

Von Pixel zu Pinsel – so kann man die Idee hinter der Farbmischmaschine der Gymnasiasten auf den Punkt bringen. Das Konzept: Einfach eine Fotovorlage, die den gewünschten Farbton enthält, in die App laden und »TintTranslate« mischt diese Farbe genau zusammen. Einfach zumindest in der Benutzung. Denn im Prototyp der 17-jährigen steckt eine Menge Arbeit. Diese hat sich bereits ausgezahlt. Paul Flad aus Argenthal und Paul Scherer aus Kirchberg konnten im Bundesfinale des Wettbewerbs »Jugend gründet« Ende Juni in Stuttgart punkten. Hier haben sie die Jury überzeugt und wurden als Sieger gekürt. Dahinter steckten einige Monate der Entwicklung, die im Oktober letzten Jahres begann.
Angefangen hat alles im Kunstunterricht der Stufe 12 des Herzog-Johann-Gymnasiums in Simmern. »Wir haben Farben angemischt, kamen aber einfach nicht auf die richtigen Ergebnisse«, erinnert sich Flad. »Da haben wir gedacht: Das muss doch besser gehen. Da wir beide technikbegeistert sind, haben wir gleich an eine Maschine gedacht.« Das Konzept war von Anfang an das gleiche wie heute. Wie man einen bestimmten Farbton aus einer digitalen Vorlage in eine physische Farbe für den Pinsel umwandelt, das galt es auszutüfteln.
Die beiden Hunsrücker haben seit jeher eine Affinität für Technik und schon Erfahrungen im Programmieren gesammelt. Allerdings nicht in diesem Ausmaß. Sowohl die Hardware als auch Software haben sie eigenständig entwickelt und umgesetzt. Im Dezember war der erste Prototyp fertig. Dieser hat gezeigt: Die Idee funktioniert. Gemischt wird aus den Basisfarben, die man von handelsüblichen Druckern kennt: Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz. Dazu kommt noch die Farbe Weiß. »Beim Druck spielt das Weiß des Papiers bei der Farbmischung eine Rolle. Daher braucht unsere Maschine auch weiße Farbe«, erklärt Flad.
»Das Projekt ist eine Herzensangelegenheit«, betont Scherer. »Genau das hat man sofort gemerkt«, sagt Thomas Meißner, Entwicklungsingenieur bei der Hahn Automation Group (HAG). Die zwei haben für die Weiterentwicklung ihres Prototypen einen Sponsor gesucht. Flad und Scherer erklären, dass sie unbedingt eine funktionierende Maschine beim Wettbewerb präsentieren wollten. Gerade als Schüler war dafür aber eine finanzielle Unterstützung nötig. Die professionelle Projektvorstellung hat die Verantwortlichen in Rheinböllen direkt überzeugt und war zugleich eine gute Übung für die zwei. Zum Wettbewerb »Jugend gründet« gehört auch ein Pitch-Event (to pitch, engl.: anpreisen). Im Frühjahr haben sich Flad und Scherer fast wöchentlich mit Ingenieuren der HAG ausgetauscht.
»Die beiden haben sich bei der Entwicklung super ergänzt - ein gut funktionierendes Team«, sagt Meißner. Er betont: »Die Funktionen und Pläne stammen ausnahmslos von den Schülern. Wir haben ‚nur‘ beratend bei der konkreten Umsetzung und der Materialbeschaffung unterstützt. Der Zeitrahmen war sportlich. Alles musste in drei Monaten fertig sein. Das Engagement der beiden, neben dem Schulalltag, war enorm.« Die Freude im Unternehmen war natürlich riesig, als die Jungs den ersten Platz belegten.
Der nächste Schritt: »TintTranslate«, wenn möglich auf den Markt bringen. Einen Businessplan haben die Schüler bereits im Rahmen von »Jugend gründet« erstellt. Nun schreitet die Produktentwicklung voran. »Die App ist noch nicht komplett ausgereift und auch bei den verbauten Materialen gibt es noch Raum zur Optimierung«, sagt Scherer, »hier geht es unter anderem um Fragen der Genauigkeit bei den Pumpen oder einen Reinigungsgang. Gerne würden wir auch mit Farbherstellern zusammenarbeiten.« Eine Unternehmensgründung können sich die beiden ebenfalls vorstellen, wenn sie 18 sind. Dies würde dann, wie die Entwicklung bisher, erstmal neben ihrem Bildungsweg laufen.
Zunächst steht noch das Abitur an. Im Rahmen der Begabtenförderung haben Paul Flad und Paul Scherer ein Schuljahr übersprungen. Für Flad ist es 2026 soweit, Scherer wird sein Abitur 2027 in Simmern ablegen. Aktuell verbringt er im Rahmen des Patenschaft-Programms des Bundestages ein Austauschjahr in den USA, in einem Vorort der Stadt Green Bay (Wisconsin). Nach dem Abitur wollen beide studieren. Maschinenbau, Physik oder Chemie (Pharmazeutik) kann sich Flad vorstellen, für Scherer kommen Maschinenbau, Ingenieurswesen oder auch Medizin in Frage.
Und als Sieger von »Jugend gründet« treten die beiden im Herbst eine Reise ins Silicon Valley in den USA an – einer der bedeutendsten Standorte der IT- und Tech-Industrie weltweit.




