

»Das Ergebnis ist eine echte Sensation. Entgegen dem Trend, Produktionen ins Ausland zu verlagern, wird jetzt die Fertigung von Eisenbahnersatzteilen aus China in den Hunsrück verlagert«, sagte Jörg Köhlinger, IG Metall Bezirksleiter Mitte, beim Pressegespräch. Es soll ein »Bahnersatzteilkompetenzzentrum« entstehen. Das ist eines der Ergebnisse aus dem neuen Tarifvertrag, den die IG Metall treffender als Transformationsvertrag bezeichnet.
Genau das soll in Simmern stattfinden: Die Transformation des Werkes in einen zukunftsfähigen Standort. »Dafür werden auch Teile der Produktion aus Frankreich und dem Hauptsitz in Damme verlagert«, sagte Uwe Zabel, Verhandlungsführer IG Metall Bezirk Mitte. »Weiter investiert der chinesische Mutterkonzern Zhuzhou Times New Material Technology (TMT) mindestens sieben Millionen Euro in die Infrastruktur des Werkes. Zudem wird eine Million in die Qualifizierung der Mitarbeiter investiert«.
Weitere Eckpunkte des von der Verhandlungskommission ausgehandelten Transformationsvertrages: Bis 31. Dezember 2027 sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Boge garantiert bis dahin mindestens 250 Beschäftigte und fünf Ausbildungsplätze pro Jahr. Zur aktiven Beteiligung der Beschäftigten wurden »Demokratiezeiten« wie Freistellungen für Vertrauensleute und IG Metall-Mitgliederversammlungen während der Arbeitszeit vereinbart. Der Transformationsvertrag gilt nur für Mitglieder der IG Metall. Allerdings sind rund 98 Prozent der Belegschaft in der Gewerkschaft organisiert.
»Es war ein hartes Stück Arbeit, aber ich bin glücklich über das Ergebnis«, betonte der Betriebsratsvorsitzende Kay Wohlfahrt. »Nun bekommen wir neue Produktionen, die drei neue Geschäftsbereiche umfassen, darunter die Fertigung von Eisenbahnersatzteilen. Bisher waren wir nur Zulieferer der Automobilindustrie.«
Diese Diversifikation, die durch konkrete Investitionen umgesetzt wird, soll den Standort zukunftsfähig machen. Gleichzeitig stecken wohl auch strategische Überlegungen des Mutterkonzerns TMT hinter der Einigung. Zum einen ist das Unternehmen mit der Produktion in Simmern näher an den europäischen Kunden, zum anderen hofft man, den Markt in Europa weiter erschließen zu können.
»Das Ergebnis ist ein wichtiges Signal für die umliegenden Regionen, dass es sich lohnt, für Arbeitsplätze zu kämpfen«, betonte Ingo Petzold, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Bad Kreuznach. »Wir haben gegen den Trend ein Signal gesetzt, gerade im ländlichen Raum. Es ist ein Ergebnis der Solidarität!« In diesem Sinne wurde auch die »Flamme der Solidarität« an die Musashi-Kollegen von der Nahe weitergereicht. Auch in diesem Unternehmen stehen Veränderungen an, zwei Werke (Hann. Münden und Leinefelde) sollen geschlossen werden, berichtete der Betriebsrat.
Zabel spricht von einem »Friedensvertrag« und ist zuversichtlich, dass die vereinbarten Punkte eingehalten werden. Damit ist auch ein Arbeitskampf vom Tisch, für den sich die IG Metall gerüstet hatte. Dieser hätte Produktionsunterbrechungen in anderen Automobilfirmen zur Folge gehabt. Zabel beziffert den Schaden mit 10 bis 30 Millionen Euro pro Produktionstag bei Kunden wie VW oder Audi.


