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Pilotprojekt: Ethikkodex an Bischof übergeben

Er ist ein Pilotprojekt und bisher einmalig im deutschsprachigen Raum: Der Ethikkodex der vier pastoralen Berufsgruppen im Bistum Trier. Der Kodex beinhaltet die berufsspezifischen Grundwerte und Haltungen für professionelle Seelsorger und bietet Orientierung – im Umgang mit Kollegen, mit Gläubigen und mit sich selbst. Drei Jahre lang erarbeitete eine Gruppe aus Diakonen, Priestern, Gemeinde- und Pastoralreferenten gemeinsam den Kodex; die Entwürfe stellte die Gruppe mehrfach zur Diskussion. Jetzt wurde das Heft veröffentlicht und bei einem Studientag an Bischof Dr. Stephan Ackermann übergeben.
Die Steuerungsgruppe der vier pastoralen Berufsgruppen überreichte den Ethikkodex an Bischof Ackermann. Foto: Bistum

Die Steuerungsgruppe der vier pastoralen Berufsgruppen überreichte den Ethikkodex an Bischof Ackermann. Foto: Bistum

"Wir sind froh und stolz, den fertigen Kodex jetzt in Händen zu halten und mit dem heutigen Studientag einen Schlusspunkt hinter die gemeinsame Arbeit der Steuerungsgruppe zu setzen", sagte Projektleiter Reiner Klein den rund 60 Teilnehmenden des Studientages. Das bedeute aber nicht, dass der Kodex abgeschlossen sei; vielmehr gelte es, ihn weiterzuentwickeln und neue Themen aufzugreifen, die sich aus der täglichen Arbeit der Seelsorgenden ergeben. Bischof Ackermann hatte 2014 mit einem Studientag zum Thema Ethikkodex den Anstoß zu dem Prozess gegeben. Der Bischof dankte der AG und der Steuerungsgruppe für ihre gute Arbeit. "Damals haben natürlich auch die schmerzlichen Erfahrungen des Missbrauchsskandals dazu geführt, dass wir uns stärker mit dem Umgang mit Macht und der Rolle der Seelsorgenden allgemein auseinandersetzen wollten. Überall da, wo eine Abhängigkeit zwischen Menschen besteht, sollte darüber reflektiert werden." Der Kodex habe seine Zeit gebraucht, da alle Berufsgruppen beteiligt gewesen seien und alles neben dem normalen Arbeitsalltag gelaufen sei. "Dieser Prozess war von uns gewünscht und unterstützt, aber letztlich ist es wichtig, dass es ein 'bottom-up'-Prozess war, also von unten kommend und nicht von uns als Leitung gegeben", so Ackermann.

Kodex als Selbstverpflichtung

Das betonten auch die Mitglieder der Steuerungsgruppe, wie Gemeindereferentin Marion Bexten. "Der Kodex ist kein Verhaltenskodex, der vom Arbeitgeber initiiert wird, sondern er ist eine Selbstverpflichtung. Er soll eine grundsätzliche Haltung aufzeigen, die an unserem christlichen Auftrag orientiert ist, letztlich am Evangelium und am Zweiten Vatikanischen Konzil, an den Grundsätzen der Synode im Bistum Trier." Auch Reiner Klein unterstrich den freiwilligen Charakter: "Der Kodex ist ein Qualitätsmerkmal, er beschreibt unser Berufsethos – er ist der gemeinsame Nenner, hinter den sich alle Seelsorger im Bistum stellen." Für ihn sei die Zusammenarbeit der Berufsgruppen am Kodex eine "sehr positive und wertvolle Erfahrung" gewesen. "Es war ein besonderes gegenseitiges Wohlwollen und Ringen für die gemeinsame Sache."

"Es war uns von Anfang an wichtig, einen großen Diskussionsprozess in Gang zu setzen und möglichst viele Kollegen für den Ethikkodex zu gewinnen", schilderte Krankenhausseelsorgerin Marita Cannive-Fresacher. Nach zwei Rückmeldephasen habe die Gruppe ein Zwischengespräch mit dem Bischof geführt. "Er gab uns klar das Signal, dass die Berufsgruppen selbst Form und Inhalte bestimmen sollten. Das hat uns ermutigt."

"Seelsorger nehmen sich gegenseitig in die Pflicht"

Am Anfang des Prozesses in Trier stand ein Studientag mit dem Moraltheologen Professor Michael Rosenberger von der katholischen Privatuniversität Linz. Gemeinsam mit einer Gruppe von Kollegen hatte er 2009 den Entwurf eines Ethikkodexes für Seelsorger formuliert, der dann im Bistum Linz von der Priesterschaft übernommen wurde. Rosenberger begleitete die Trierer bei der Ausarbeitung eines eigenen Entwurfs und war auch als Referent zu Gast beim Studientag. "Für mich ist es ein Qualitätsmerkmal des Trierer Kodex, dass ihn alle vier Berufsgruppen zusammen erarbeitet und beschlossen haben. Es war ein stark partizipativer Prozess – dadurch gewinnt der Kodex an Stärke und Autorität", so Rosenberger vor den Teilnehmenden des Studientages. "Die Seelsorger im Bistum Trier nehmen sich gegenseitig in die Pflicht. Das macht die moralische Bindung stärker." Denn wer gegen ihn verstoße, schädige damit das Ansehen der ganzen Berufsgruppe. Für Rosenberger ist eine wichtige Herausforderung für die Zukunft, den Kodex lebendig zu halten und ihn mit dem Prozess der Synodenumsetzung im Bistum zu verbinden.

"Einforderbarkeit" des Kodex

Auch Bischof Ackermann wünschte sich, dass der Kodex alle paar Jahre evaluiert werde. Er schlug außerdem vor, dass die Berufsgruppen den Kodex den Berufsanfängern in der pastoralen Ausbildung vorstellen könnten. Ackermann fragte auch nach der "Einforderbarkeit" des Kodex. "In der Fort-, Aus-, und Weiterbildung soll der Ethikkodex ein Querschnittsthema sein", fasste Klein ein Ergebnis des Studientages zusammen. Angedacht ist zudem eine Art Ethikausschuss, zusammengesetzt aus Vertretern der Berufsgruppen und (bei Bedarf) Experten, der den Kodex weiterentwickelt. "Gläubige und auch die Seelsorger sollten eine Stelle haben, bei der sie Verstöße gegen den Kodex besprechen können, sodass der Kodex auch eingefordert werden kann." Die Teilnehmenden des Studientages beschlossen dazu ein erneutes Treffen für alle an der Mitarbeit Interessierten im Oktober, wenn der Kodex im ganzen Bistum unter den Seelsorgern bekannt ist. RED


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