur Begrüßung hieß Landrat Andreas Hackethal, Vorsitzender der Regionalinitiative „Faszination Mosel“, die Gäste willkommen – darunter die Deutsche Weinkönigin Anna Zenz und die Moselweinkönigin Teresa Oster. Für Hackethal war es der erste Mosel-Kongress in seiner neuen Funktion. Er betonte die Bedeutung des Jahresthemas „Mosel grenzenlos“ anlässlich des 40-jährigen Jubiläums des Schengener Abkommens und blickte zugleich auf das neue LEADER-Vorhaben 2025–2029 der Regionalinitiative, das grenzüberschreitende Projekte, Kooperationen und die Weiterentwicklung der Moselregion stärken soll.

Für das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz sprach Dr. Joe Weingarten, der die Mosel als Symbol für gelebtes Europa bezeichnete: „Sie sind die Gesichter der Zusammenarbeit. Sie können Brücken bauen“. Das Ministerium sei langjähriger Partner der Regionalinitiative „Faszination Mosel“ und unterstütze auch den Wettbewerb #moselhelden mit Überzeugung.

Einen der emotionalsten Momente des Abends bildete die sehr bewegende Rede von Dr. Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. Mit großer Leidenschaft und spürbarer Überzeugungskraft sprach sie über die Mosel als Sinnbild eines grenzenlosen Europas. Als „Flusskind“ vom Rhein schilderte sie ihre persönliche Verbundenheit mit Flüssen als Orte des Lebens, der Begegnung und des Austauschs. Ein Fluss, so Barley, sei zugleich stark und verletzlich – ein sensibles Ökosystem, das kippen könne, wenn man es nicht pflege. Dasselbe gelte für Europa. „Ein Fluss kann kippen – genauso wie Europa. Wir müssen auf unser Gleichgewicht achten“, mahnte sie.

Sie erinnerte an die Schuman-Erklärung als Ursprung der europäischen Zusammenarbeit und daran, wie viel seither in der Moselregion entstanden sei – vom Mosel Musikfestival bis zu grenzüberschreitenden Schulen und Projekten, die das europäische Miteinander täglich mit Leben füllen. Zugleich warnte sie vor nationalistischen Strömungen, die das gemeinsame Fundament Europas gefährden könnten. Dennoch bleibe ihr Fazit hoffnungsvoll: „Die Europäische Union ist ein Wunder. Wir müssen lernen, sie zu schätzen und zu schützen.“ Besonders bewegend war ihre Schilderung einer Begegnung mit einer Iranerin, die betonte, dass wir Europäer oft vergessen, welch ein Privileg dieses freie, friedliche Europa ist. „Wir müssen wieder begreifen, was wir haben, und es bewahren“, so Barley. Ihr Impuls endete mit den Worten: „Das Gleichgewicht Europas darf nicht aus den Fugen geraten. Mosel grenzenlos – wir alle müssen uns dafür stark machen.“

Charmant und souverän führte Professor Dr. Sonja Christ-Brendemühl durch den Abend und durch die Talkrunde „Ein Fluss, viele Chancen – Kooperation im Dreiländereck“, die eindrucksvoll zeigte, wie Mosel grenzenlos in der Praxis gelebt wird.

In der Runde diskutierten Marc Weyer (Luxemburg), Silvia Hees (Hotel Halfenstube Senheim), Klaus Gasteiger (designierter Co-Intendant Mosel Musikfestival), Ralf Uhlenbruch (Bürgermeister Perl) und Stefanie Koch (Saar-Obermosel-Touristik), die für die erkrankte Susanne Prommenschenkel einsprang.

Ihre Antworten auf die Frage „Was bedeutet Mosel grenzenlos?“ waren so vielfältig wie die Region selbst. Für Silvia Hees gibt es keine Hindernisse, sondern nur positive Herausforderungen. Stefanie Koch verband mit dem Begriff die Freiheit, drei Länder zu bereisen und die kulinarischen Genüsse aller zu erleben. Marc Weyer sagte, Grenzen seien letztlich nur eine Erfindung – die Mosel dagegen ein gemeinsamer Lebens- und Wirtschaftsraum. Klaus Gasteiger sprach davon, wie gesegnet man sei, hier zusammenarbeiten zu dürfen. Und Ralf Uhlenbruch betonte: „Europa im Kleinen leben – das ist Mosel grenzenlos.“

Die Talkrunde zeigte eindrucksvoll, wie sich europäische Zusammenarbeit an der Mosel tagtäglich manifestiert – ob im Tourismus, in der Kultur oder im gesellschaftlichen Miteinander.

Stefanie Koch betonte die Bedeutung dauerhafter Strukturen und einer Koordinationsstelle für den grenzüberschreitenden Tourismus, während Silvia Hees über ihr Hotel sprach, in dem rund 20 Nationalitäten zusammenarbeiten: „Ein Lächeln versteht jede Sprache.“

Auf die Frage von Sonja Christ-Brendemühl „Welche persönlichen Grenzen wollen Sie überwinden?“ nannten die Podiumsgäste sehr konkrete Wünsche.

Silvia Hees berichtete von ihrem geplanten Personalhaus für 20 Mitarbeitende in Senheim, dessen Genehmigungsverfahren durch eine bessere Digitalisierung künftig erleichtert werden sollte. Stefanie Koch wünschte sich, dass grenzüberschreitende Zusammenarbeit künftig fest in Tourismusstrategien verankert werde. Marc Weyer sprach von der Vision eines grenzüberschreitenden Crémants, der weit über die Mosel hinausstrahlen könne – ein Symbol gemeinsamer Kreativität. „Man braucht Budgets, Kümmerer und Ausdauer. Nichts geht von selbst, aber Beharrlichkeit schafft Bestand“, betonte er. Klaus Gasteiger berichtete vom geplanten Experiment des Mosel Musikfestivals 2026 „Zahle, was du möchtest“, um Kultur für alle erlebbar zu machen. Und Ralf Uhlenbruch sprach über „Grenzen im Kopf“, die es zu überwinden gelte, und verwies auf die Special Olympics in Perl, ein inklusives Sportereignis, bei dem Barrieren im besten Sinne des Wortes abgebaut würden.

Zum Abschluss stellte Sonja Christ-Brendemühl die Frage: „Was bedeutet die Mosel in einem Wort für Sie?“ Die Antworten berührten das Publikum:

Für Silvia Hees ist die Mosel ein Herzöffner, für Stefanie Koch eine Weinkulturlandschaft. Marc Weyer bezeichnete sie als die liebens- und lebenswerteste Region der Welt. Für Klaus Gasteiger ist sie ein Ohrenöffner, für Ralf Uhlenbruch schlicht eine Verbindung – ein bewegender Abschluss eines Abends, der eindrucksvoll bewies, dass an der Mosel Grenzen nicht trennen, sondern verbinden.

Zum Abschluss des Mosel-Kongresses wurden die #moselhelden 2025 ausgezeichnet. Die Preisverleihung nahmen Dr. Joe Weingarten, Landrat Andreas Hackethal, Deutsche Weinkönigin Anna Zenz und Moselweinkönigin Teresa Oster gemeinsam vor.

Ausgezeichnet wurden das Hotel-Restaurant Zur Marienburg in Pünderich mit dem Projekt „Zu Gast bei Freunden“, der Feller-Maximiner Wein e.V. mit dem Projekt „Spektakulärer Weingenuss ohne Grenzen – Herrliche Auszeiten mit Weitblick“, das Museum Glockengießerei Mabilon in Saarburg mit dem Projekt „Soziokulturelles Zentrum Kulturgießerei Saarburg“ sowie als Publikumsliebling die Touristikgemeinde Winningen mit dem Projekt „Winninger Genussmarkt“.

Alle vier Preisträger erhielten einen Scheck über 1.000 Euro, eine Trophäe und eine Urkunde. Die Preisgelder wurden von der Wirtschaftsstandortmarke Rheinland-Pfalz.GOLD und für den Publikumsliebling von WESTENERGIE gestiftet.

Bei Moselwein, Wasser, Apfelschorle und alkoholfreiem Sekt klang der Abend in entspannter Atmosphäre aus – mit vielen neuen Begegnungen, Ideen und der gemeinsamen Überzeugung: Die Mosel verbindet – grenzenlos, inspirierend, menschlich.

Der Moselkongress wurde gefördert durch das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz, WESTENERGIE, Gerolsteiner Sprudel, den Moselwein e.V., die Sparkasse.


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