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Plastik: Status, Statements, Strategien

Wer den Erfinder des Plastiks sucht, hat ein Problem. Denn die Idee der Kunststoffe geht nicht auf eine Person zurück. Forscher, Chemiker und Unternehmen arbeiteten teils Jahrhunderte voneinander getrennt daran. Heute ist klar: Das multifunktionale Material schadet uns.
Nachdem die Plastiktüten aus den meisten Märkten verschwunden sind, stehen jetzt u.a. die Verpackungen von Obst und Gemüse auf dem Prüfstand.  Themenbild: imago/Jochen Tack

Nachdem die Plastiktüten aus den meisten Märkten verschwunden sind, stehen jetzt u.a. die Verpackungen von Obst und Gemüse auf dem Prüfstand. Themenbild: imago/Jochen Tack

Per Gesetz hat die EU vor Kurzem dem Plastikmüll den Kampf angesagt: Das Verbot bestimmter Einweg-Produkte, Reduktion insgesamt und besseres Recycling sollen vor allem die Meere sauberer machen. Nach Zahlen der EU-Kommission fallen allein in Europa jedes Jahr 26 Millionen Tonnen Plastikmüll an und Wissenschaftler warnen: Sollte der Plastik-Konsum mit der aktuellen Geschwindigkeit voranschreiten , prognostizieren sie im Jahr 2050 dreimal soviel Plastik im Meer wie Fische. Und das sind nicht nur Tüten oder Flaschen. Auch mikroskopisch kleine Kunststoffe, sogenanntes Mikroplastik, stellt nach aktuellen Studien eine akute Gefahr für Umwelt, Trinkwasser und die Menschen dar.

Vermeiden, Wiederverwerten, Recyceln

Auf Druck der EU arbeiten nun Konzerne wie Unilever oder Procter & Gamble daran, Shampooflaschen und Cremedosen recycelbar zu machen. Auch Discounter reagieren. "Vermeiden. Wiederverwerten. Recyceln" heißt zum Beispiel eine gemeinsame Offensive von Aldi Nord und Aldi Süd. So hat sich der Handelsriese u. a. vorgenommen, bis 2025 den Materialeinsatz der Eigenmarken-Verpackungen um 30 Prozent zu reduzieren. Schon bis 2022 soll bei allen Eigenmarken-Verpackungen eine Recyclingfähigkeit erreicht und zusätzlich die Verpackungsmenge bei Obst und Gemüse größtmöglich reduziert werden. In Deutschland gibt es 1890 Aldi Süd Filialen. In jeder davon werden rd. 1.500 Basisartikel und zusätzlich jede Woche 90 Aktionsartikel angeboten. "Bei so vielen Artikeln macht es viel aus, wenn an einer Stelle die Verpackung reduziert oder ganz weggelassen werden kann", schreibt Aldi-Sprecherin Berit Hullmann, die zum Thema auch bloggt (verpackungsmission.aldi.de). So sei die Gesamtmenge der Eigenmarken-Verkaufsverpackungen in den letzten fünf Jahren bereits um rd. zehn Prozent gesenkt worden. "Unsere Filialen in der Region Trier bieten zudem aktuell Bio-Rispentomaten in einer Schale an, die aus Zuckerrohrfasern hergestellt wird", teilt Tobias Neuhaus, Communications Specialist bei Aldi Süd mit. "Dabei handelt es sich um ein Abfallprodukt der Zuckerindustrie, für das keine zusätzliche Anbaufläche benötigt wird. Zuckerrohr ist ein natürlich nachwachsender Rohstoff, der ganzjährig geerntet werden kann und schnell nachwächst".

Mehrweg-Systeme im Test

Auch die Lebensmittelketten Lidl und Rewe arbeiten aktuell an Plänen, um das Plastikaufkommen in ihren Filialen deutlich zu verringern. Rewe und der konzerneigene Discounter Penny probieren unter anderem sogenannte Unverpackt-Konzepte aus - Mehrwegboxen und wiederverwendbare Netze für Obst und Gemüse.  Auch Edeka testet ein Mehrweg-System. Hier können die Kunden künftig wählen, ob sie Wurst oder Käse in Plastik- oder Mehrweg-Boxen mit nach Hause nehmen möchten. Das können seit rund drei Wochen auch die Kunden im Wittlicher Shoppingcenter Bungert. In Sachen Obst und Gemüse ist das Familienunternehmen schon länger am Ball. Bereits seit Anfang 2017 erleichtern in der Bioabteilung grüne Mehrweg-Beutel die Entscheidung pro Umwelt. Seit diesem Jahr gibt es die Möglichkeit auch in der konventionellen Frischeabteilung. "Insgesamt ein Riesenerfolg", sagt Geschäftsführer Matthias Bungert. "Und die Tüten an der Kasse waren bei uns immer schon aus Papier." Das Engagement für Natur und Umwelt beschreibt er als Herzensangelegenheit. Auch deshalb darf jeder Azubi zum Beispiel seinen eigenen Obstbaum pflanzen. Daraus ist mittlerweile eine Streuobstwiese entstanden, auf der ein Imker mit seinen Bienen für die Bestäubung sorgt (Bungert bedeutet "Obstbaumgarten" oder "Streuobstwiese", Anm. d. Red.). Dass immer mehr Kunden umweltbewusster einkaufen, bestätigt auch dm-Gebietsverantwortlicher Markus Otto. Deshalb habe dm gemeinsam mit Herstellern und Industriepartnern ein Rezyklat-Forum gegründet, bei dem es darum gehe, Kreislaufkonzepte zu etablieren. Otto: "Und wir waren die Ersten, die die Abreißbeutel an der Kasse abgeschafft haben ..."

Tipps und Info

Blogs von Menschen, die ein plastikfreies Leben praktizieren:
  • www.besser-leben-ohne-plastik.de 
  • www.plastikfreileben.de
Infos zum Thema:
  • www.bundesverband-meeresmuell.de
  • www.mikroplastik.de
  • www.projectbluesea.de
Scanner-App u. a. für Mikroplastik in Kosmetik:
  • www.codecheck.info
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