

Männer kann sie nicht, aber Frauen. Und wie! Petra van Bellen hat sich aus ihrem alten Leben befreit und dadurch zurück zur Kunst gefunden. Seit 2019 stellt sie ihre Werke im Atelier in Trier aus. Die ehemalige District Merchandiserin hat einen langen Weg zurückgelegt - und damit ist nicht nur die Destination von Berlin nach Trier gemeint. Denn der Weg zu sich selbst war um ein Vielfaches länger.32 Jahre lang hatte sie in Führungsposition im Textileinzelhandel alle Fäden in der Hand. "Ein 24/7-Job", wie sie sagt, der Berufliches und Privates miteinander vermengt. Die tägliche Anspannung und dann noch eine toxische Beziehung münden unweigerlich in einen Burn-out, dem sich van Bellen ein Jahr lang stellt.
Den Burn-out verschweigen? Nein, das möchte Petra van Bellen nicht. "Der gehört zu meinem Leben", sagt sie. Mehr noch: Es ist der Wendepunkt, an dem sie ihr Leben neu ausrichtet und dorthin zurückkehrt, wo sie sich geborgen fühlt: nach Trier und zur Kunst.32 Jahre im Textileinzelhandel haben die 58-Jährige geprägt. Das Privatleben gleich Null, die Partnerschaft eine einzige Katastrophe - dennoch schafft es van Bellen nicht, auszubrechen, schon gar nicht, sich sanft zu lösen. Es ist das Jahr 2017, an dem ihr Leben eine Wende nimmt, an dem sie die Reißleine zieht, ohne es zu wissen. Die allgemein schlechte wirtschaftliche Lage in Deutschland verschärft die Arbeitssituation in der Textilbranche, die Zukunft ist ungewiss, die Partnerschaft bleibt toxisch, das Leben wird zur Last. Im Rückblick ist der Burn-out für van Bellen die logische Konsequenz. "Das musste passieren", sagt sie. Auch wenn sie das für sich nie für möglich gehalten hätte. Es folgt ein Jahr der Selbstfindung, psychologisch professionell begleitet. Weil sie gezwungen ist, sich mit sich selbst zu beschäftigen, findet sie zur Kunst als ihrer Seelenverwandten zurück.
Mit dem Umzug von Berlin nach Trier verlässt sie 2019 schließlich einen großen Teil ihrer Vergangenheit. In Trier, ihrer Heimatstadt, lässt sie sich nieder und stellt ihre Gemälde in einem Atelier aus.Ausdrucksstark sind ihre Bilder, farbenfroh, vielschichtig in der Gestaltung - auch Mix media genannt, weil Materialien und Techniken in einem Bild zusammengeführt werden, die den Betrachter Schicht für Schicht tiefer in Realitäten eintauchen lassen.Und die Realität liegt alleine im Auge des Betrachters. Ganz gezielt nötigt van Bellen zum Blickkontakt mit ihren portraitierten Frauen. In ihren Augen darf und soll man sich verlieren und so auf den Grund der Seele vordringen. Dass es ausschließlich Frauenportraits sind, die unter ihren Händen entstehen, begründet sie mit der eigenen Lebensgeschichte: "Da ist immer ein Stück Ich drin: meine Lebensfreude, Sehnsucht, Neugierde und Stärke." Dadurch vermittelt sie ein Lebensgefühl, adressiert als Botschaft an alle Frauen, sich den Zwängen zu stellen und den Mut zu haben, auszubrechen. "Denn", so die Künstlerin, "was ich geschafft habe, das schaffen andere auch."