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Scheffen

Apotheken haben die "Nase voll"

Städteregion. Am heutigen Mittwoch wird man bei fast allen Apotheken auf verschlossene Türen treffen.
Auch Andreas Hündgen (2.v.r.) von der Ahorn-Apotheke in Simmerath wird mit seinem Team an der Streikmaßnahme teilnehmen und hat am 14. Juni geschlossen

Auch Andreas Hündgen (2.v.r.) von der Ahorn-Apotheke in Simmerath wird mit seinem Team an der Streikmaßnahme teilnehmen und hat am 14. Juni geschlossen

Bild: Britta Scheffen

Apothekerkammer und Apothekerverband Nordrhein haben alle Apotheken aufgerufen, am 14. Juni auf dem Burgplatz in Düsseldorf aktiv gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung zu demonstrieren. Die Apotheken protestieren gegen die "für sie und ihre Patienten unzumutbaren Zustände, unter denen die Arzneimittelversorgung aktuell stattfinden muss". Massive Lieferengpässe, überbordende Bürokratie und immer höhere Anforderungen der Krankenkassen machten die Patientenversorgung von Tag zu Tag schwieriger. Hinzu kommt ein immer weiter eskalierender Fachkräftemangel. "Insbesondere die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken hat sich dramatisch verschlechtert. So wurden die gesetzlich festgelegten, fixen Honorare für die Apotheken seit 10 Jahren nicht erhöht. Und das, bei kontinuierlich und sprunghaft steigenden Lohn-, Energie- und Zinskosten", erklärt Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein.

Die Folge ist ein sich immer weiter beschleunigendes Apothekensterben, speziell im ländlichen Bereich. So ist die Zahl der Apotheken in Deutschland zum Jahresende 2022 um 393 auf 18.068 Betriebsstätten gesunken. Das ist der größte jährliche Verlust an Apotheken in der Geschichte der Bundesrepublik. Ende März 2023 wurde mit 17.939 Apotheken der historisch niedrigste Stand seit mehr als 40 Jahren erreicht. Im europäischen Vergleich rutscht Deutschland hinsichtlich der Apothekendichte in den statistischen Tabellenkeller. Je weniger Apotheken den Patienten zur Verfügung stehen, desto weiter könnte in Zukunft der Weg zu einer diensthabenden Nacht- und Notdienstapotheke werden.

Auch die Apotheken aus Monschau, Simmerath und Roetgen beteiligen sich an der Streikmaßnahme. Für Andreas Hündgen von der Ahorn-Apotheke in Simmerath wird es höchste Zeit, dass etwas passiert: "Seit mehr als zwei Jahren haben wir mit massiven Lieferschwierigkeiten zu kämpfen, die für uns alle einen enormen Mehraufwand bedeuten, aber nicht honoriert werden." Für viele Rezepte müsse man zusätzlich in Aktion treten, zum Beispiel beim Arzt oder Hersteller nachfragen, da das verschriebene Medikament häufig nicht verfügbar sei. "Die Situation hat sich glücklicherweise in einigen Bereichen wieder etwas entspannt, wie beispielsweise bei den Kinder-Fiebersäften, aber immer noch sind viele Medikamente nicht lieferbar", erklärt der Apotheker. Auch der Fachkräftemangel trifft die Apotheken hart. Hündgen sagt dazu: "Ich weiß, dass wir mit dieser Problematik nicht alleine dastehen, aber wenn die Honorare nicht angepasst werden, wird es noch schwieriger motiviertes Personal zu finden. Schließlich soll eine Vergütung auch fair und wertschätzend sein."

In Abstimmung mit dem zuständigen Landesministerium hat die Städteregion kürzlich eine Allgemeinverfügung erlassen, die Erleichterungen von den geltenden Regulierungen ermöglichen soll. Den öffentlichen Apotheken im Gebiet der Städteregion Aachen ist es ab sofort gestattet, in der Bundesrepublik Deutschland nicht zugelassene antibiotikahaltige Säfte für Kinder aus Mitgliedsstaaten der EU oder des EU-Wirtschaftsraumes einzuführen, auch ohne dass dafür auf einen Einzelfall bezogene konkrete Rezepte vorliegen. Mit vorheriger Genehmigung des Gesundheitsamtes ist es auch möglich, entsprechende Medikamente aus Drittstaaten einzuführen. Bislang war es Apotheken nicht erlaubt, Arzneimittel, die nur im europäischen Ausland zugelassen und erhältlich sind, nach Deutschland einzuführen, um sich hier für eine Krankheitswelle zu bevorraten. "Diese Reaktion kommt einfach viel zu spät", steht für Andreas Hündgen fest. Es müsse schneller und unbürokratischer gehandelt werden, wenn solche Extremsituationen wie in den vergangenen zwei Jahren herrschten. Die Marien Apotheke in Imgenbroich übernimmt am heutigen Mittwoch, 14. Juni, den Notdienst in der Region.

 


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