Nikolas Leube

Der Mutmacher - so gelingt Inklusion

Trier. Leon Basic ist ein Mutmacher: Trotz seiner Autismus-Spektrum-Störung hat er als einer der ersten Förderschüler des Landes eine reguläre Verkäuferausbildung abgeschlossen. Nun arbeitet er bei Nahkauf-Surges in Trier-Gartenfeld.

Nach einem zweiwöchigen Praktikum war dem Ehepaar Gerhard und Hannelore Surges klar, dass sie Leon Basic als gelerntem Verkäufer eine Stelle anbieten werden.

Nach einem zweiwöchigen Praktikum war dem Ehepaar Gerhard und Hannelore Surges klar, dass sie Leon Basic als gelerntem Verkäufer eine Stelle anbieten werden.

Bild: Nikolas Leube

Leon Basic hat eine Autismus-Spektrum-Störung. Seine Geschichte möchte er mit anderen teilen und Menschen mit Autismus Mut machen. Bei Nahkauf-Surges in Trier-Gartenfeld hat Leon ein Umfeld gefunden, das ihm Sicherheit und Wertschätzung vermittelt. Sein Arbeitsalltag zeigt, wie Inklusion gelingen kann.

von Nikolas Leube

 

Mit Autismus in einem Supermarkt zu arbeiten bedeutet mutig zu sein, das weiß Leon Basic. Meistens findet man den 25-Jährigen in der Getränkeabteilung im hinteren Teil des kleinen Supermarktes. Dort ist es ruhiger als im vorderen Teil, wo die Kassen stehen und zu den Stoßzeiten viel Betrieb ist. Zwischen gestapelten Getränkekisten und Regalen mit Flaschen und Tetrapaks sortiert er Getränke ein, die er zuvor mit einem Wagen aus dem Lager geholt hat. Er wirkt konzentriert. "Mir ist es wichtig, dass die Regale ordentlich aussehen und die Kunden ansprechen", so Leon. Ab und zu unterbricht er seine Arbeit, schaut auf, begrüßt Stammkunden und hält einen Plausch. Über die kurzen Begegnungen freut sich Leon und wenn er über sie spricht, erhellt sich sein Gesicht: "Es gibt Kunden, bei denen man sich immer freut, auch wenn man schlechte Laune hat". Eigentlich keine besondere Geschichte und Alltag in vielen Supermärkten. Doch sie zeigt, wie Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung in das Berufsleben integriert werden können.

 

Beruf mit Autismus

Autismus-Spektrum-Störungen sind vielfältig. "Kennt man einen Autisten, kennt man einen Autisten", so Experten. Besonders bei der Berufswahl spielt das eine Rolle. Um Menschen mit Autismus beim Berufseinstieg zu unterstützen, müsse man ihre individuellen Fähigkeiten und Interessen berücksichtigen. "Was Menschen mit Autismus vor Herausforderungen stellt, sind unerwartete Situationen. Viele bevorzugen deswegen strukturierte und vorhersehbare Tätigkeiten. An einen Job mit Kundenverkehr denkt man da nicht als erstes", so Leons Jobcoachin von Autismus Trier, die ihn seit 2017 kennt. "Was oft für Unsicherheiten sorgt, sind die Anforderungen, die im Job gestellt werden. Wann muss ich was tun? Wie muss ich etwas tun? Was mache ich, wenn ich eine Frage habe? Wie gehe ich damit um, wenn mich ein Kunde etwas fragt und ich nicht direkt weiß, was ich antworten kann?" 


 

Umfeld ist entscheidend

Die familiäre Atmosphäre bei Nahkauf Surges hilft Leon im Arbeitsalltag, mit unerwarteten Situationen umgehen zu können. "Ich fühle mich hier im Team sehr wohl und das Miteinander macht mir sehr viel Spaß«, so Leon. "Ich habe immer einen Ansprechpartner, der mir in schwierigen Situationen helfen kann." Auch mit der Lautstärke und dem Kundenverkehr bei Nahkauf-Surges komme er gut klar. Und selbst wenn die Reize mal zu viel werden oder es ihm nicht so gut geht, könne er sich auf seine Kollegen verlassen, die ihm dann zur Seite stehen. "Meine Kollegen fragen mich immer, wie es mir geht und sind für mich da", freut sich Leon.

Dass die Größe des Supermarktes da eine große Rolle spielt, weiß seine Jobcoachin von Autismus Trier, die den Kontakt zu Gerhard Surges, dem Inhaber des Marktes, hergestellt hat: "Natürlich ist man in einem Supermarkt vielen Reizen ausgesetzt. Es macht einen Unterschied, ob man in einem kleinen oder großen Markt arbeitet." Hilfreich ist da auch Leons Arbeitsweg. Täglich radelt er bei jedem Wetter von Trier-Filsch nach Gartenfeld und zurück. Das bietet ihm die Möglichkeit, die Eindrücke des Tages zu verarbeiten und schafft einen sportlichen Ausgleich zur Arbeit zwischen den Regalen.



Der Mutmacher

Leon hat bei Nahkauf-Surges ein Umfeld gefunden, in dem er sich sichtlich wohlfühlt und den Mut hat, sich auch herausfordernden Situationen zu stellen und seine Stärken einzubringen. Insbesondere bei der Regalpflege ist er sehr ausdauernd und genau. Obwohl er die Möglichkeit hätte, in einer Werkstatt für behinderte Menschen zu arbeiten, kam das für ihn nie infrage.
Mit viel Ehrgeiz hat er im Rahmen des Budgets für Arbeit als einer der ersten Förderschüler des Landes eine reguläre Verkäuferausbildung absolviert.

Dieses Programm unterstützt Menschen mit Behinderung, einen Platz auf dem regulären Arbeitsmarkt zu finden. Um anderen Menschen mit Autismus Mut zu machen, einen ähnlichen Weg zu gehen, redet Basic gerne von seinen Erfahrungen. So hat er, gemeinsam mit seiner Jobcoachin, auf einer Fachtagung von seinem Ausbildungsweg berichtet. Nun überlegt Leon Basic, sich im Behindertenbeirat in Trier zu engagieren und sich für mehr Teilhabe einzusetzen.

 

Info

Auf der Webseite von Autismus Trier finden Sie ausführliche Informationen zu Autismus-Spektrum-Störungen und der Arbeit des Vereins.


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