

Wer Monika Rolef (85) gegenübersitzt, fühlt sich unweigerlich wie ein Zeitreisender. Zwischen Kirchbänken, Reliquien und Geschichtstafeln spricht sie nicht nur über Prüm - sie verkörpert es. Seit 2020 ist sie die erste Ehrenbürgerin der Stadt. "Ich glaube, dass die Ehrung eine Anerkennung für das ist, was ich über Jahrzehnte eingebracht habe", sagt sie mit einem Lächeln, in dem mehr Stolz als Eitelkeit liegt. "Ich habe mein ganzes Leben dieser Stadt gewidmet."
Monika Rolef war neun Jahre alt, als Prüm erneut in Trümmern lag. Am 15. Juli 1949 explodierte das ehemalige Munitionslager am Kalvarienberg, nordöstlich der Stadt. Zwölf Menschen starben, große Teile von Prüm wurden zerstört - der Krater ist bis heute sichtbar. Ihr Vater fuhr damals mit dem LKW in die Stadt, um im Krankenhaus nach alten und kranken Menschen zu sehen. Auch er starb an den Folgen der Explosion. "Das steckt in mir bis heute", sagt sie. "Der Krieg, die Armut, der Wiederaufbau. Wir haben überlebt, weil jeder dem anderen geholfen hat." Aus dieser Zeit stammen nicht nur tief prägende Erinnerungen - sondern auch ihr Verantwortungsgefühl.
Aus den Trümmern wuchs für Monika Rolef ein Leben im Dienst der Stadt und ihrer Geschichte. Diese Haltung - Verantwortung übernehmen, helfen, erinnern, bewahren - hat sie weitergegeben: an Schulklassen, an Besucher, an politische Verantwortungsträger. Mehr als 40 Jahre lang war sie kommunalpolitisch aktiv, saß im Stadtrat und engagierte sich in zahlreichen Gremien. Sie organisierte Ausstellungen, kämpfte für Gedenktafeln - etwa für Pfarrer Josef Kaspar Zilliken, der 1934 die Ideologie der Nationalsozialisten kritisierte, daraufhin als "katholischer Aktivist" galt, 1940 von der Gestapo verhaftet wurde und 1942 im KZ Dachau starb. Sie führte Persönlichkeiten wie Angela Merkel und Joachim Gauck durch Prüm - oft verkleidet als Bertrada von Mürlenbach, die legendäre Klostergründerin. 1994 gründete sie gemeinsam mit Hedwig Görres, Johanna Heller, Klara Dahmen und Heike Biermann die Initiative "Frauenschuh", benannt nach einer heimischen Orchideenart und inspiriert von einer Skulptur am Prümer Stadtbrunnen: eine Mutter, die schützend die Hand über ihr Kind legt. Anfangs belächelt, bewies die Initiative schnell Durchsetzungskraft. Mit Stadtführungen, Denkmalschutz, Stadtbildpflege, kulturellen und karitativen Aktionen wurde der "Frauenschuh" zum festen Bestandteil des städtischen Lebens - und ein Beispiel dafür, wie viel Frauen in Prüm bewegen.
Monika Rolef erzählt - weil Erinnern nur gelingt, wenn Wissen weitergegeben wird. "Die nächste Generation hat das alles nicht erlebt. Und Geschichte bleibt nur lebendig, wenn man sie weiterträgt." Aus diesem Grund hat sie nicht nur jahrzehntelang Schulklassen und Besucher durch Prüm geführt, sondern auch das Stadtarchiv mit aufgebaut. "Ich habe ein Archiv, das würde jeden Historiker blass machen", sagt sie mit einem Augenzwinkern.
Doch sie wird schnell wieder ernst: "Aber das alles bringt nichts, wenn es keiner weiterführt." Darum sitzt die 85-Jährige noch heute fast täglich mit einem kleinen Tisch vor der Basilika, spricht mit Passanten, beantwortet Fragen. "Viele kommen zu mir nur, um nach dem Weg zur Toilette zu fragen", sagt sie schmunzelnd. "Aber manche bleiben. Und dann erzähle ich." Was sie sich für die Zukunft wünscht? "Frieden. Und dass wir uns wieder mehr umeinander kümmern. So wie früher. Kein Haus war abgeschlossen, jeder kannte jeden."
Im Interview erzählt die 85-jährige Ehrenbürgerin der Stadt Prüm Monika Rolef von Kriegserinnerungen, Wiederaufbau, gelebter Verantwortung und davon, warum sie ihr Leben in den Dienst der Stadt gestellt hat. Das Interview lesen Sie hier.



