Auf einen Plausch mit Blogger Florian Valerius
Herr Valerius, welches Buch hat Sie zum Lesen gebracht beziehungsweise wann begann Ihre Begeisterung fürs Lesen? "Was das Lesen angeht, bin ich ein absoluter Spätzünder. Jahrelang habe ich nur Comics gelesen, insbesondere die 'Lustigen Taschenbücher' - mir fehlt der klassische Kinderbuchkanon - Lindgren, Preußler, Maar, Nöstlinger - all die Klassiker habe ich erst spät als Erwachsener gelesen. Zur Leseratte wurde ich durch Stephen King. Mit 16/17 entdeckte ich meine Lust am Gruseln - und verschlang alles, was der 'King of Horror' zu bieten hatte. Das Eis war gebrochen und ich kann mir seitdem kein Leben mehr ohne Bücher vorstellen." Was macht ein gutes Buch für Sie aus? "Ein gutes Buch muss mich fesseln, mitreißen, mich entführen. Mir Orte, Menschen, Gefühle näherbringen, die in meinem Alltag eben nicht alltäglich sind. Es muss meine Sinne schärfen, meinen Horizont erweitern, mich Dinge lehren, mich erschüttern und bewegen. Und mich natürlich unterhalten." Wenn Sie die Wahl hätten zwischen mörderischem Krimi, einer romantischen Liebesgeschichte oder einer lustigen Komödie – was würden Sie wählen? "Das kommt bei mir auf die Stimmung an - mal möchte ich weinen, mal möchte ich mich gruseln. Ich bin für jedes Genre offen - solange das Buch gut geschrieben ist." Wie kam es, dass Sie Buchhändler geworden sind? "Nach dem Abitur und Zivildienst habe ich ein paar Semester studiert - jedoch gemerkt, dass dies nicht der richtige Weg für mich ist. Ich brauchte 'Bewegung', Austausch mit Menschen. Zu Schulzeiten hatte ich bereits ein Schulpraktikum in einer Buchhandlung absolviert - als ich dann damals den Aushang 'Job statt Studium? - Azubi gesucht' in der Unibuchhandlung Stephanus sah, wusste ich, dass dies meine Chance ist - eine Woche später begann ich meine Ausbildung - und bin nun, 15 Jahre später, Filialleiter eben jener Buchhandlung." Im wahren Leben Buchhändler, in der Blogger-Szene als "Literarischer Nerd" bekannt, dem inzwischen knappt 17.000 Menschen folgen. Wie viel Zeit verbringen Sie inzwischen beim Bloggen und wie kam es dazu? "Zum Blog kam ich wie die Jungfrau zum Kinde. In den Branchenmedien wurde zu dieser Zeit immer öfters über Buchblogger gesprochen. Ich fand dieses 'Konzept', außerhalb der Buchhandlung, im digitalen Raum, über Bücher zu sprechen, sehr spannend. Im Mai 2016 erfüllte ich mir einen langjährigen Traum: Ich reiste nach Japan und besuchte Tokyo. Lustigerweise entstand meine Japan-Leidenschaft durch die Literatur. Haruki Murakami ist mein Lieblingsautor - durch ihn wurde ich erst auf dieses spannende Land und dessen Kultur aufmerksam. Als ich wieder in Deutschland war, hatte ich hunderte von Fotos auf meinem Handy und fragte mich: 'Was damit anstellen?' Da kam mir Instagram in den Sinn - ich weiß noch, es war eine Fußball-Europameisterschaft im Gange (und ich hasse Fußball) und saß alleine zuhause und installierte die App. Statt jedoch Japanbilder zu posten, entschied ich mich für ein sogenanntes 'Shelfie' (ein Bild von meinem Bücherregal) - der @literarischernerd war geboren und der Rest Geschichte.... Mittlerweile ist das Bloggen, neben meiner 40 Stunden Woche in der Buchhandlung, zum zweiten Fulltimejob geworden." Lesen Sie für Ihre Blogs mehrere Bücher gleichzeitig und wie kritisch sind Sie, wenn Sie Bücher in kurzen Instagram-Posts beurteilen? "Ich lese immer nur ein Buch - parallel lesen kann ich nicht. Zu 90 Prozent befinden sich nur positive Besprechungen auf meinem Blog. Warum? Ganz einfach: Schlechte Bücher breche ich in der Regel nach 50 Seiten ab. Das Leben ist zu kurz für schlechte Bücher. Und wenn ich ein Buch nicht zu Ende gelesen habe, kann ich mir auch nicht erlauben, öffentlich ein Urteil darüber zu fällen. Ganz selten kämpfe ich mich durch ein schlechtes Buch, manchmal habe ich noch Hoffnung, oder ärgere mich so sehr, dass ich es zu Ende lesen MUSS. Dann gibt es dann und wann auch schon mal einen herrlichen Verriss. Grundsätzlich aber möchte ich die Leute aber ja für das Lesen begeistern und animieren - deswegen schwärme ich auch lieber über Literatur und deswegen war das 'Leseglück' auch ein Herzensprojekt von mir. Ein ganzes Buch, gefüllt mit (Herzens-)Leseempfehlungen! Ein Traum!" Literatur-Kritiker bemängeln ja häufig, dass man hochwertige Literatur wohl kaum in einem kurzen Posts abhandeln kann. Wie sehen Sie das? "Für mich ist Instagram die perfekte Plattform: Ich kann meine Kreativität einerseits durch Bilder ausleben - ich liebe es, die gelesenen Bücher in Szene zu setzen. Oft habe ich beim Lesen schon erste Ideen dazu. Und andererseits auch darüber schreiben: Die Textlänge ist perfekt. Ich könnte auch über jedes Buch einen zehnseitigen Essay schreiben - aber wer will das schon lesen? Es ist doch in der Buchhandlung das Gleiche: Auch dort habe ich keine Stunden Zeit, den Kunden von einem Titel zu überzeugen, wenn er nach einem Tipp fragt. Kurz und knackig versuche ich die Essenz herauszukitzeln, Lust auf die Geschichte zu machen. Versuche zu vermitteln, was die Lektüre für mich so besonders gemacht hat, was mich bewegt hat und warum das Buch lesenswert ist. Aber das eben nur in wenigen Sätzen. Literaturkritiker bemängeln auch oft meine Herangehensweise: Aber auch dazu muss ich sagen: Ja, das stimmt - aber ich habe eben auch keine Literaturwissenschaften studiert. Mir fehlen die Hilfsmittel. Ich habe eben meine ganz eigene Art gefunden, über Bücher und Literatur zu sprechen. Das tue ich eben eher emotional und nicht analytisch. So lange es die Menschen animiert zu Lesen- sie auch wieder mal zu einem Buch zu greifen, sollte man mir keinen Vorwurf machen - denn, das wollen wir doch alle: Dass die Menschen wieder lesen! #makereadingsexyagain" Können Sie mir Ihre drei absoluten Spitzen-Buchtipps nennen? "Nur 3? Nun gut, einigen wir uns auf drei All-Time-Favorites und drei aktuelle Herbst-Highlights:
- Mariana Leky - Was man von hier aus sehen kann / Hanya Yanagihara - Ein wenig Leben / Haruki Murakami - Kafka am Strand
- Madeline Miller - Ich bin Circe / Dror Mishani - Drei / Mareike Fallwickl - Das Licht ist hier viel heller
Hintergrund
Seit Juni 2016 bloggt Florian Valerius als literarischer Nerd auf Instragram seine Gedanken zu Büchern. Im Oktober 2017 erhielt er den ersten Buchblog-Award des deutschen Börsenvereins und der Online-Plattform NetGalley. Seither ist der Trierer ein gefragter Experte, wenn es um Bücher und die Branche allgemein geht. So wurde auch der ArsEdition Verlag auf ihn aufmerksam. Gemeinsam mit der österreichischen Autorin Mareike Fallwickl entstand das Buch "Leseglück", in dem 99 Bücher vorgestellt werden, die "gute Laune machen". Florian Valerius und Mitautorin Mareike Fallwickl stellen es auf einer Lesereise quer durch Deutschland dem Publikum vor. Premiere für die rund ein Dutzend Präsentationen ist am Dienstag, 17. September (19 Uhr), in der Europäischen Kunstakademie in Trier. Der Eintritt zur Veranstaltung in Zusammenarbeit mit "Literatur on tour" kostet 15 Euro (Abendkasse 17 Euro) einschließlich Bewirtung.Gewinnspiel
- Bei uns können Sie 2 x 3 Eintrittskarten für den Premieren-Abend gewinnen.
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