SP

Lesung: "Die letzten Tage der Menschheit" in der Tufa

10.000 Granaten in der Stunde, 6.000 tote Soldaten täglich, 7.000 tote Militär- und Transportpferde, 50 Tonnen Stahlsplitter pro Hektar des Schlachtfeldes allein in der Schlacht um Verdun zwischen Februar und Dezember 1916. Der historische Schock war gigantisch. Der 1. Weltkrieg katapultierte die europäische Gesellschaft in die Moderne. Nichts ist seitdem mehr wie es war. Nachwirkungen sind über alle historischen Epochen hinweg bis heute zu spüren. Am 5. Januar findet eine Lesung aus dem Buch "Die letzten Tage der Menschheit" von Karl Kraus in der Tufa statt.
Foto: Symbolbild/Archiv

Foto: Symbolbild/Archiv

Die Pervertierung von Material und Menschen ("Der Mann hat seine fünfzig Schuss zu machen, nachher kann er hin sein!"), die Gier nach Berichten und Bildern ("Haben Sie schon einmal Venedig bombardiert?"), idiotische Ordnungsrichtlinien ("Trägt der Soldat etwas in der rechten Hand, so salutiert er mit der linken, hat er in beiden Händen etwas, so leistet er die Ehrenbezeigung durch eine stramme Kopfwendung!"), eingebettete Kriegsberichterstattung ("Schritt für Schritt bin ich jetzt die Front am Isonzo längs. Alles haben sie mir gezeigt! Also was ich da erlebt hab!"), die sarkastische Tourismusplanung zukünftiger Reisen zu den Schlachtfeldern ("… die Gräber der Gefallenen erscheinen wie geschaffen, die Hebung des Fremdenverkehrs erhoffen zu lassen."), Medizinalzynismus ("Was ein patriotischer Arzt ist, hat ein Frontlieferant zu sein! Der Oberarzt beklagt sich, dass Sie den medizinischen Standpunkt hervorkehren!") bis hin zum "Endsieg"-Gefasel – das alles macht "Die letzten Tage der Menschheit" zu einem aktuellen Monument. Es ist das Verdienst des bedeutenden österreichischen Schriftstellers Karl Kraus, nicht nur die Verrohung bei den Militärtruppen aufgewiesen zu haben, sondern vor allem auch die seelische und moralische Deformierung an der sogenannten "Heimat-Front".

Tickets

Katharina Bihler, Jörg W. Gronius, Armin Schmitt und Stefan Schön lesen Donnerstag, 5. Januar, aus dem Werk. Die Lesung beginnt um 20 Uhr im Kleinen Saal der Tufa. Die Karten kosten im Vorverkauf 12 Euro und 9 Euro ermäßigt. Erhältlich sind sie auch beim WochenSpiegel.


Meistgelesen